Kapitel 3

121 14 10
                                    

Giulia

Izzy hatte bisher wirklich schon in vielen Dingen recht. Manchmal denke ich sogar, dass sie irgendeine Superkraft besitzt, die es ihr ermöglicht, in die Zukunft zu sehen.

Wenn Izzy Creston dir sagt, dass alles gut wird, dann wird auch alles gut.

Aber in einem Punkt hatte sie Unrecht.

Seit dem Meeting mit den Landry's ist bereits eine ganze Woche vergangen, und jeder erinnert sich noch an das Ende.

Ich darf mir also jedes Mal, wenn ich einen Raum verlasse, dasselbe anhören.

"Tschüss, Lia!", verabschiedet Kaan sich mit aufgeregter Stimme von mir, als ich den Pausenraum verlassen will.

Auch, wenn Izzy zum ersten Mal falsch in ihrer Vermutung lag, konnte sie mich trotzdem davon überzeugen, dass doch noch alles gut wird.

Als selbst sie nach dem zweiten Tag gemerkt hat, dass mir der Vorfall wohl noch etwas nachhängen wird, meinte sie einfach, ich sollte die ganze Sache mit Humor sehen, so wie die anderen es tun. Ich soll nicht denken, dass sie mich auslachen, sondern mit mir lachen. Die Dinge werden erst dann unangenehm, wenn man sie unangenehm macht. Ich kann nicht kontrollieren, wie die anderen sich verhalten, aber ich kann kontrollieren, wie ich darauf reagiere.

Also lache ich bloß.

"Tschüss, Kaan", erwidere ich und sehe über meine Schulter zu ihm. "Erstick an deinem Sandwich."

Kaan lacht daraufhin laut, doch gerade, als ich um die Ecke laufe, kann ich hören, wie sein Lachen sich in einem Husten verliert.

"Oh mein Gott, du Hexe!", ruft er mir hinterher.

"Pass beim nächsten mal besser auf!", antworte ich zufrieden und habe drei Sekunden später einen Mittelfinger-Emoji seinerseits in unserem Chat. Ich antworte mit einem provozierenden Kuss-Emoji und stecke mein Handy wieder in meine Gesäßtasche.

Auf meinem Weg zurück ins Büro begegne ich einer gestressten Suzanne. In der letzten Woche scheint das ihr Dauerzustand zu sein.

"Hey, Suzanne", begrüße ich sie, worauf erstmal nichts folgt, doch dann bleibt sie so abrupt stehen, als wäre ein Blitz auf ihr eingeschlagen.

"Giulia, hi. Tut mir leid, Liebes, ich habe dich nicht gesehen", spricht sie sich mit einem peinlich berührten Lächeln auf den Lippen.

"Kein Grund, sich zu entschuldigen. Ist alles in Ordnung bei dir?"

Meine Frage entlockt ihr ein erschöpftes Seufzen.

"Die Abschiedsfeier für Theo raubt mir meinen letzten Nerv", gibt sie zu. "Ich habe so langsam meine Zweifel daran, dass bis morgen alles fertig wird."

Ich lege meinen Kopf schief und nicke verstehend.

"Kann ich dir vielleicht irgendwie helfen?", frage ich.

Suzanne schüttelt ihren Kopf zuerst, doch dann scheint sie etwas zu überlegen.

"Es gibt da tatsächlich etwas, aber ich will dir diesen Stress nicht auch noch aufsetzen."

Ich mache eine wegwerfende Handbewegung.

"Quatsch. Wie kann ich helfen?"

Sie atmet tief durch und presst ihre Lippen zusammen.

"Die Torte muss noch abgeholt werden und ich kann Christian nirgends finden. Eigentlich war das seine Aufgabe", erzählt sie beschämt.

Ich muss mir auf die Zunge beißen, um mich selbst davon abzuhalten, ein Urteil zu fällen.

Wo Unsere Seelen AtmenWhere stories live. Discover now