Die Farben, die malen. Von Leben und Tod

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So verblieben die Ideen und sie erschufen. Ihr Wandel hatte kein Ende. Tiefe Meere, hohe Berge, scharfe Klippen, kalt und heiß, nass und fest, hell und dunkel. Ihre Werke tanzten über das Bild und prägten jeden Winkel. So fanden sie ihren Rhythmus und ihren Platz.

   Kälte ließ im Norden Eis und Schnee walten und gestalten, Hitze tat es mit dem Feuer und Wärme gleich im Süden. Erde und Wasser fanden sich genauso. Von Nord nach Süden, vom Reich der Kühle bis zum Reich der Hitze, zog die Erde lange, dicke Streifen und dort wurde geschaffen. Wasser tat es gleich und so streckten sich von Norden nach Süden Meere und Wellen.

   Es waren geboren die Kontinente und Weltmeere des Bildes Nali.

   Und langsam zogen diese um Nali und wandelten, gleich und in Harmonie. Die Wahre schaute auf das Bild und freute sich.

   Da traten die Ideen an sie heran. „Oh Wahre, Einst warfen wir uns ineinander und erschufen dich und mächtig bist du, die Mächtigste. Wahre, nun wollen wir erschaffen wie du, etwas wie dich, doch aus Liebe und Vernunft. Ideen, die kleiner und wilder sind."

   Die Wahre sah auf Nali. „Tut dies, doch schafft Ideen ohne Einsicht solche zu sein. Zu mächtig sind eure Kinder und nicht zerreißen sollen sie das Bild. Dies sagt euer mächtigstes Kind."

   Die Ideen freuten sich und versprachen es. Sie begannen. Sie erschufen die mächtigen Schlangen der Meere und die Biester der Länder und die Vögel und Schwingen der Lüfte. Und in jedem steckte ein Teil aller Ideen und die Tiere waren und lebten. Wild war ihr Wesen und doch ruhig ihr Leben auf Nali.

   Die Ideen lachten auf. „Seht, sie leben im Bilde und sind. Unser Werk und unser Sein. Mächtig ist es zu sein!".

   Die Wahre sah diese Kreaturen und sah sie ohne Verstand und war froh, waren sie doch mächtig und wanderten durch das Bild.

   Die Ideen schrien. „Lasst sie sich selbst erschaffen, sie sollen sein wie wir, nur kleiner." Und die Tiere paarten sich und vermehrten sich und wandelten über das Bild. Und die Ideen waren froh.

   Doch die Wahre, einzige außerhalb des Bildes, sah dieses Bild sich biegen und balgen. Zu viele von den neuen Kreaturen liefen über Nali und mehr wurden es mit jedem Kreis von Áhn. Da sprach die Wahre. „Nehmt eure Schöpfung und lasst sie sich nicht mehr mehren, bestimmt sollen sie sein, zu viele sind es."

   Doch die Ideen wollten nicht und sie riefen. „Nein, sie sind und sollen bleiben. Unsere Kinder sind sie, wie du es bist. Und was ist, soll ewig sein."

   Die Wahre sah diesen Trotz und war gekränkt, doch keine Wut wanderte über ihr Sein. Sie erkannte, die Ideen wollten ihre Kinder nicht bannen, auch konnten sie es nicht, waren diese neuen Wesen doch zu mächtig. Die ersten Biester liefen und trampelten über das Bild.

   Da trat die Wahre selbst ins Bild und suchte eine einzige Idee auf und sprach. „Du bist die Zeit, zu zeigst den Wandel sichtbar für andere, doch du wandelst dich nie."

   Die Idee verneigte sich und nahm die Gestalt einer Schlange an. „Dies bin ich, doch kein Interesse habe ich, mich zu beteiligen. Alles, was ist, bleibt. Alles, was kommt, bleibt. Wandel von einem ins andere, andere ins eine, ich habe nicht zu walten, ich zeige es nur."

   Die Wahre ergriff die Zeit und legte die Schlange um sich herum. „Nein, die mächtigste unter deiner Art sollst du sein, alles sollst du überdauern, da du die Dauer selbst nun bist. Du heißt Envil Livne und sollst sie alle überstehen und binden an das Bild Nali, selbst dieses soll dir weichen."

   Die Zeit schlang sich um die Wahre und war froh, hatte sie vorher nur Nutzen für andere, nicht für sich.

   Die Wahre sprach. „Alles auf Nali selbst soll gebunden sein an dich und nicht dauern, nicht auf ewig. Binde sie und reiße sie aus dem Sein!"

   Und alle auf Nali wusste dies. Ihr Wandel tanzte weiter, doch ohne Frieden eines ewigen Seins, wussten sie, sie waren nun von Dauer. Sie fielen nieder vor der Wahren und flehten und gestanden, verloren hatten sie die Kontrolle über ihre Kinder, die ersten Biester.

   Die Wahre schaute auf Nali und auf die Zeit. „Trenne sie aus dem Sein, doch lass sie sich mehren. Diese ersten Wesen, sie sind meine Brüder und Schwestern, verschwinden sollen sie nicht wegen mir.

   Die Zeit schaute auf die Tiere und ergriff deren Sein und riss dieses in zwei Teile. So kam die Idee des Lebens, Bre, und die Idee des Todes, Fer, auf Nali und nur die Wahre und die Zeit blieben verschont.

   Leben und Tod schauten auf die Tiere auf Nali und sahen ihr Sein und zerrissen es.

   Und die Tiere fingen an zu sterben, ihre Hüllen fielen auf Nali, verschwanden und verwuchsen mit dem Boden. Neues Gleichgewicht, neuer Wandel wurde geschaffen.

   Die Ideen wollten schreien, sich wehren, doch sahen sie, es war zu tun. Es war Wandel. Begannen die Tiere nun sich zu reißen und zu mehren, ein Kreislauf, wie gewollt auf Nali.

   Die Wahre sprach. „Ihr seid nicht ohne Grenzen und so ist das Bild! Sein ohne Ende ist kein Wandel, ist ohne Grenzen, kann nicht sein, darf nicht sein. So ist es nicht mehr. Dies ist Envil Livne, die Zeit. Und neben mir ist sie euer Herr. Verspottet sie nicht mit Werken ohne Ende, sie kennt die euren! Ihre Kinder sind Leben und Tod, alles, was ist, soll an sie gebunden sein."

   Die Tiere begannen zu sterben, alle nach eigenem Rhythmus und Dauer. Und die Ideen fürchteten sich, doch die Wahre sprach weiter. „Lernen sollt ihr aus eurem Fehler und nun nicht mehr schöpfen, zu leichtfertig erschafft ihr Wesen und Kreaturen von großer Macht. Ihr sollt sehen und ihr sollt sein, doch schaffen, dass tut ihr nicht mehr."

  Die Ideen schrien, waren sie doch gefangen im Bild, was blieb ihnen als schaffen. Und sie brüllten, doch die Wahre blieb bei sich und treu. So sahen die Ideen ein, die Schöpfung war beendet, nur Sein blieb, Wandel mit dem, was war, nicht was kommen sollte.

   Nicht so die wildesten Ideen unter ihnen. Sie sahen das Sein gebunden an die Zeit als das Falsche und sie schrien. „Sein soll ewig dauern, ist es doch sonst kein Sein. Dieses falsche Sein darf nicht herrschen. Gib uns wenigstens Schöpfung mit Dauer, nur dieses Bild hast du!"

   Diese Ideen kamen zusammen und schufen die Ewigen Leiber, Kreaturen von Macht unbegrenzter Art und von Körpern mächtig. Leviatane zogen durch die Meere, fraßen alles auf ihrem Pfad und ließen das Wasser verdampfen. Massen aus Muskeln stampften durch die Länder, ihr Trampeln begrub so vieles unter ihren Füßen. Und die Schwingen und Drachen zogen durch den Himmel, Tod ohne Leben folgte ihnen.

   Die Ideen brüllten. „Nun? Schenkst du allen Leben Ewigkeit oder soll es ein Ende finden? Kein Gleichgewicht, eines von beiden sollst du wählen."

   Die Wahre erhob sich und rief. „Geschafft habt ihr viel, doch auch etwas ohne Absicht. Konflikt nicht aus Liebe oder Hass, sondern aus sich allein heraus. Diese Idee, sie soll euer Ende sein und beginnen soll der Rhythmus des Streitens. Ich nenne die Idee des Konflikts, des Krieges, Oheian. Und seine Schwester, die Zeit des Friedens, Launeili. Und auch ihr Wandel soll nun beginnen."

   So wurden Krieg und Frieden geboren und der erste Konflikt der Schöpfung begann. Es war deren Sohn, der Aumaje, erster Krieg der Schöpfung auf Nali.

Das Buch Nalida - Von den Farben bis MalaWhere stories live. Discover now