Entscheiden

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Felix hob sie auf einen Bierkastenstapel. Es war unbequem, aber die Tatsache, dass er sich zwischen ihre Beine drückte und sie heftig küsste, lenkte sie von dem harten Plastik des Bierkastens, das in ihren Hintern drückte, ab. Sie hielt es nicht für die beste Idee, hinten im Getränkelager während ihrer Arbeitszeit eine Nummer zu schieben, aber nachdem sie heute den ganzen Tag darüber gegrübelt hatte, ob sie ihn überhaupt jemals wieder sehen würde, wollte sie es jetzt ausnutzen, dass er da war. Ihre Finger fanden hastig den Weg zu seiner Hose. Sie nestelte daran herum, küsste ihn gleichzeitig. Er hielt inne und sah an sich herunter.
„Du meinst das wirklich ernst, wa?"
„Klar", sie zog den Reißverschluss seiner Jeans herunter.
Er küsste sie und machte sich an ihrer Hose zu schaffen, zog sie von ihren Beinen. Aus der Gesäßtasche seiner Jeans holte er ein Kondom hervor, dann senkte sie den Kopf und rollte ihm das Gummi über. Er stöhnte leise, als sie ihn berührte und sie merkte an seiner angespannten Körperhaltung, wie ungeduldig er war. Sie spreizte die Beine und er drang in sie ein. Fest schlang sie ihre Arme um ihn. Es war nicht so wie sie sich ihr Wiedersehen vorgestellt hatte. Es war sogar um einiges beschissener. Sie wollte ihn wieder in ihrem Bett liegen haben. Nackt und warm. Sie wollte, dass die Wintersonne durchs Fenster seinen Rücken anstrahlte. Das hier war nur Sex. Und trotzdem machte es sie an. Trotzdem roch und schmeckte sie ihn. Trotzdem hörte sie sein Keuchen und spürte sein pochendes Fleisch tief in ihr.
Das Vergnügen währte nicht lange. Denn hinter Felix' Rücken ging die Tür auf und Kalle kam in den Raum. Der bullige Türsteher blieb irritiert stehen, als er das Paar, in der eindeutigen Pose, entdeckte.
„Nicht schon wieder", brummte er, packte einen der Kästen und schleppte ihn nach draußen. Smilla konnte nicht anders. Sie prustete los. Felix stoppte seine Bewegungen, warf einen Blick über seine Schulter und sah nur noch Kalles Rücken, der durch die Tür verschwand. Smilla griff nach seiner Wange, wollte seinen Kopf wieder so drehen, dass er sie ansah. Aber er sträubte sich, gab erst spät nach. Sie spürte ihn in sich, aber er regte sich nicht mehr. Atemlos sah er sie an.
„Schon wieder?"
„Ist doch egal."
Er sprach nicht weiter. Seine Brust hob und senkte sich hektisch. Smilla zog ihn an sich, versuchte ihn zu animieren da weiterzumachen, wo sie vor Kalles Besuch aufgehört hatten, aber er befreite sich aus ihrem Griff und schloss seine Hose. Irritiert versuchte sie seinen Blick aufzufangen, aber er war schon ein Schritt von ihr entfernt. Genervt sprang sie von den Kästen herunter und las ihren Slip und ihre Hose auf, schlüpfte hinein.
„Was ist? Kannst du auch nicht pinkeln, wenn auf'm Klo einer neben dir steht, oder was?"
Felix drehte sich zu ihr herum, während sie auf einem Bein hüpfend versuchte wieder in ihre Hose zu kommen.
„Sag mal, spinnst du?", erwiderte er ruppig, „Lässt du dich hier jede Woche ficken?"
Sie vergaß für einen Moment zu hüpfen und wäre fast hingefallen, aber dann fand ihr Bein den Weg in die Hose. Sie schlüpfte mit der anderen Seite hinein und zog die Hose hoch, richtete sich erleichtert wieder auf, während sie sich eine Antwort überlegte. Kalle hatte sie schon einmal hier mit einem Kerl erwischt. Das stimmte. Aber das war schon zwei Jahre her. Und außerdem ging es Felix rein gar nichts an. Sie konnte doch tun und lassen, was sie wollte. Besonders, wenn er einfach so vier Wochen weg war. Er starrte sie an, als würde er wirklich eine Antwort erwarten.
„Jetzt stell dich nicht so an", sagte sie, „Kalle übertreibt."
Felix stand da und sah verständnislos in ihre Richtung.
„Ey,", seine Stimme klang rau, „Was willst du von mir?"
Sie schluckte hart und jetzt hielt sie seinen Augen doch nicht mehr stand, sah an ihm vorbei um sich kurz zu sammeln.
„Was weiß ich... es ist doch okay so wie es läuft, oder nicht? Ich meine, wir sehen uns ab und zu, wir haben unseren Spaß. Wir mögen uns. Ist doch alles super."
„Du willst das also einfach so weiterlaufen lassen, ja?"
Sie zuckte mit den Schultern. Er sah sie resigniert an. Oder war er genervt?
„Lass dit ma jetzt. Dein ganzes Cool-sein."
Smilla hob die Augenbrauen.
„Mein Cool-sein?"
„Ja. Dit kauf ick dir nicht ab."
Jetzt war sie völlig perplex. Was erwartete er? Sie hatten doch eigentlich alles geklärt? Dass er jetzt wegen eines beiläufigen Spruchs von Kalle plötzlich anfing zu hinterfragen, verstand sie nicht. Und vor allem wollte sie sich jetzt nicht damit auseinander setzen.
„Können wir das nicht später bereden?"
„Ne", kam es wie aus aus der Pistole geschossen zurück. Smilla sah genervt zur Seite.
„Es ist doch so, man fängt was mit ner Frau an", sagte er weiter, weil sie nicht antwortete, „Wenn's gut läuft, dann fängt man vielleicht ne Beziehung an, oder wenn man sich nicht festlegen will, oder gerade erst aus ner Beziehung kommt, ne Affäre oder sowas, aber irgendwann ist die Affäre vorbei... irgendwann kommt man an den Punkt, an dem man sich entscheiden muss."
„Aha. Und wer sagt das?"
„Na ich."
Sie ließ die Arme an ihrem Körper herunterhängen. Irgendwie fühlte sie sich erschöpft. Auf so ein Gespräch war sie nicht vorbereitet gewesen, vor allem nicht nach ihrem ersten Aufeinandertreffen nach vier Wochen. Felix sah sie erwartungsvoll an. Er schien es wirklich ernst zu meinen.
„Okay. Du willst nicht einer von vielen sein", stellte sie langatmig fest, „Ich kann dich beruhigen. Bist du nicht."
Er sah nur wenig überzeugt aus und sie wollte noch etwas hinterher sagen, um die Gemüter wieder etwas zu beruhigen, aber Cleo platzte in den Raum.
„Ey! Tobi sagt, du sollst sofort deinen Hintern hinter die Bar bewegen, da ist nämlich die Hölle los!", sie stockte und sah in Felix' Richtung, „Hi."

Nachtleben [Felix Lobrecht FF]Where stories live. Discover now