Pläne

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Smilla tastete gähnend nach ihrem Wecker und rieb sich Augen. Schlaftrunken quälte sie sich aus dem Bett und schlurfte in die Küche, schmiss die Kaffeemaschine an. Draußen war es bereits taghell. Im Halbschlaf putzte sie sich die Zähne und sprang dann unter die Dusche. Als sie sich anzog, klingelte ihr Handy. Seufzend nahm sie ab.
„Ja?"
„Smilla?", erklang es am anderen Ende.
Sie erstarrte. Ihr Herz begann sofort schneller zu schlagen und sie verfluchte sich dafür. Zwei Wochen war es her, dass sie ihm begegnet war. Zwei Wochen lang hatte er sich nicht gemeldet. Sie hatte ihn längst abgeschrieben, auch wenn sie sich ab und zu dabei ertappt hatte sich vorzustellen, dass er doch anrief. Sie schluckte und zwang sich so zu tun, als wüsste sie nicht mit wem sie sprach.
„Ja? Und mit wem habe ich das Vergnügen?"
Er schnaubte.
„Felix?"
„Aaah, ja, klar. Natürlich."
Er grunzte etwas Unverständliches. Sie musste lachen. Erst sagte er gar nichts. Dann lachte er auch.
„Hast du Zeit?"
Sie warf einen Blick auf ihre Uhr.
„Heute?"
„Ja. Am besten."
„Nein. Ich muss noch essen und nachher in den Club. Also keine Zeit."
„Du hast keinen Bock."
Sie grinste in sich hinein.
„Schlag halt was anderes vor als heute."
„Morgen."
„Geht auch nicht. Sonntag haben wir Ruhetag. Sonntag könnte ich."
„Sonntag?"
Sie presste ihr Handy an ihr Ohr, bis es ganz warm wurde.
„Na ja, du kannst nicht erwarten, dass ich springe, nur weil du es nach zwei Wochen mal schaffst anzurufen."
„Biste beleidigt? Ich dachte, du wärst die Unverbindlichkeit in Person."
Smilla schluckte. Das hatte sie gesagt. Und eigentlich war sie das auch. Wieso sie gerade tatsächlich ein wenig sauer auf ihn war, konnte sie sich nicht erklären.
„Ist doch egal. Wollen wir uns Sonntag treffen, oder nicht?"
„Gut, dann Sonntag." Sie verabredeten sich für den frühen Nachmittag. Er wollte einfach vorbeikommen. Das waren alle Pläne und Smilla war zufrieden damit. Falls er überhaupt auftauchte.

An diesem Abend ging ihr die Arbeit leicht von der Hand. Das Eden war gut gefüllt, was viel Stress bedeutete, aber sie arbeitete mit unerschüttlicher Ruhe an Cleos Seite und nahm eine Bestellung nach der nächsten auf, stellte ein Bier nach dem anderen auf den Tresen und lächelte jedem Gast freundlich zu, ignorierte alle Flirtversuche. Aber das tat sie meistens. Job war nun mal Job, das Vergnügen kam danach. Cleo warf ihr zwischendurch ein paar Seitenblicke zu, schien wohl überrascht von ihrer guten Laune, sagte aber nichts. Tobi war im Büro und kümmerte sich um die Finanzen. Darin war er immer noch der Meister, dieser Sparfuchs.
„Zwei Bier", sagte eine laute Stimme vor ihr. Sie blickte auf und musste urplötzlich grinsen, denn vor dem Tresen stand Felix und daneben jemand, den sie nicht kannte.
„Hi", sagte der Fremde knapp. Er war jünger als Felix, hatte braune Haare. Und doch gab es irgendwie eine Ähnlichkeit zwischen den beiden. Sie lächelte ihm zu und sah Felix an, der so tat, als wäre es das normalste der Welt, dass er hier war. Sie beugte sich ein wenig nach vorne, war sich durchaus bewusst, dass die beiden Herren dann besten Einblick in ihren Ausschnitt hatten.
„Konntest du es nicht erwarten mich wieder zu sehen?"
„Ne", erwiderte Felix souverän, „Wir wollten nur raus. Das ist Julian, mein Bruder."
„Aha."
Julian grinste in sich hinein. Smilla drehte sich um und holte zwei Bier, knallte sie auf den Tresen.
„Na dann, viel Spaß."
Julian griff nach seinem Bier und stieß sich von der Bar weg, verschwand im Gedränge. Felix blieb stehen und sah sie unverwandt an. Sie versuchte seinem Blick standzuhalten. Er hatte etwas Magnetisches und ihr Magen zog sich zusammen.
„Los jetzt, ich muss arbeiten."
Er lächelte schwach, führte die Bierflasche an seine Lippen und trank einen Schluck.
„Siehst gut aus", sagte er, ihr Herz rutschte in die Hose, dann wandte er sich um und machte sich auf die Suche nach seinem Bruder. Sie atmete tief durch und sah ihm hinterher. Was hätte sie jetzt dafür gegeben, wenn sie einfach mit ihm einen drauf machen könnte? Wenn sie sich mit ihm ins Getümmel stürzen und die Nacht zum Tage machen könnte? Sie schüttelte den Gedanken hartnäckig ab und wandte sich den nächsten Gästen zu. Sie hatte keine Zeit für Schwärmereien. Sie musste arbeiten. Und eigentlich war sie auch gar nicht der Typ für Schwärmereien.

Nachtleben [Felix Lobrecht FF]Where stories live. Discover now