17. Türchen

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LOUIS

17. Dezember

Es war komisch, eine Nacht alleine in Harrys Wohnung zu verbringen. Ich vermisste ihn und hoffte, dass er wirklich heute noch entlassen werden würde.

Nach einem kleinen Frühstück fuhr ich zum Krankenhaus, parkte im Parkhaus und ging dann auf die Station zu Harry.

„Hey.", sagte er müde und gähnte. „Hey.", antwortete ich und strich ihm vorsichtig die wirren Haare aus der Stirn. „Wie geht es dir?" „Mir dröhnt der Schädel und ich hab schlecht geschlafen." „Vielleicht tröstet es dich, dass ich auch nicht gut geschlafen habe. Ich hab dein Schnarchen neben mir vermisst.", sagte ich grinsend und Harry lachte.

„Wenn hier war schnarcht, dann bist du es.", entgegnete er und ich verdrehte die Augen. „Oi! Das lasse ich mir nicht nachsagen." „Dann werde ich dich bei nächster Gelegenheit aufnehmen." „Das beweist gar nichts." „Dann filme ich dich eben." Meine Antwort wurde von einem Arzt abgewürgt, der herein kam und uns mitteilte, dass Harrys Entlassungspapiere fertig waren und er gehen durfte.

Es war mittlerweile Mittag geworden, und deshalb lud ich Harry zum Mittagessen ein. Wir fuhren zu einem Chinarestaurant in der Nähe meiner alten Wohnung, und Harry, der seit gestern Mittag nichts mehr gegessen hatte, plünderte das All-You-Can-Eat-Buffet.

„Gottseidank hast du noch alle Zähne.", grinste ich, und er verdrehte genüsslich die Augen und schluckte einen Bissen hinunter. „Ja, darüber bin ich auch echt froh. Ich hab bisher noch keinen Zahn beim Hockey eingebüßt und so soll es auch bleiben." Ich nickte nur und stopfte mir ein Stück gebackenes Huhn in den Mund.

„Ich hab Kopfschmerzen, macht es dir was aus, wenn wir nachhause fahren und ich mich hinlege?", fragte er mich nach dem Essen und ich antwortete: „Kein Problem, immerhin musst du dich schonen." „Ich will spätestens zum letzten Heimspiel wieder fit sein." „Aber das ist schon in sechs Tagen! Das kannst du deinem Kopf und deiner Nase nicht antun!" „Ich trage einen Helm!" „Aber der ist schnell weg, wie man gesehen hat!" „Trotzdem! Ich werde nicht für zwei Spiele ausfallen!" Ich schnaubte wütend, weil ich nicht verstand, wie man so fahrlässig mit seiner Gesundheit umgehen konnte.

Ohne ein weiteres Wort bezahlte ich die Rechnung und wir machten uns auf den Heimweg.

Im Auto herrschte dicke Luft, denn ich war ein wenig sauer auf Harry, weil er meiner Meinung nach einfach stur war.

„Hör mal, wenn Tony es nicht absegnet, dann gehe ich nicht aufs Eis.", sagte Harry, als wir zuhause ankamen. „Und er sollte es nicht absegnen, immerhin hast du eine Gehirnerschütterung." „Süß, dass du dir solche Sorgen um mich machst.", neckte er mich und erneut schnaubte ich, grinste dabei aber.

HARRY

Ich verbrachte den restlichen Tag auf der Wohnzimmercouch, döste immer wieder vor mich hin, und Louis war mein persönlicher Krankenpfleger.

Er fuhr zum Supermarkt, kaufte mir Snacks und kümmerte sich um das Abendessen - und danach blies er mir sogar einen, weil er wollte, dass ich mich entspannte ...

Dann lungerten wir beide auf der Couch herum und sahen uns auf Netflix 'Friends' an.

Mein Telefon hörte gar nicht auf zu vibrieren, weil ich regelmäßig Textnachrichten von meinen Teamkameraden bekam. Niall schrieb mir, dass er morgen mal bei mir vorbei schauen wollte.

Dann schlief ich ein und träumte von dem, was der Typ, mit dem ich mich geprügelt hatte, zu mir gesagt hatte.

*Fickst du deinen Vater mit deinem schwulen Schwanz?*

Ich schreckte aus dem Schlaf und Louis blickte mich besorgt an. "Hast du schlecht geträumt?". "Ja", sagte ich und setzte mich auf. "Was denn?". "Der Typ von der gegnerischen Mannschaft ... Wird das ab jetzt immer so sein, dass ich beleidigt werde?". "Vollidioten wie ihn wird es immer geben. Da muss man drüber stehen", sagte er, und wortlos atmete ich einmal tief durch.

"Was hat er zu dir gesagt, dieser Psycho?". "Er hat mich gefragt, ob ich mit meinem schwulen Schwanz auch meinen Vater ficke", murmelte ich, und kurz starrte Louis mich schockiert an.

"Wow ... Das ist ein ganz neues Level von Niederträchtig. Ich verstehe, dass du da ausgeflippt bist". "Ja, und dabei bin ich sonst gar nicht so. Hier und da mal ein ordentlicher Bodycheck, ja. Aber das ... Mir ist einfach eine Sicherung durchgebrannt".

"Verständlich. Solche Typen wie der beleidigen allerdings jeden. Das darf man nicht persönlich nehmen, auch wenn es schwer ist". "Ich weiß", seufzte ich, und Louis strich mir mit seiner Hand sanft durch die Haare. "Hey ... Das wird schon. Du hast dich einfach nur geoutet. Es gibt Schlimmeres".

"Das stimmt. Ich bereue mein Outing nicht. Ich hätte nur nicht gedacht, dass ich so unterirdisch beleidigt werden würde". "Vergiss diesen Typen. Der ist einfach Out Of Order". "Okay".

Ich legte mich hin, meinen Kopf auf Louis Schoss, und er vergrub seine Hand in meinen Haaren und kraulte vorsichtig meine Kopfhaut. "Hmmmh...", summte ich zufrieden und er grinste mich von oben herab breit an. "Ich mag es, wenn du so verletzlich bist wie jetzt. Du bist gerade echt süß".

"Ach ja?". "Ja. Normalerweise bist du immer so groß und stark. Ein typischer Eishockeyspieler eben, und das ist verdammt heiß. Aber so gefällst du mir auch". "Das freut mich", sagte ich und wurde schon wieder schläfrig, denn dieses Kopfkraulen war echt angenehm.

Ich wollte noch aufstehen, um ins Schlafzimmer zu gehen, aber noch bevor ich diesen Gedanken in meinem Kopf zu Ende denken konnte, war ich auch schon weg.  

CHICAGO - AdventkalenderWhere stories live. Discover now