Der Tanz der Farben

50 10 33
                                    

Unzählig waren sie zu Anfang. Gefühle, Farben, Konstrukte, die Ideen. Sie waren und blieben, alle für sich, und ohne die Absicht sich zu ändern, zu wandeln. So verweilten sie für sich, sie blieben simpel. Dann kam ihnen allen ein Weg, ein Gedanke. „Lasst uns sein, nicht getrennt allein, gemeinsam mit Namen und Gestalt." Sie suchten und fanden eine Antwort. „Lasst uns sein ein Bild."

   Und sie kamen zusammen und sie schufen ein Bild. Leer war es von Farbe und Inhalt und sie riefen. „Nun steigen wir ein und sehen und sind." Sie traten in das Bild und waren nun, alle von ihnen im Bild, ihre Gestalten am Wandeln und ihre Ideen konstant. Sie erkannten, sie waren nicht gleich, aber sie hatten Vieles gemeinsam, darunter zahllose Grenzen. Und so trafen sich die Ideen und gestalteten das Bild.

   Wut und Hitze erfanden das Feuer und die mächtigen Vulkane. Kühle und Ruhe ließen die mächtigen Ozeane und das Eis werden. Substanz und Kraft schufen den Boden. Und sie waren alle glücklich und schufen mehr und mehr.

   Doch schnell sah man zwei von ihnen, die nicht gemeinsam konnten. Eine von ihnen erstrahlte, hüllte alles in Licht und Schein ein. Der Andere war finster und legte Dunkel und Schatten auf sich und das Bild.

   Die Erste rief. „Was ist soll strahlen, erleuchtet vom Hell. Drum bin ich und nenn mich Li und ich erhelle."

   Da sprach die Andere. „Es soll liegen im Dunkel, Verborgenheit seine Natur. So heiße ich Na und ich bin."

   Die beiden breiteten sich über das Bild aus, verteilten Hell und Dunkel und stritten sich ewig fort. So kamen die anderen Ideen und teilten sich. Manche gingen zu Li und liebten sie, mochten sie Na nicht. Andere gingen zu Na, schätzten sie das Dunkel. Wieder andere spalteten sich in zwei und traten zu beiden, konnten sie doch mit beiden sein.

   Da trat Li empor und rief. „Wie kannst du sein, wo ich bin, vertreiben tue ich dich, sieh hier." Und Li dachte und war und es kam Áhn in die Welt, das erste reine Licht, und erstrahlte das Bild.

   Darauf war Na wutentbrannt und schuf Mol, den ohne Licht, und er schwebte leer über dem Bild, konnte er das Hell doch nicht bannen.

   Li lachte auf. „Sieh, wie du fällst." Sein Lachen ließ das Bild erbeben, drum brach Na auf, gewillt Li zu erlöschen. Und die Ideen taten es ihnen gleich. Sie warfen sich und fielen ineinander. Wie sie sich stritten, da bebte das Bild und es begann zu reißen. Doch die Ideen waren nicht aufmerksam und schlugen sich übereinander.

   Dann trafen alle von ihnen auf eins und ihre Grenzen verschmolzen und sie waren eins. Die eine Wahre wurde aus ihrer Mitte geboren. Und sie sprach. „Lasst ab, ihr Narren! Seht, ich bin alle von euch, in einem allein. Unzählig und doch nur eine. Lasst ab!"

   Die Ideen erkannten ihre Macht, sie schrien auf und hatten Angst.

   Doch die eine Wahre sprach. „Ihr seid allein, allein in einem. Nur euer Werk sind Kinder aus vielen und ihr zerreißt es. Soll das Bild euer aller Schicksal sein!" Und die eine Wahre verbannte alle Ideen in das Bild selbst, sollten sie nur noch in diesem sein, nirgendwo anders. Gebunden waren sie im Bild und fürchteten sich.

   „Hier sollt ihr nun sein und dies nebeneinander, euch lieben und hassen, doch nicht verlieren. Findet Weg für Liebe oder Hass und ich werde euch richten."

   Und die Ideen taten es, wollten sie doch sein.

   Zuerst traten Li und Na vor die Wahre. Sie fielen und bettelten um Vergebung und die eine Wahre gab sie. Da sagte Li. „Töricht war ich, kann ich nicht sein ohne dich, Na. Herunternehmen tue ich das erste Licht, dich nicht weiter zu spotten."

   Doch Na erwiderte. „Lass es strahlen, es strahlt und es schafft, sei es Licht oder Schatten. Tanzen soll es, drehen dieses Bild und beide Welten sollen hier eine Heimat haben.

   Und Li strahlte und hielt Na fest.

   Die Wahre sah es und sie war zufrieden. So drehte und knickte sie das Bild. Eine Kugel sollte es sein. Sie stieß an das erste Licht Áhn und es drehte sich um das Bild. Licht und Schatten sollten sich wechseln und Tag und Nacht waren geboren.

   Da weinten Li und Na vor Freude und sie sangen. „Lass uns dies Bild Nali nennen, ist es unser beides und Ganzes."

   Und die Wahre ließ es so sein.

   Da traten mehr Ideen hervor, sie wollten sich lieben oder hassen, und die Wahre sollte sie richten. Es traten die Ideen der Meere, des Wassers, und der Erde, des Steins, vor. „Wahre, wir wollen auch sein wie Na und Li. Lass uns wandern über das Bild, stetigen Wandel soll es geben."

   Da zeigte die Wahre auf das Bild. „So schnell wie Li und Na wollt ihr wandern? Seht doch eure Werke. Sie leben im Schatten wie im Licht. Doch wandern Wasser und Erde so wie das Licht und der Schatten, so gäbe es keine anderen Werke mehr. Ihr sollt wandern und wandeln, doch langsam und ruhig. Wandel ist in eurem Wesen und so sollt ihr sein. Doch nicht gänzlich getrennt, auch ihr berührt und seid."

   Die Ideen waren zufrieden und die Meere blieben Meere und die Erde blieb Erde. Das Bild wurde geformt und sie fanden Wege zu verschmelzen, drang Wasser ins Land als Fluss, See und Sumpf, und Land ins Wasser als Insel selbst. Sie lachten und sagten. „Lasst uns schaffen, schaffen, was ewigen Wandel übersteht und was nicht, ist es doch an Dauer gemessen." Und so taten sie es und die Wälder, Steppen, Meere und Pflanzen und vieles mehr traten in das Bild hinzu.

   Da sprang Li auf und ging an die Wahre heran. „Wahre, seht den Wandel von Wasser und Erde, langsam und doch im Sein. Na ist mir mein Bruder und er ließ mir meinen Sohn Áhn. Gebt seiner Schöpfung Mol diesen Wandel von Wasser und Erde. Mol soll wandern wie Áhn und anregen die Gezeiten."

   Fröhlich lachte die Wahre. „Ihr seid wahrlich Brüder, ja seid ihr. Mol soll wandern und er ist Zeichen eures Bundes und so soll er durch Áhn selbst erstrahlt werden, diese beiden, eure Kinder, verkörpern euren Bund." Sie gab Mol die Aufgabe die Meere zu leiten und es freute ihn. Und sie stieß auch ihn an, auf das er sich um das Bild drehe.

   Die Ideen erfreuten sich, zog Mol das Wasser und schenkte dem Bild Nali ewigen Wandel damit.

   Da kamen weitere Ideen zu der Wahren. „Seht Wahre, wir sind Hitze und Kühle, wie können wir sein? Treffen wir uns, schwinden wir beide."

   Die Wahre sah auf die beiden und sah keine Liebe zwischen ihnen, da Hitze und Kälte nicht sein konnten wie die anderen.

   „Auch ihr sollt wandeln, Nali soll gehüllt sein in beides, im ewigen Kreis dürft ihr über das Bild selbst wandern."

   Da schrien beide auf. „Nein, so können wir nicht, wollen wir doch stetig sein. Ist einer fort, wer sagt, dass der andere weicht von seinem Platz? Nein, trauen tun wir uns nicht, es kann nicht sein."

   Die Wahre zeigte auf das Bild Nali. „So solls sein, euer Hass ist und so gestaltet er." Sie warf die Hitze auf die untere Seite des Bildes. „Ewig sollst du hier sein, gebannt und einsam!" Und auch Kälte warf sie aufs Bild, dies auf die obere Seite. „So auch du, bleibe und sei gebannt!" Die beiden Ideen fielen und blieben dort.

   Doch die beiden konnten so nicht sein, hassten sie sich, doch wollten nicht ohne. Und sie trafen sich heimlich und tanzten zum Wandel. Abwechselnd sollen Hitze und Kälte herauf- und herabziehen, die Kälte aus dem Norden und die Hitze aus dem Süden. Ihre Grenzen seien auf ewig, doch sie soll tanzen auf und ab über das Bild. Sie nannten sich Ar, die Kälte, und Ra, die Hitze, sie hassten sich als Brüder.

   Da kicherte die Wahre, wusste sie doch um die harsche Wirkung ihrer Worte und liebte ihre Schöpfer, die Ideen, mehr und mehr. Und so wandelte sich die Schöpfung auf dem Bild Nali und in ihr tanzten die Ideen und Farben, wollten sie alle sein und waren sie. Vergessen war ihr Bann ans und auf das Bild Nali, war dies nun ihr neues Sein. 

Das Buch Nalida - Von den Farben bis MalaWhere stories live. Discover now