Briefe für Benny's Mum

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Erst nach dem Essen hatte ich die Gelegenheit das Gespräch mit Benjamin zu suchen, um ihm zu erklären, was ich von Lyanna erfahren hatte.

Es hatte eine gefühlte Ewigkeit gedauert, bis ich endlich vom Tisch aufstehen konnte, weil meine Großeltern alles über meinen Tag erfahren wollten.

Als ich dann endlich aufstehen konnte, fand ich Benjamin nirgendwo.

Normalerweise schwebte er meistens in meinem Zimmer herum, oder er war auf dem Dachboden und versteckte sich in den Kisten, die wir dort verstaut hatten.

Heute war er allerdings nicht da.

»Benjamin? Benjamin bist du da?«, wisperte ich leise und öffnete wahllos einige Kisten.

»Benjamin, es ist wichtig«, sagte ich und sah mich weiterhin um.

Erst als ich mir sicher war, dass er wirklich nicht hier war, ging ich zurück in mein Zimmer.

»Benjamin?«, flüsterte ich leise in den Raum hinein und hoffte, dass er einfach auftauchen würde.

War es zu spät? War seine Zeit abgelaufen und ich konnte ihn gar nicht mehr sehen? Schwebte er vielleicht jetzt gerade neben mir und redete auf mich ein? Machte mir Vorwürfe?

Das Gefühl von Versagen machte sich in mir breit und frustriert ließ ich mich auf mein Bett fallen und vergrub mein Gesicht im Kissen.

Wenn ich schon bei meinem ersten Geist komplett versagte, wie sollte ich dann andere, noch viel komplexere Aufträge erledigen?

Ich war eine absolute Versager-Hexe. Ich hatte nicht nur nicht meine Kräfte unter Kontrolle, so wie jede andere Hexe in meinem Altern, nein. Ich konnte nicht einmal einem Geist helfen.

Wahrscheinlich würde ich mich irgendwann mit meiner Magie selbst in die Luft jagen und einen grauenhaften Tod sterben, weil ich so unfähig und dumm war.

Ich schluchzte und hätte am liebsten laut nach Mum gerufen.

Nur wären dann auch Oma und Opa alarmiert gewesen und die durften nichts hiervon wissen.

»Wieso weinst du denn jetzt? Lief das Treffen mit dieser Hexe nicht gut?«

Ich setzte mich ruckartig auf und sah Benjamin erleichtert an, der vor meinem Fenster stand und mich verständnislos ansah.

»Du bist noch da! Oh mein Gott, ich dachte es sei zu spät und... hör zu, wir liegen beide ganz falsch«, plapperte ich drauf los und erntete nur weiter verständnislose Blicke.

»Wenn du wirklich noch hier wärst, weil du nur auf deine Mum wartest, dann würde ich dich nicht sehen können. Das bedeutet, dass es irgendetwas geben muss, dass du unbedingt noch tun musst, oder willst«, erklärte ich eindringlich.

»Und weil ich dich schon sehen kann, obwohl ich das definitiv noch nicht können sollte, bleibt dir nicht mehr viel Zeit«, fügte ich hinzu.

Ich beobachtete, wie der Geist nachdenklich hin und her flog und sich dabei nachdenklich übers Kinn strich.

»Was heißt das, dass ich nicht mehr viel Zeit habe? Ich bin tot, also was gibt es Schlimmeres?«, fragte er und ich hörte deutlich die Skepsis in seiner Stimme.

»Jede Seele, die noch etwas auf der Erde zu erledigen hat, hat nur eine gewisse Zeit dazu. Wenn wir nicht bald herausfinden, was du zu erledigen hast, dann wirst du nie die Möglichkeit haben ins Jenseits einzukehren«, sagte ich ruhig und Benjamin sah mich verwirrt an.

»Das bedeutet, du wirst für immer in der Welt der Lebenden bleiben und es wird nie wieder jemanden geben, der dich sehen oder hören kann. Du wirst eine verlorene Seele«, fügte ich hinzu und um ich klar zu machen, wie dringend es war, fügte ich hinzu:

Olivia - Was Magie bewirktWhere stories live. Discover now