Verständnis oder Verachtung

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Eine Nacht aus wirren Träumen lag hinter Harry. Langsam öffnete er die Augen und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Mit einem Mal kam die Erkenntnis, wo er sich befand und mit ihr sämtliche Erinnerung an den gestrigen Abend. Seufzend schloss er seine Augen wieder und atmete einige Male tief durch. Es war also kein Traum. Das alles war echt. Er war echt -Draco. Noch immer konnte Harry kaum glauben, wie liebevoll der junge Malfoy gestern zu ihm war. Doch noch viel wichtiger, war die Frage, wieso. Ob es einen Grund gab? Und wenn ja, sollte er diesem nachgehen? Harry war sich nicht sicher, ob dies eine so gute Idee wäre, denn schließlich war es ja noch immer Malfoy - nein Draco. Draco, zum ersten Mal, hatte er ihn beim Vornamen genannt und Draco tat es ihm gleich. Mit dieser simplen Geste seitens Harry, schien eine mächtige Mauer, die seit Beginn ihrer Schulzeit zwischen ihnen stand, mit einem Mal einzustürzen. Es fühlte sich an wie fliegen - ein Gefühl von Freiheit. Harry hoffte, dass die Nacht nichts daran geändert hatte, denn obwohl sich Dracos Verhalten merkwürdig anfühlte, genoss Harry es. Er würde den Slytherin heute bestimmt sehen und dann werden sich möglicherweise, neue Erkenntnisse zeigen. Erstmal würde Harry hier bleiben und seine Ruhe noch etwas genießen. Es war Samstag morgen und somit kein Unterricht. Die ganze Sache konnte auch noch eine Weile auf sich warten, vielleicht versuchte der Gryffindor, sich auch nur davor zu drücken. Ohne sich noch länger den Kopf darüber zu zerbrechen, drehte er sich auf die Seite und schlief wieder ein.

Hermine sass im Gemeinschaftsraum der Gryffindors und las in einem Buch über Verwandlung. Sie war früh wach und beschloss, sich so die Zeit bis zum Frühstück zu vertreiben. Außerdem verfolgte sie noch einen anderen Plan. Gestern Abend war sie ebenfalls hier im Gemeinschaftsraum und hatte mitbekommen, wie Ginny offenbar sehr aufgebracht, durch den Raum, hoch in die Schlafsäle rannte. Die junge Hexe war sich sicher, dass Ginny geweint hatte. Sie wusste, dass sie ein Date mit Harry hatte, das hatte sie ihr zumindest gesagt, doch von Harry war keine Spur. Hermine war gestern noch eine ganze Weile hier und er kam nicht. Als ihr dann schließlich beinahe die Augen zufielen, entschied sie sich schlafen zu gehen und vielleicht am nächsten Morgen nach Ginny zu sehen. Ihr war klar, dass die junge Weasley sich bestimmt zu ihr gesetzt hätte, wenn sie Jemanden zum Reden gebraucht hätte. Sie war allerdings so schnell sie konnte, nach oben marschiert.  

Hermine hob den Kopf, als sie leise Schritte hinter sich vernahm. Sie drehte sich um und sah in Ginnys trauriges Gesicht. Ihre Augen waren geschwollen und leicht gerötet. Sie hatte offenbar viel geweint. Besorgt lächelte Hermine sie an. "Komm her, kleine", flüsterte sie sanft. Ginny setzte sich schweigend neben sie, blickte in ihre tief, braunen Augen und begann sofort zu weinen. Hermine schloss die Rothaarige augenblicklich in die Arme und drückte sie fest an sich. Einige Minuten lang hielt sie das weinende Mädchen in ihren Armen fest. Diese beruhigte sich langsam und löste sich aus der liebevollen Umarmung. Hermine strich Ginny ganz sanft, einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. "Was ist geschehen", fragte sie mit warmer Stimme. "I-Ich habe ihn verloren", schluchzte Ginny. "Ich habe Harry verloren, er will mich nicht mehr." Hermine sah sie erstaunt an. "Wie kommst du denn darauf? Hat er etwa gestern Schluss gemacht mit dir?" Hermine sah nachdenklich aus. Es war ihr klar, dass etwas geschehen sein musste zwischen den Beiden. Doch damit hätte sie nicht gerechnet. "Nein, also nicht direkt. Du weißt ja, dass wir schon länger zusammen sind und ich wollte einfach mehr von ihm. Mehr als nur Händchen halten. Hermine, ich wünsche mir nichts sehnlicher, als endlich mit ihm zu schlafen. Ich liebe ihn und will ihm nahe sein und ihn spüren." Wieder kämpfte die Rothaarige mit den Tränen. "Ich verstehe dich Ginny, du hast mir diesen Wunsch schon mehrmals anvertraut und ich weiß auch, dass ich dir geraten habe, es zu versuchen. Harry ist sehr schüchtern und in Sachen liebe leider sehr verschlossen. Also hat es nicht geklappt gestern?" Ginny wischte sich eine Träne von der Wange. "Er wollte es nicht. Ich habe es wirklich versucht. Ich habe mir alle Mühe gegeben, um möglichst sanft mit ihm umzugehen und ihn nicht zu bedrängen. Wir haben uns geküsst und ich habe versucht ihn zu berühren und zu streicheln. Er wollte nicht. Er hat mich weggestoßen und mir gesagt, dass er mehr Zeit braucht." Ginny sah Hermine fragend an, doch diese schien ebenfalls verwirrt zu sein. "Nun ich kann mir zwar sehr gut vorstellen, dass solche Dinge, besonders für Harry sehr schwierig sind. Ich verstehe allerdings nicht, warum er mehr Zeit braucht oder wofür." Ginny nickte eifrig. "Genau das Gleiche habe ich auch zu ihm gesagt. Ich habe versucht, ihm zu zeigen, dass ich in verstehe und ihm klar zu machen, dass er keine Angst zu haben braucht. Er schien damit einverstanden zu sein und ich habe erneut versucht ihn zu verführen aber dann... "Sie schwieg und senkte den Blick. "Was ist dann passiert?" Ginny versuchte sich zu sammeln. "Er hat auf meine Berührungen reagiert. Hermine, es hat ihn wirklich erregt, als ich ihn angefasst habe aber dann, schien er plötzlich wieder Panik zu bekommen. Ich habe es nicht sofort bemerkt, da ich auf Grund seiner Körpersprache annahm, dass es ihm gefallen würde. Erst als mich von hinten, Jemand unsanft von ihm wegzerrte, wurde es mir bewusst." Ein tiefer Seufzer entging Ginny. Sie fühlte sich noch immer schlecht deswegen. "Jemand hat dich weggezogen? Wer war es?" Hermine blickte sie eindringlich an. "Es war Malfoy. Ich weiß nicht, wo er plötzlich herkam aber er hat mich am Arm gepackt und mich von Harry weggezogen. Er hat mich angebrüllt, ob ich nicht sehen kann, dass Harry das nicht will. Ich verstand nichts mehr. Er hat sich zwischen uns gestellt und mich bedrohlich angefunkelt. Erst da habe ich begriffen, dass Harry auf den Boden gesackt war und es ihm offenbar wirklich nicht gut ging. Ich wollte mit ihm reden aber Malfoy hat mich nicht gelassen und mich gezwungen zu gehen." Hermine wollte darauf sofort etwas erwidern, als die Beiden von einer sehr wütenden Stimme unterbrochen wurden. "Er hat was?!", schnaubte Ron. Er war außer sich. "Das verdammte Frettchen hat dich angepackt?" Erneute wollte Ron sich vergewissern, dass er sich nicht verhört hatte.

Liebe hält die Zeit an und lässt die Ewigkeit beginnenDove le storie prendono vita. Scoprilo ora