(1) Wie alles begann...

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Midnight, you come and pick me up.

Es war Mitternacht, als es an der Haustür klingelte. Ich schreckte hoch und spürte direkt die Panik in mir aufsteigen. Wer zur Hölle wollte uns um Mitternacht besuchen?

Mein Bruder öffnete wohl die Tür, denn das Klingeln hörte auf. Kein Wunder, er war oft noch zu dieser Uhrzeit wach, während ich lieber schon früher schlief. Er war allgemein ein nachtaktiver Mensch und außerdem schlief er nie besonders viel, was mich aber bisher nie gestört hatte. Keinen hatte es gestört, weder mich noch meine ältere Schwester, das Sandwichkind. Ja, mein Bruder Alec war der älteste, danach folgte Isobel und dann ich, als jüngstes Mitglied der Hood-Familie. Unsere Eltern lebten lange nicht mehr, aber unser Onkel hatte uns bei sich aufgenommen, nur war er im Moment nicht da.

Ich entschied mich, aufzustehen und auf die Toilette zu gehen. Leise schlüpfte ich in meine Puschen und huschte die Treppe hinunter. Bei jeder Stufe, die ich näher an die Haustür kam, pochte mein Herz wilder, pumpte schneller das Blut durch meinen Körper, als ich plötzlich stehen blieb. Zwei Stimmen diskutierten. "Kommst du freiwillig mit oder muss ich deine Erinnerungen an einen Biss auffrischen?" Ich kannte die Stimme nicht, aber sie war tief, mit einem britischen Akzent. "So bist du nicht. Das ist alles Klaus' Schuld, er hat dich zu diesem Monster gemacht-" Mein Bruder, ganz klar mein Bruder. Aber sein Satz wurde durch einen leisen Schrei abgehakt, der unverkennbar seiner war. Er atmete schwer. Ich konnte nicht anders. Ganz vorsichtig beugte ich mich um die Ecke und sah das Treiben, dass da in der Küche vor sich ging.

Ein blonder Mann, vielleicht Anfang 20, stand neben meinem Bruder und drückte ihn mit der Hand im Nacken auf die Arbeitsplatte. Er war groß, größer als mein Bruder. "Sag nichts schlechtes über Klaus, es sei denn du willst, dass ich dir deinen Kopf abreiße." Mein Bruder lachte. "Das tust du nicht, ich bin zu wertvoll. Du wirst so schnell keine zweite Blutpumpe finden." Was redete er da? Was war eine Blutpumpe? Und warum wollte der Mann ihm den Kopf abreißen? Wer war Klaus?

"Du hast Recht. Ich könnte aber auch einfach eine deiner Schwestern töten. Welche nehme ich denn, die selbstbewusste Isobel mit ihren perfekten Goldlöckchen oder die schüchterne Luciana mit ihren ängstlichen Augen?" "Nein, Nein! Ich mache was du willst, aber lass meine Schwestern aus dem Spiel!" Alec bekam Panik, das bemerkte ich. Er redete schnell, viel zu schnell. Der Blonde grinste. "Na also, geht doch." Er ließ Alec los und er rappelte sich auf.

Und in diesem Moment bewies sich meine Tollpatschigkeit. Obwohl ich schon seit sechs Jahren in diesem Haus lebte, war ich immer noch unglaublich schusselig. Und so vergaß ich, dass die unterste Stufe der Treppe knarzte.

Blitzschnell drehte der Blonde seinen Kopf in meine Richtung, doch es war zu spät. Ich stand da, unfähig mich zu bewegen, während er auf mich zuging. Seine langen Schritte hallten über den Boden des Flurs, während er grinsend auf mich zukam. "Du hast mir nie erzählt, dass sie wirklich so hübsch ist", rief er meinem Bruder zu und im nächsten Moment hatte er mich auch schon gegen die Wand in meinem Rücken gedrückt. Er legte seinen Kopf auf meine Schulter und roch an meinem Hals, die Gänsehaut überkam mich unverzüglich. Er stutzte, dann richtete er seinen Kopf auf und starrte mich aus dunkelbraunen, fast schwarzen Augen an. "Und dass sie eine Blutpumpe ist auch nicht."

Ich schaute verwirrt zu meinem Bruder, doch der Fremdling hatte mich schon gepackt und hielt mich von hinten fest umklammert, den Arm um meinen Kopf gelegt. "Eine falsche Bewegung und ich breche ihr das Genick." Alec blieb stehen und starrte mich an. Dann schaute er nach oben zu dem Blonden. "Thomas, du bekommst mich, aber lass Lucia gehen. Sie ist noch unschuldig, sie ist ungebissen. Bitte, tu ihr das nicht an." "Weißt du, der Vorteil an ungebissenen Mädchen ist, dass sie noch unmakiert sind. Jeder könnte sie für sich beanspruchen. Eigentlich schade, dass diese Regelung nur bei weiblichen Blutpumpen gilt, sonst würdest du mir gehören. Ach, ich wollte schon immer eine eigene Blutpumpe haben." Und bevor ich wusste, wie mir geschah, spürte ich ein starkes Stechen an meinem Hals. Schreiend wand ich mich in den Armen des Unbekannten, klammerte mich haltsuchend an der Wand neben mir fest. Der Schmerz betäubte mich, und gleichzeitig wurde ich müde. Todmüde.

Das letzte, was ich sah, war mein verzweifelter Bruder, bevor alles schwarz wurde und ich das Bewusstsein verlor.

Blutpumpe (German Thomas Sangster/The Originals FF) - STILLGELEGTWhere stories live. Discover now