Epilog

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Wenn sich eine Türe schließt, öffnen sich zwei Neue. Endlich verstand ich, was mein Vater mir immer hatte mitteilen wollen. Mein ganzes Leben war auseinander gefallen, meine Träume schienen zu zerplatzen und ich fühlte mich so verloren. Jetzt, ein halbes Jahr später, war ich wohl der glücklichste Mensch auf der Erde!

Mein Bein war beinahe verheilt. Seit einiger Zeit durfte ich wieder reiten und seit wenigen Wochen sogar wieder Springen. In die richtige Turniersaison würde ich aber erst im nächsten Jahr wieder einsteigen, das war zumindest der Plan.

Embassy ging es gut. Sie lahmte nicht mehr und konnte wieder normal geritten werden. Zumindest noch für ein paar Wochen, denn sie war tragend von Voyeur.

Voyeur war eben Voyeur. Wir beide stritten, diskutierten und schubsten uns nach wie vor in der Gegend herum. Doch uns verband eine tiefe Freundschaft, auch wenn er mich nach wie vor nicht als seine Chefin akzeptierte. Ich liebte dieses Tier genauso bedingungslos wie Embassy und Little Lady.

Little Lady war mehr als erfolgreich unter Max. Er ritt sie fantastisch und zusammen räumten sie in jeder Prüfung ab, in der sie starteten.

Obwohl Leo jetzt Pferdebesitzer war, weigerte er sich nach wie vor sich auf den Rücken eines dieser Tiere zu setzen. Er hatte sich für mich dazu überwunden mit seinem Vater zu sprechen. Ihr Verhältnis war leider nach wie vor schlecht, das würde sich wohl auch nicht mehr ändern. Doch er hatte Voyeur gekauft weil er wusste, wie viel der Hengst mir bedeutete. Er hatte schnell einen Job in einer Anwaltskanzlei gefunden in dem er mehr verdiente und mehr Freizeit hatte. Wir waren gerade dabei die alte Scheune komplett zu sanieren und in ein kleines Wohnhaus umzubauen. Dies hatte einen einfachen Grund: Leo hatte mir an Silvester einen Heiratsantrag gemacht – den ich natürlich unter Tränen vor Rührung und Glück angenommen hatte – und als frisch verheiratetes Paar brauchten wir unsere eigenen vier Wände. Der Heiratsantrag war so gewesen, wie Leo und ich auch waren. Wir standen beide nicht gerne im Mittelpunkt, so hatte er es zu meiner Erleichterung nicht öffentlich in einem Restaurant gemacht, wie man es aus Filmen kannte, nein. Wir waren allein gewesen, naja nicht ganz, Embassy, Little Lady, Whisper, Castello, Vita, Sir und Voyeur hatten uns Gesellschaft geleistet. Ich hatte gerade die Pferde versorgt und ihnen wie jeden Abend eine gute Nacht gewünscht, als mein persönlicher Traumprinz den Stall betrat. Schon an seinem Blick hatte ich erkannt, dass er etwas plante, das irgendetwas anders war. Er kniete sich nicht vor mich hin oder so etwas, das war auch überhaupt nicht sein Stil und es hätte mich sehr gewundert, da es einfach nicht zu ihm gepasst hätte. Er nahm lediglich meine Hand in seine, ganz vorsichtig und behutsam. Als er mir in die Augen blickte war ich Wachs in seinen Händen, ich versank in diesem unglaublichen Blau und genoss das Gefühl der Schmetterlinge in meinem Bauch und die Gewissheit, dass er mein war.

„Ich liebe dich mehr als alles andere und ich weiß, dass ich dich für immer lieben werde. Du bist alles was ich wollte und noch so viel mehr, Roxy. Und da ich kein klischeehafter oder besonders romantischer Kerl bin, wie du weißt...!", an dieser Stelle hatte ich ahnend was kommen würde und mit Tränen in den Augen genickt, „frage ich dich kurz und bündig: Willst du mich heiraten?"

Ich hatte ungefähr zehnmal „JA!" gebrüllt und Leo hatte Mühe mir den schlichten und wunderschönen Ring an den Finger zu stecken weil ich so sehr zitterte.

Mein Geld verdiente ich mit Reitunterricht. Ich hatte sogar schon die ersten potenziellen Reitschüler abweisen müssen, da mein Tag eben auch nur vierundzwanzig Stunden hatte und mit der Arbeit auf der Ranch, dem Training der Pferde und Zeit mit meinem Verlobten blieb nicht mehr allzu viel Zeit. Trotzdem stand ich täglich sechs Stunden auf dem Platz oder fuhr umliegende Höfe ab, um Reitunterricht zu geben. Ob ich meine Karriere als Springreiterin wieder so in Angriff nehmen würde, wie ich es eigentlich geplant hatte, wusste ich nicht. Sicher, ohne Turnierplätze und den Nervenkitzel vor dem Start gab es mich nicht, ich brauchte und liebte diese Atmosphäre, doch ob ich wirklich noch nach Italien, England oder in den Staaten hin und her reisen wollte, das wusste ich nicht. Leo hätte mich sofort dabei unterstützt, er wusste, dass es immer mein Traum gewesen war. Doch Träume ändern sich, nicht wahr? Ich fand den Gedanken an eine Zukunft mit Leo und den Pferden vielversprechend. Kinder wären in ein bis zwei Jahren schön. In unserem kleinen Haus zusammen mit Leo und unseren Kindern zu leben erschien mir um so vieles schöner, als jede Woche in einem anderen Land auf dieser Welt zu sein.

Aber ich schätze, so ist das nun einmal, wenn man seinen Lieblingsmenschen gefunden hat...


Parcours des LebensWhere stories live. Discover now