Unterricht mit Nebenwirkungen

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Die Tage wurden Wochen und die Wochen Monate. Schwalbe gab Tau abends Unterricht. Bald übermüdeteten sie sich so sehr, dass sie fast zusammen brachen. Ein Sklave kann es sich nicht leisten jeden Tag etwas von dem wenigen Schlaf zu opfern den er hat.

Als Schwalbe die Begeisterung sah mit der Tau jedes neue Zeichen in sich aufnahm gewann sie ihre Lebensfreude zurück. Ihre einst makelose Haut war nun voller Narben und das lange Haar, hatte man kurz abgeschnitten. Wegen den Läusen.

Jetzt begann sie zu erzählen. Ihr Vater war ein reicher Teehändler gewesen. Sie lebten in einem großen Haus voller Diener und genossen beste Schulbildung. Kurz vor ihrem Schulabschluss ging ihr Vater aber bankrott. Um die Schande zureinigen brachte er sich um. Nun zerfiel der ganze Besitz in Stücke. Alles wurde verkauf, aber man fand immer neue Schulden. Aus Angst auf der Straße zu leben brachte sich Schwalbes Mutter bald um. Ihre Schwestern folgten ihr. Als es sich herraus stellte, dass sie als Sklaven verkaufen würde brachten sich aus ihre Brüder um. Nur Schwalbe hatte zu lange gezögert sich die Adern aufzuschneiden. Als die Schuldeneintreiber eintrafen, hatte sie kaum Blut verlohren. Deshalb wurde sie schnell verbunden und auf den Markt geschleppt. In der Verbotenen Stadt aber, hatte sie nicht die Zeit, die Verbände abztunehmen.

"Und jetzt hab ich nix Spitzes um mich zu töten," klagte sie unter Tränen.

"Vielleicht weil es dein Schicksal ist zu leben...", murmelte Tau.

"Um zu leiden?"

"Oder um glücklich zu werden...", Tau wurde knallrot, "Zusammen mit mir vielleicht."

"Du willst mich heiraten?"

Tau nickte.

"Und du fragst mich das einfach so?"

"Du hast doch keine Eltern mehr. Wenn du willst kann ich dir auch Mutter rüberschicken um alles zu regeln. Ich... ich dachte wenn es sowieso deine Entscheidung ist kann ich dich ja auch selbst fragen."

"Und mit mir über den Brautpreis verhandel?", lachte Schwalbe.

"Du kannst eine Woche lang mein Essen haben. Wäre das gut?"

"Dein Essen sollst du selbst haben. Schade..."

"Was Schade?"

"Wenn wir da draußen wären...", sie deutete auf die Mauer, "Dort würde ich heiraten... Ich will keine Kinder, die Sklaven sind..."

"Wie sollen wir bitte fliehen? Die Tore sind verschlossen und die Mauer ist zu hoch um drüber zuklettern. Selbst wenn wir einen Aufstand machen würden, würden uns die Wachen massakrieren."

"Ich weiß darum..."

"O Götter! Da bietet dir einmal jemand die Chance an glücklich zu sein und du schlägst aus.

Außer einer eigenen Familie gibt es nix, was wir erreichen können. Bedenk doch: Sklaven sind wir alle. Du warst mal reich. Du weißt wie Fleisch schmeckt, wie es ist auf Polstern zu sitzen, wie sich ein Bett anfühlt... Und trotzdem bist du nicht glücklich. Wir träumen davon unser Leben lang. Alles vergeblich."

"Und ich hab alles verlohren. Wenn ich zurück denke will ich sterben."

"Aber du kannst doch was Neues fingen."

Sie saßen eine Weile still.

"Wenn wir draußen wären hättest du ja gesagt, oder?", fragte Tau.

Schwalbe nickte.

"Wenn das so ist dann komm."

"Wohin?"

"Zu Mutter damit sie uns verheiratet."

"Oh nein."

"Ich kann dich auch gerne tragen."

Tau hob sie hoch und trug sie zu seiner Mutter. Diese war ein wenig überrascht, dass ihr Sohn selbst gewählt hatte, aber gab dann doch ihren Segen. Nun galten sie als Ehepaar. Bald entdeckte ein Treiber die Gruppe von schwatzenden Sklaven und trieb sie mit der Peitsche auseinander. Doch trotzdem war Tau an diesen Tag so glücklich wie noch nie.

Die Kehrseite von WolkenkuckucksheimWhere stories live. Discover now