15. Kapitel

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POV Nico

Seid Ewigkeiten stehe ich Mal wieder vor dem Grab meiner Mutter. Ehrlich gesagt versuche ich es zu vermeiden hierherzukommen. Es ist seltsam, besonders wenn ich darüber nachdenke wie viel sie mir bedeutet hat.

Vorsichtig lege ich die wenigen Rosen, die ich mitgebracht habe, auf ihren Grabstein. In geschwungener Stift steht darauf: Maria di Angelo. Unterhalb ihren Namen sind einige Worte reingeritzt. Unter anderem auch liebende Mutter.
Früher als ich klein war bin ich oft hergekommen um mich ihr näher zu fühlen. Aber mittlerweile macht es mir nur klar, wie viel Distanz zwischen uns liegt.

Nach dem ich am Grab meiner Mutter gewesen bin, kehre ich zurück nach Hause um mich für die Schule vorzubereiten. Heute hatten wir nur wenige Kurse, aber da war auch noch die Therapie. Solace hat mich wortwörtlich daran erinnert.
Am Dienstag ist die Therapie.
Dabei habe ich ihm leider auch mein Wort gegeben zu ihm zu kommen und mich mit ihm abzugeben.
Das ist aber gar nicht so einfach, weil Annabeth mich heute morgen angerufen hat und mit mir über die Sitzungen reden will.
Ich zitiere: "Wir reden später noch, ja?" Zitat Ende.

In der Schule ist es Recht voll, die meisten Schüler sind bereits eingetrudelt und schleichen auf Zehenspitzen zu ihren Klassenräumen. Manche von ihnen schert es nicht wirklich, dass sie lauter sind. Die Lehrer verstreuen sich bereits zu ihren jeweiligen Klassen.
Ich hingegen geselle mich zu meiner Freundestruppe, die links vor dem Hauptgebäude steht.

"Neeks!" Leo erblickt mich als erster und schlägt wie immer bei mir ein.
Jason ahmt seine Bewegung nach und ich erhalte ein knappes Nicken von Drew. Das war Recht üblich von ihr, denn obwohl sie ein Morgenmensch ist kenne ich niemanden der so wenig Körperkontakt wie sie aufsucht. Außer vielleicht bei Leo, aber das war's.
Naja, was soll's. Es kann mir Recht sein.

Als ich Annabeth über den Schulhof entdecke, zieht mich meine Brust sofort schmerzhaft zusammen. Wir hatten sage und schreibe noch fünfzehn Minuten bis zum Unterrichtsbeginn Zeit und in diesen wenigen Minuten wird sie mir wahrscheinlich den Kopf abreißen.

Meine Freundin schlendert entspannt auf uns zu und küsst mich dann auf die Wange. Erst bin ich überrascht von ihrer warmen Geste, aber dann entschuldigt sie sich auch schon vor den anderen und zieht mich in eine weniger befüllte Ecke.
Dann holt sie auch schon aus:
"Therapie also?"

Der Kloß in meinem Hals wird immer dicker und ich spüre, wie meine Handflächen anfangen zu schwitzen.
"Hmm, ja scheint so." Sie wirft mir einen verwirrten Blick zu und schüttelt ihre Mähne.
"Wieso hast du nie was gesagt? Ich mache mir Sorgen, weißt du das?" Jetzt blicke ich sie verdutzt an. War das alles?
Keine Kommentare darüber, dass ich es verschwiegen habe und sie sauer ist? Rein gar nichts?
Sie seufzt auf, schüttelt erneut ihren Kopf.

"Nicolas di Angelo, wenn es dir mental nicht gut geht, dann kannst du es mir sagen. Ich bin deine Freundin, okay? Ich liebe dich."
Erst bin ich erleichtert über ihre Worte, dann erfriere ich.
Hat sie das gerade wirklich gesagt?
Ich liebe dich.
Wir haben das schon öfters getan, aber es ist Ewigkeiten her, dass wir es wirklich ehrlich ausgesprochen haben.
Manchmal waren es gehauchte Worte gewesen, oder unsre heimlichen Gedankengänge. Aber ich kann mich kaum daran erinnern, dass wir uns einander ein Liebesgeständnis gemacht haben.

Den Kloß in meinem Hals herunterschluckend nicke ich, versuche zu ignorieren welche Worte sie mir gerade an den Kopf geworfen hat.
"Ich hätte es dir sagen sollen, es tut mir leid.", unterbreche ich die Stille.
Annabeth lächelt beruhigend, zieht mich in eine innige Umarmung.
"Du musst gar nichts. Ich will nur wissen, dass es meinem Freund gut geht, klar? Scheiße, ich hab mir Sorgen gemacht. Hätte ich was gewusst, dann hätte ich dir sicher helfen können." Eine schuldbewusste Miene legt sich über ihr Gesicht und alles in mir zieht sich krampfhaft zusammen.

Hätte ich gewusst, dass sie so reagiert, hätte ich es ihr viel früher erzählt.
Vorsichtig streicht sie mir durchs Haar und drückt mir wenig später ihre Lippen auf den Mund. Ihr zärtlicher Geruch fällt mir dabei sofort auf.
Die wohlige Wärme die sich dabei in mir ausbreitet lässt mich seufzen. Sanft ziehe ich Annabeth näher an mich heran und schlinge meine Arme um ihren Körper.

Als wir uns lösen, lehne ich mich zu ihrem Ohr herüber und sage: "Ich liebe dich auch."
Aber ich wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie verharrend meine Worte waren.
Ich wusste noch nicht, dass all das hier seine Konsequenzen mit sich zog.

Ich wusste nur, dass Annabeth mich in diesem Moment hielt.
Ich wusste, dass wir füreinander da waren.

Solangelo - Die SonnenfinsternisOù les histoires vivent. Découvrez maintenant