(4) Ein nächtlicher Ausflug

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And it's cold and lonely in the deep dark night.


Als ich mitten in der Nacht wach wurde, dachte ich mir nur, dass muss ein Zeichen sein. Das Universum wollte mir etwas sagen. Es wollte sagen, dass ich hier weg musste. Warum auch sonst sollte ich so spät aufwachen?

Auf Zehnspitzen stand ich auf und schlich durch mein Zimmer. Ich hatte keine Schuhe und auch nur ein dünnes Kleidchen an, aber mir blieb nichts anderes übrig. Also drückte ich die Klinke herunter und trat aus dem Zimmer in den Flur. Ich wusste nicht, wie gut Thomas' Gehör war, aber ich hoffte, dass er tief und fest schlief. Hatte dieser Idiot wirklich gedacht, ich würde freiwillig bei ihm bleiben? Bei einem verdammten Vampir, der mich mindestens einmal täglich anzapfen würde? Ich meine, ich hätte mir ja selber fast abgekauft, dass ich hier bleiben würde, aber dachte er tatsächlich, es wäre so leicht? Er hatte mich entführt, gebissen, was echt schon komisch gewesen war, fast zerquetscht und mich in diesem seltsamen Haus eingesperrt.

Ich schlich die Treppe hinab und zu meinem Glück schien das Haus in sehr guter Verfassung zu sein, denn keine einzige Treppenstufe knarzte. Der Boden war sogar angenehm warm, vermutlich eine Fußbodenheizung. Ich ging weiter bis zur Haustür und öffnete sie. Zu meiner Überraschung war sie nicht mal abgeschlossen, er schien mir ja wirklich zu vertrauen.

Draußen wehte kalter Wind und der Mond leuchtete in seiner vollen Pracht über mir. Es war Vollmond, das hatte ich ganz vergessen. Aber das hieß, dass ich bereits drei Tage geschlafen hatte. Dieser Idiot hatte mir nicht einmal gesagt, wie lange ich ohnmächtig gewesen war. Das Haus stand auf einer weiten Wiese zwischen Bäumen versteckt. Es hatte eine große Veranda, also trat ich von dieser hinunter. Das Gras war kalt und nass, aber es regnete nicht mehr. Vermutlich Morgentau oder sowas in der Art. Ich ging ein paar Schritte und stutzte dann. Wo sollte ich denn überhaupt hin? Ich hatte schließlich keine Ahnung, wo ich war. Ich wusste auch nicht, was in diesen Wäldern lauerte. Aber darum konnte ich mich jetzt nicht kümmern. Ich musste nur weg, weg von diesem Vampir.

Ich lief weiter und war schon am Waldrand angekommen, als ich ein Knacken hinter mir wahrnahm. Ich drehte mich schnell um, sah aber nichts. Also stapfte ich weiter. Ich war keine zwei Meter gekommen, da hörte ich es wieder. Ich war mir sicher: jemand folgte mir. Ich drehte mich also wieder um. "Wer auch immer hier ist, kommen Sie gefälligst raus oder lassen mich in Ruhe!" Und da traten zwei Gestalten aus der Dunkelheit hervor. Ein Mann und eine Frau, beide noch jung. Sie hatte dunkle Haare und war ziemlich dünn, er hatte einen schwarzen Bart und schwarze Haare. Beide gingen langsam auf mich zu. "Wer seid ihr?" "Das gleiche könnten wir dich fragen. Wieso bist du aus dem Haus des Vampirs gekommen?", fragte die Frau.

Noch bevor ich antworten konnte, stand sie plötzlich vor mir und stieß mich gegen einen Baum. Ihre Augen leuchteten gelb und sie funkelte mich wütend an. Sie drückte meine Schultern gegen den Baumstamm, dann liefen dunkle Adern unter ihren Augen entlang, sie verfärbten sich seltsam und ich sah ihre Fangzähne. Dann, ehe ich schreien konnte, jagte sie mir ihre Zähne in den Hals. Dieses Mal kam wieder Ton aus mir heraus. Ich schrie mir die Seele aus dem Leib, jedenfalls so lange, bis sie mir ihre Hand auf den Mund presste. Auch er kam nun näher und ich spürte ein zweites Paar Stiche, die in meinen Körper eindrangen. Der Schmerz war nun kaum noch auszuhalten und ich schlug wie eine verrückte um mich, während Liter von Tränen meine Augen verließen. "Wieso stirbt sie nicht?", nuschelte sie an meinem Hals.

Dann wurden beide plötzlich zurückgerissen. Thomas war mein Retter, denn er kämpfte nun gegen beide. Egal wie sie ankamen, er weichte immer aus und schlug zurück. "Lou, renn ins Haus!" brüllte er. Ich starrte ihn ungläubig an. "RENN!" Seine Stimme ließ mich zittern und beben. Aber ich rannte. Ich rannte so schnell ich konnte. Ich trat in einen nassen Maulwurfshügel und rutschte aus, verdreckte das Kleid. Aber ich stand wieder auf und rannte weiter. Als ich an der Veranda stand, drehte ich mich zu ihm um, und in der nächsten Sekunde stand er neben mir und schubste mich ins Haus zurück. Er schlug atemlos die Tür zu und drehte sich dann zu mir um. Ich schluckte schwer, als er mich wütend anfunkelte. Das Licht im Flur und hier unten brannte, so sah er wenigstens nicht ganz so einschüchternd aus. Allerdings erschien er mir wütend, sehr wütend.

Blutpumpe (German Thomas Sangster/The Originals FF) - STILLGELEGTWhere stories live. Discover now