Kapitel 14 - Agony of fear

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Sam brachte mich bis zu dem Zimmer, in dem Danielle und ich zusammen wohnten. Bevor er jedoch auf die Idee kommen würde, dass er einen Gutenachtkuss bekommen würde, zog ich schnell die Karte durch die Vorrichtung am Schloss der Tür. Mit einem Piepen signalisierte sie mir, dass ich eintreten konnte.

„Also, vielen Dank nochmal, Sam. Wir sehen uns morgen!", ich lächelte ihn an und trat ein.

„Bis morgen!", er erschien mir zwar etwas geknickt, trotzdem schloss ich schnell die Tür hinter mir. Danielle saß auf ihrem Bett und grinste mich breit an.

„Hallo!", flötete sie und wackelte mir ihren perfekt gezupften Augenbrauen.

„Auch Hallo!", antwortete ich ihr während ich aus meiner Jacke schlüpfte.

„Na? Wie war's denn?"

„Ganz nett!", antwortete ich ihr. Ich verschwieg ihr absichtlich, dass ich Leo getroffen hatte. Die Gefahr, dass sie ihren Bruder darauf ansprechen würde, und er dann denken könnte, dass es mir so viel bedeutete, dass ich Danielle davon erzählt hatte, war einfach zu groß.

„Nett?", hinterfragte sie mit ihrer typischen Klatsch-und-Tratsch-Stimme.

„Mhm!", ich grinste in mich hinein. Ich wollte gerade die Jeans von meinen Beinen zerren als es an der Zimmertür klopfte.

„Wer ist denn das noch, um diese Uhrzeit?", fragte ich und trat zur Tür.

„Vielleicht Sam um sich seinen Gutenachtkuss abzuholen!", ich warf einen Schuh, der neben der Tür gestanden hatte, zu Danielle. Sie wich gackernd wie ein Huhn geschickt aus. Vor der Tür stand ein ziemlich blasser Richard.

„Roxy! Ein Glück seid ihr noch wach! Bitte, ihr müsst sofort mitkommen!", keuchte er.

„Was ist passiert?", fragte ich, ich war sofort alarmiert. Auch Danielle war aufgesprungen und trat neben mich.

„Embassy ist weg!", Richard fuhr sich gestresst durch seine dunkelgrauen Haare.

„Was?", schrie ich und grapschte sofort nach Stiefeln und Jacke. Auch Danielle zog sich schnell etwas über. „Wie, sie ist weg?"

„Ich wurde soeben informiert, dass sie aus ihrer Box verschwunden ist. Die Tür stand offen!"

Hatte jemand mein Pferd gestohlen? Panisch rannte ich so schnell ich konnte den Gang entlang, von da aus weiter den kurzen Weg zu den Stallzelten. Danielle war dicht hinter mir, Richard folgte uns mit etwas Abstand. Vor dem Stallzelt sah ich sofort das Blaulicht. Zwei Polizeiwägen standen vor dem Eingang. Ungefähr sieben der Security-Leute, die nachts die Ställe bewachten, redeten wild durcheinander.

„Wo ist sie?", keuchte ich als ich bei den Polizisten ankam.

„Zwei Suchtrupps sind unterwegs und auf der Suche nach dem Pferd, bisher noch keine Spur!", erklärte eine rothaarige Polizistin ruhig. Sie war jung und erinnerte mich ein bisschen an Charly.

„Wie können wir helfen?", Danielle brüllte die arme Polizistin beinahe an.

„Nehmt euch Taschenlampen und sucht das Tier.", schlug sie vor.

„Ist gut!", ich nickte entschlossen und griff nach einer der Lampen. Meine Hände zitterten so sehr, dass ich sie kaum halten konnte. Während Richard sich zu einem Anzug tragenden Kommissar stellte und mit ihm diskutierte, joggten Danielle und ich los. Wir rannten am Rasenplatz vorbei, auf dem schon die Hindernisse für das morgige Springen standen. Etwa einen Kilometer ging es dann weiter durch den Wald. Wir riefen immer wieder nach Embassy, doch wenn sie wirklich hier draußen wäre, war sie in Panik, soviel war sicher.

„Oh Gott, nein!", hauchte ich als wir aus dem Wald heraus traten. Vor uns lag eine Wiese, dahinter befand sich die Autobahn.

„Weiter!", rief Danielle schwer atmend. Meine Lunge brannte und ich hatte das Gefühl, jeden Moment umzufallen. Danielle schien es ähnlich zu gehen, doch wir zögerten beide nicht und rannten einfach weiter. Und plötzlich sah ich einen Schatten neben der Autobahn entlang huschen.

„Da! Ich glaube da ist sie!", schrie ich und zeigte in die Richtung. „Embassy!"

 Im Licht der Scheinwerfer erkannte ich meinen Schimmel. Lediglich die Leitplanke und eine niedrige Hecke trennte sie von den schnell fahrenden Autos. Völlig in Panik stürmte sie über die Wiese, direkt auf uns zu.

„Hey, Mädchen! Alles ist gut, komm her meine Kleine!", redete ich so ruhig wie möglich. Es fiel mir wahnsinnig schwer, da ich so außer Atem war. Trotzdem erkannte Embassy mich. Schnaubend und mit hoch erhobenem Kopf blieb sie vor uns stehen.

„Oh Gott sei Dank, Embassy!", meine Stimme erstickte, da ich einem Heulkrampf sehr nahe war. Danielle neben mir schluchzte schon. Ich legte meine Hand und Embassys Stirn und sie blieb ruhig stehen. Als ich jedoch nach ihrem Halfter griff und sie weg führen wollte, bemerkte ich, dass sie ihr linkes Vorderbein kaum belastete.

„Danielle! Ruf Richard an, Embassy ist verletzt. Sie sollen einen Transporter bringen!"

Danielle nickte schnell und kramte ihr Handy aus ihrer Jackentasche hervor. Ich bückte mir, konnte jedoch an Embassys Bein keine äußeren Verletzungen feststellen.

Eine halbe Stunde später stand Embassy in einer Behelfsbox im Stallzelt. Ein Kommissar, der sich als Kommissar Welsh vorgestellt hatte, die nette Polizistin und ihr Kollege, Richard und ein Tierarzt waren anwesend. Der Tierarzt begutachtete nun schon seit ein paar Minuten das Bein, welches dicker als das andere aussah.

„Was hat sie, ist es sehr schlimm?", fragte ich ängstlich als ich die Sorgenfalte auf der Stirn des Arztes sah.

„Um Genaueres sagen zu können, müssen wir sie in die Klinik bringen. Ich kann das Bein hier nicht röntgen."

„Na dann los! Laden wir sie ein!"

***

Bis Embassy verladefertig war, wurde es bereits hell. Obwohl wir in dieser Nacht überhaupt nicht geschlafen hatten, war ich hellwach und aufgeregt. Die ersten Helfer betraten neugierig das Stallzelt, auch von den Pferdepflegern und Verwandten und Freunden der Reiter wurde ich neugierig gemustert. Ich war beinahe erleichtert, als Sam den Stall betrat und mich besorgt ansah.

„Roxy, es tut mir so leid! Ich wünschte ich könnte dir irgendwie helfen!", Sam nahm mich in seine Arme und drückte mich fest an sich als ich ihm genau erzählt hatte, was passiert war. Es hatte sich herum gesprochen, dass meine Schimmelstute ausgerissen war, Genaueres war bisher noch nicht an die Öffentlichkeit geraten.

„Wie konnte das passieren? Ich meine, jemand muss sie doch frei gelassen haben!", schniefte ich in sein schwarzes Jacket.

„Ja, das denken die Security auch.", mischte Danielle sich ein. Ich löste mich von Sam und schnäuzte geräuschvoll in das Tempo, welches Danielle mir gereicht hatte.

„Aber wer macht denn so etwas? Wollten sie Embassy umbringen oder was?", rief ich und sah jeden außer Sam und Danielle böse an. Sie waren alle verdächtig!

„Ich werde die Augen offen halten!", versprach Sam. Ich lächelte ihn dankbar an.

„Viel Glück bei der Prüfung nachher! Ich weiß, dass du es schaffst!", sagte ich und drückte ihn nochmals an mich.

„Danke Roxy. Und nochmal, es tut mir so leid für dich!"

„Jetzt musst du es in die Nationalmannschaft schaffen, ich werde dich nämlich nach Rio begleiten, wenn ich schon nicht selbst reiten kann!", sagte ich und schaffte es sogar ein halbwegs glaubhaftes Grinsen in mein Gesicht zu zaubern.


Parcours des LebensWhere stories live. Discover now