Kapitel 2 ✔

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Dieses Gefühl der Angst, das sich über meinen ganzen Körper erstreckte war mehr als unangenehm. Fragen, die mir durch den Kopf schossen. Es waren so viele.
Wer war es? Wo sind wir? Fragen über Fragen. Doch ich hatte keine Antwort erhalten.

Ich stand steif da und konnte mich nicht bewegen. Derjenige, der hinter mir stand, hatte mich immer noch fest im Griff. Ich flehte, es sollte nur ein Traum sein und schluckte hart. Die Schweißtropfen, die sich auf meiner Stirn gesammelt hatten, tropften ununterbrochen auf den Steinboden. Meine Augen schossen wild hin und her. Es war einfach zu dunkel, um etwas Erkennen zu können. Damals, habe ich mir geschworen, dass ich keinem mehr vertrauen sollte. Vertrauen ist das, was die Menschen brauchen- doch ich musste das komplett aus meinem Leben verbannen. Ich konnte keinem vertrauen- nicht einmal mir selbst. Andauernd musste ich an mir zweifeln. Lohnt es sich denn überhaupt noch? Das sogenannte 'Leben'? Ich wusste- und weiß es heute immernoch nicht.

Ich spürte, wie sich eisige Kälte um uns beide schloss. Mein Atem ging unregelmäßig und wurde zu weißen Rauchwölkchen, die sich vor mein Gesicht schlugen.
Hinter mir regte sich dieser jemand. Sein heißer Atem schlug mir in den Nacken und ich spürte nur zu deutlich, dass sich meine Nackenhaare aufstellten.
Der Atem war heiß und brannte auf meiner eiskalten Haut.
Ich wagte kaum zu atmen.
Bis diese eine tiefe Stimme in mein Ohr flüsterte. „Alles ist gut, ich denke er ist weg". 

Langsam löste er den starken Griff von mir und drehte mich langsam zu sich um.

„Hey, alles in Ordnung? Du bist wahnsinnig bleich." stirnrunzelnd schaute er mich an.
Seine Hand strich mir eine Haarsträhne hinter das Ohr.
Sein Blick war warm, mitfühlend und Besorgnis erfüllt. Seine braunen Augen hatten einen wundervollen Kontrast mit seinen schwarzen Haaren, das sich über seine Stirn zog. Er war vielleicht 10 Zentimeter größer als ich und so musste ich meinen Blick nach oben richten, damit ich überhaupt noch Blickkontakt halten konnte.

Ich bekam keinen Ton mehr heraus und starrte ihn an. Mein Mund war zu trocken. „Nicke bitte wenigstens"
So tat ich es. Besorgt schaute er mich von oben bis unten an. Sein Blick war durchdringlich und ich hatte das Gefühl, als würde er direkt zu meiner Seele hindurchblicken.
Ich hustete ,,Wer bist du?", fragte ich dann krächzend und leise.

Ich dachte, dass er es nicht verstanden hatte, aber er hatte es.
„Ich bin Hyeong-Joon Kim. Aber nenn mich einfach Joon." Breit grinsend streckte er mir seine Hand entgegen. Meine Hand zitterte, doch ich gab sie langsam und unsicher Joon. Ich konnte mir kein Lächeln abringen, so sehr ich es auch versuchte. „Ich heiße Lea." Sagte ich leise, doch meine Stimme brach ab. Sein Händedruck war sanft, aber bestimmt.
„Möchtest du vielleicht mit hoch kommen?, wir könnten dich ins Krankenhaus fahren- du siehst gar nicht gut aus..." Besorgt ließ er den Blick über mein Gesicht wandern. Ich riss meine Augen auf. Nein, nein bitte nicht... In diesem Moment wurde ich noch bleicher, als ich schon war. Angsterfüllt entriss ich ihm meine Hand.

„Nein... sonst... wird er mich finden... Er wird mich finden... DAS KÖNNEN WIR NICHT MACHEN... " Ich stolperte ein paar Schritte nach hinten und stieß an die kühle Wand. Meine Hände umfassten meinen Kopf und ich zitterte am ganzen Leib.
Meine Augen waren weit aufgerissen. Es überkam mich wie ein Schlag. Ich stand zitternd da. Die Erinnerungen stürzten auf mich ein. So lange und so schmerzhaft.
Als mich mein Vater geschlagen hatte.
Wie er das Messer in der Hand hielt. Die Blutlarchen. Meine Striche auf den Armen. Rot, tief... leuchtend. Wie ich schrie, er solle es lassen. Wie Jung ich war. Die deutlichen Worte, die er mir als Zeichen für das Versagen meiner Mutter in die Haut ritzte- ich hatte sie bis heute als tiefe Narben. Eine schreckliche Erinnerung, die mir für immer blieb.

Wie ich schrie. Doch jedoch keine Gnade erhielt. Gott persönlich hatte mich verflucht. Jahrelang. Dieser brennende Schmerz, der mich immer und immer wieder durchfuhr, als er die Klinge ansetzte. Wie das Blut an meinem Arm herunterlief, über meine Hand, wie die Tropfen meines Blutes hinunter auf den kalten Boden tropften.
Ich fiel einfach zu Boden. Dieser Druck. Der Schmerz. Er wollte nicht aufhören.
Scherben lagen auf dem Boden. Genau wie ich mich fühlte- gebrochen.
Ich war gebrochen.
Mein Wille war gebrochen. Seitdem hatte ich es mir geschworen. Zu entkommen- die Freiheit zu genießen.

Joon schaute mich Wachsam und Besorgt an, schüttelte mich leicht- und ich erwachte aus meiner Trance.
Doch schließlich wurde alles schwarz. Ich merkte noch, wie ich meine Augen schloss. Eine Stimme bahnte sich zu mir durch und flüsterte „Lea..."

Dann war alles still.

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Loving can hurt sometimesWhere stories live. Discover now