Kapitel 15 - The perpetrator

3.3K 263 19
                                    

Ein langer Tag, der ausschließlich aus Tiefen bestand, lag hinter uns. Ich war völlig fertig mit den Nerven. Ich zitterte und war unkonzentriert. Wir waren dem Transporter des Tierarztes hinterher gefahren. In der Klinik wurde Embassy genau untersucht. Die Diagnose lautete Sehnenschaden. Das war eine Katastrophe! Ich wollte, dass Embassy die beste Behandlung erhielt. Ich wusste natürlich, dass ich und meine Stute die nächsten Monate zu Fuß unterwegs sein würden. Das Schlimmste jedoch war, dass Embassy wahrscheinlich niemals wieder im großen Sport laufen durfte. Pferde, die einmal einen Sehnen- oder Bänderschaden erlitten hatten, bekamen dies oftmals wieder da Narbengewebe an der Sehe vorhanden war. Ich wollte nicht, dass Embassy irgendwann überhaupt nicht mehr laufen konnte, also würde ich alles tun, dass sie bei mir alt werden würde. Natürlich würde ich sie eines Tages wieder reiten können. Auch hin und wieder ein Sprung war drin, doch den Belastungen des internationalen Sports würde ihr Bein nicht mehr gewachsen sein. Schwere Springen der Klasse S und das dazugehörige Training waren nicht mehr machbar, wenn ich mein Pferd nicht verlieren wollte.

Als wir am späten Abend bei den Hollingworth Stables ankamen, ging ich direkt und ohne ein Wort zu sagen den Weg entlang hinunter zur Hütte. Richard schien das Ganze noch mehr fertig zu machen als mich, er hatte auf der Heimfahrt kein Wort gesprochen.

„Was machst du denn hier?", Josh sah erstaunt auf als ich zur Tür herein trat.

„Ich wohne hier?!", sagte ich zickig. Die beiden Jungs sahen sich verwirrt an.

„Klar, aber wir haben noch nicht mit dir gerechnet, erst morgen!", erklärte Josh.

„Wie war das Springen? Können wir feiern? Du bist natürlich in der Nationalmannschaft, oder?", fragte Luke während er aufgestanden war um in die Küche zu laufen und drei Bier aus dem Kühlschrank holte. Als ich meinen Kopf schüttelte und mich auf einen der alten Stühle fallen ließ, stellte er die drei Dosen auf die Küchenzeile.

„Was ist passiert?", fragte er während er hinter mich trat und eine Hand auf meine Schulter legte.

„Josh, schalt die Nachrichten ein!", sagte ich nur. Josh nahm sofort die Fernbedienung und drückte auf ihr herum.

„Der Schock stand der fünfundzwanzigjährigen Kanadierin Roxanne Fleming ins Gesicht geschrieben. Unbekannte Täter hatten ihre Stute Embassy in der Nacht von Freitag auf Samstag aus der Box gelassen. Das Pferd war in Richtung der stark befahrenen Autobahn gelaufen und konnte gerade noch rechtzeitig eingefangen werden. Zwar wurde das Pferd nicht angefahren, wie uns berichtet wurde, hat die Stute sich jedoch verletzt. Polizeikommissar Welsh äußerte sich wie folgt: „Es war pures Glück, dass das Pferd nicht unter die Räder eines Lastkraftwagens gekommen ist!". Der Trainer der englischen Nationalmannschaft Rick Cromwell sagte, dass er es außerordentlich bedauerte Roxanne Fleming nicht im Team zu haben. Er habe seine ganzen Hoffnungen in das Mädchen und ihre Wunderstute gesteckt, so Cromwell. Die Ermittlungen laufen weiter, die Täter sind noch unbekannt...."

„Ach du Scheiße!", hauchte Josh, der genauso fassungslos den Fernseher anstarrte wie Luke.

„Wie zur Hölle konnte das passieren?"

„Roxy, geht es dir gut?"

„Wo ist Embassy jetzt?"

„Ist sie denn schwer verletzt?"

„Jungs!", rief ich dazwischen und hob beschwichtigend meine Arme hoch. „Embassy hat einen Sehnenschaden, der Traum ist vorbei!". Ich wartete auf die Tränen, doch sie kamen nicht. Ich konnte noch überhaupt nicht begreifen was passiert war. Embassys Karriere, und somit meine große Chance, war gelaufen. Ich fühlte mich wie betäubt, nicht fähig irgendwelche Gefühle zuzulassen.

Und da schwiegen meine beiden Freunde. Mit großen Augen starrten sie mich in Grund und Boden. „Sie ist in der Klinik."

„Ehrlich, das tut uns so leid. Was für ein Arschloch macht so etwas denn nur?", Luke schob mir ein Bier unter die Nase. Sofort öffnete ich die Dose und nahm einen Schluck.

„Hast du eine Idee, wer es gewesen sein könnte?"

***

Luke, Josh und ich hatten den letzten Abend damit verbracht zu überlegen, wer Embassy frei gelassen haben könnte. Doch es war wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Über die Nachrichten hatte ich erfahren, dass Sam eine Runde weiter war. Er musste jetzt nur noch beim dritten und letzten Springen unter die ersten vier kommen und dann hatte er es geschafft. Ein Mädchen, Cara Tanner, wurde interviewt und sie hatte kein Geheimnis daraus gemacht, dass sie es gut fand, dass ich und Embassy nicht mehr dabei waren. So hatte sie bessere Chancen. Ich konnte ihr diese dämliche Aussage nicht einmal verübeln.

Ein paar Tage später passierten gleich zwei Dinge gleichzeitig. Josh und ich waren schon sehr früh am Morgen los gefahren um Embassy von der Klinik zu holen. Der Tierarzt trichterte mir zum wiederholten Male ein, dass sie die ersten vier Wochen nur in ihrer Box stehen durfte. Ich bestätigte ihm zum gefühlten zehnten Mal, dass ich das verstanden hatte und dass ich ihn, bevor ich mein Pferd nach den vier Wochen aus der Box holen würde, anrufen und auf das Gestüt für eine Kontrolle beordern würde. Das Verladen erwies sich dann als recht schwierig da Embassy ihr Bein nicht belasten sollte. Letztendlich schafften wir es irgendwie zurück zu Richards Gestüt. Ich hatte Embassy gerade mit Heu versorgt als Danielle aufgeregt in den Stall gerannt kam.

„Roxy, Roxy! Komm schnell!", rief sie und kam völlig atemlos vor Embassys Box zum Stehen. „Sie haben den Täter!"

„Was?", ich sprang sofort auf und folgte der Braunhaarigen rennend aus dem Stall, über den Hof und schließlich ins Hauptgebäude. In Richards Büro saßen Richard und der Polizeikommissar Welsh, welchen ich in den Nachrichten und in der Nacht, in der Embassy sich verletzt hatte, bereits gesehen hatte.

„Roxy, da seid ihr ja. Kommissar Welsh und sein Team konnten den Täter ausfindig machen.", erklärte Richard sichtlich erfreut.

„Ja und wer ist es?", fragte ich total überfordert.

„Brian Miller!", antwortete der Polizist an Richards Stelle. Das konnte doch nicht wahr sein! Ich schnappte erschrocken nach Luft und sah Richard völlig schockiert an. Dieser nickte nur.

„Sind Sie sich sicher? Ich weiß nicht, ob Mr. Miller so etwas tun würde!", brachte ich mühsam hervor. Danielle, die neben mir stand keuchte.

„Roxy...!", begann sie, doch ich unterbrach sie.

„Das ist Sams Vater! Sam ist mein Freund! Wieso sollte er...!", begann ich doch allmählich setzten sich die Puzzleteile zusammen.

„Deshalb war er mit dir essen, Roxy! Sam weiß, dass du Embassy nicht aus den Augen lässt!", Danielle redete ganz aufgeregt. Kommissar Welsh hörte Danielle aufmerksam zu und auch Richard spitzte seine Ohren.

„Das würde Sam nicht tun, oder?", ich spürte wie enttäuscht ich war. Ich hatte Sam vertraut, er liebte Pferde doch, er würde doch nicht wollen, dass Embassy zu Schaden kam!

„Wollen Sie Anzeige erstatten?", fragte der Polizist.

„Gegen Sam?", stellte ich eine Gegenfrage.

„Nein, Miss Fleming, gegen Brian Miller. Ob Sam tatsächlich in die Sache verwickelt war, müssen wir erst noch herausfinden."

„Natürlich will ich ihn anzeigen! Er hätte beinahe mein Pferd umgebracht!", rief ich und reckte dabei mein Kinn nach vorne. Sams Vater hin oder her, ob Sam davon wusste oder nicht, niemand krümmte meiner Stute auch nur ein Haar!

„Ich würde Ihnen raten sich einen Anwalt zu suchen, Miss Fleming!", der Kommissar stand auf und reichte uns allen der Reihe nach die Hand.

„Mein Sohn ist Anwalt, er wird sich der Sache annehmen!", sagte Richard während er Kommissar Welsh nach draußen begleitete. Nicht auch das noch, jetzt sollte ausgerechnet auch noch Leo mein Anwalt werden? Ich hatte gerade wirklich eine Pechsträhne!


Parcours des LebensWhere stories live. Discover now