17. Kapitel

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POV Will

Als ich meine Lippen von Nicolas getrennt habe, fühle ich ein seltsames Gefühl in mir aufkommen.
Der Blick meines gegenübers ist verschleiert mit einer durchdringenden Leere und die Kälte seines an mir gedruckten Körpers, jagt mir eine Gänsehaut über den Körper.

"Es tut mir leid...du hast eine Freundin ich hätte ni-." Ich komme gar nicht dazu, mich zu erklären, als Nico sich urplötzlich vorlehnt und mich erneut küsst. Seine Hände greifen dabei in meine Haare, während seine Zunge vorsichtig über meine eigene Lippe gleitet.

Wie erstarrt, spüre ich die Gier in seinem Kuss, kann nicht anders als zu Zögern.
Was tue ich hier eigentlich?
Als Nico sich von mir löst, scheint er zu erkennen, dass mir einige von Gedanken durch den Kopf gehen.

"Alles okay?", flüstert er leise. Er ist mir immer noch so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Haut fühlen kann und seine Fingerspitzen auf meinem Nacken wahrnehme.
Ich nicke, wenn auch etwas schwach.
Nico verbindet unsere Münder nochmals, aber dieses Mal ist es kurz. Es gleicht einem seichten Berührung mehr, als einen wirklichen intimen Kuss.

"Bist du dir sicher?", fragt er mich nochmals. Und das einzige was ich mache, ist bejahen.
Dabei ist das eine einfache Lüge. Ich fühle mich schuldig. Schuldig, weil ich jemanden wie ihn geküsst habe. Jemanden, der in einer festen Beziehung war. Ich fühle mich schuldig, weil er es Annabeth erklären musste. Weil er jetzt der Betrüger war und ich der Schuldige. Ich war schuld daran, dass er überhaupt jemanden betrogen hatte. Er hat Annabeth wegen mir hintergangen.
Obwohl...kann man einen Kuss überhaupt als Betrug bezeichnen?
War das hier wirklich so schlimm?

"Hey, Jungs..." Ein Klopfen an der Tür schreckt mich auf.
Nicolas hat sich mittlerweile von mir entfernt, steht etwas unbeholfen in dem Zimmer rum, während ich immer noch wie gelähmt auf dem Klavierhocker sitze.
Meine Mutter lächelt mir zaghaft zu, bevor sie ansetzt etwas zu sagen.
Nico schneidet ihr aber noch gerade so das Wort ab: "Uhm, ich muss jetzt eigentlich nach Hause. Notfall."
Seine plötzliche Ausrede löst ein Stechen in meiner Brust aus.

"Oh, und die Therapie?", fragt meine Mutter, eine ihrer Augenbrauen hochgehoben. Das tut sie immer, wenn sie skeptisch ist.
Aber Nico redet sich gelassen heraus, scheint es nichtmals zu interessieren, dass ich auch hier bin. Das ich seine würdelose Ausrede mit anhöre.
"Können wir die vielleicht auf Donnerstag verschieben? Hab' da keine Nachmittagsschule, also würde das ganz gut passen." Meine Mutter nickt sanft, bevor sie zu mir herüber sieht.

"Musst du dann sofort gehen, oder willst du noch kurz bleiben?", fragt sie als sie wieder Augenkontakt mit Nico aufnimmt. Dieser verneint rasch und ehe ich mich versehe stolpern wir auch schon wieder die Treppen herunter.
Als wir unten an der Tür ankommen, dauert es keine fünf Minuten bis Nicolas seinen Rucksack geschultert hat, seine Schuhe schnürt und seine Jacke über seine Schultern gezogen hat.

Meine Mom hat sich mittlerweile zurückgezogen und hat Nico nur noch zugewunken, um weiter zu kochen.
Nicolas dreht sich nun seitlich zu mir um und drückt die Klinke der Haustür herunter.
Als er diese aufzieht, weht mir ein leichter Wind entgegen und die Enttäuschung in mir wächst nochmals heran.

"Okay, hör zu..." Er sieht seufzend zu mir auf.
"Das was zwischen uns passiert ist..."
Er stockt kurz, sieht unschlüssig zwischen meinen Augen und Lippen hin- und her. Seine Panik macht selbst mir Angst, löst eine Welle von Furcht in meinem Inneren aus.
"Ja?", hake ich ungeduldig nach.
Was er jetzt sagt?
Dass es ein Fehler war?
Dass er dafür keine Begründung hatte?
Dass er es vergessen will?

"Ich...du - wir...wir können niemanden davon erzählen, okay?"
In seiner Stimme steckt ein flehender Ton und ich bin überrascht von seiner Direktheit. Ehrlich gesagt habe ich nicht erwartet, dass er es so gut aufnimmt.
Das er einen Haken dran setzt und es nicht abstreiten will.
"William, ich...ich kann nicht...ich meine, ich und Annabeth sind in einer Beziehung."

Als er das sagt, bricht die aufgebaute Hoffnung in mir zusammen.
Richtig.
Es ist immer sie.
Annabeth.
Annabeth.
Annabeth.
Annabeth.
Wie konnte ich bloß denken, dass ich eine Chance hatte?
Das er mich für sie verlassen würde?

Als ich zu Nico aufsehe, erkenne ich die Verschlossenheit hinter seinen Augen.
Als würde er die Wahrheit zurückhalten.

"Liebst du sie?"

Meine Frage ist nicht nur direkt, ich stelle sie mit einer Kühnheit, die selbst ich nicht von mir erwartet habe.
Aber in mir steckt gerade nichts außer Frust und Kummer.
Liebeskummer. Ich habe Liebeskummer, weil ich auch für Nico nicht genug war.
Ich bin noch nie genug gewesen, um zurückgeliebt zu werden. Vielleicht werde ich das nie.

Nico sieht auf seine Schuhspitzen herab, bevor er wispert:
"Ich will dir nicht wehtun, Will."
Sein murmelndes Hauchen versperrt mir fast den Weg zum Atmen.
"Gott, dass ist doch nicht so schwer!", brülle ich ihn an.
Mein Herz poltert mit einer rasenden Geschwindigkeit in meiner Brust und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen daß es jeden Moment aus meinem Brustkorb herausspringt.

"Liebst du sie?", wiederhole ich meine Frage.

Nico sieht schweigend zu mir auf.
Seine rosigen Lippen, die meine vor wenigen Minuten noch gespürt haben, öffnen sich bevor sie sich erneut schließen, als wüsste er selbst nicht, was er dazu antworten soll.
Minutenlang starre ich ihn nur an, warte auf meine Antwort. Und dann...
Dann fährt er sich durchs Haar und sagt:

"Ja. Ich liebe sie, mehr als alles andere."

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Tja, ich schätze ich habe die flatternde Schmetterlinge in Williams Bauch zu schweren Steinen umgewandelt.

Tut mir leid, falls eure Herzen jetzt mehr oder weniger demoliert sind. ♡

Das war ganz und gar nicht Absicht, aber manchmal braucht man eine gute Portion ✨ Drama ✨ um auch ja alles interessant zu machen. 😂

Heute kommt nur ein Kapitel, weil ich momentan leider eine kleine Schreibblockade habe. <3






Solangelo - Die SonnenfinsternisWhere stories live. Discover now