Syphilis

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In seinen Briefen schrieb Naa, dass er endlich gelernt hatte mit dem Vermögen, dass ihm zustand ordentlich zu wirtschaften. Doch eine große Sorge plagte ihn: Sein Bruder Tang hatte zu seinen Problemen mit Alkohol jetzt auch noch angefangen Opium zu rauchen. Jetzt hatte Tang schon fast seinen ganzen Anteil verprasst, als noch festgestellt wurde, dass er sich bei einer Hure Syphilis geholt hatte. Viel zu spät sah er nun ein, dass er mit seiner Jagt nach Genuss übertrieben hatte. Den Opium war er vorerst los, doch er trank nach wie vor regelmäßig. Zum Schluss wurde Tang so krank, dass Jang Tschu ihn in die Verbotene Stadt holen ließ damit die besten Ärzte Chinas ihn behaldelten.

Als man Tang zu Jang Tschu brachte fiel Jang Tschu das Herz in die Hose. Nix erinnerte mehr an den kräftigen dünnen Sklaven mit dem er aufgewachsen war. Vor ihm lag ein fetter todkranker Mann, der ihn nach einem Glas Reiswein fragte. Todunglücklich fiel Jang Tsch neben dem Bett seines Freundes auf die Knie.

"Wärst du doch bloß noch da unten... Dann würdest du gesund und munter bis du fünzig bist," jammerte er.

"Dort unten hätte ich 50 Jahre ums überleben gekämpft... Jetzt hatte ich wenigstens alles was ich mir wünschen konnte."

"Und was hats dir gebracht? Wenn du nicht aufpasst stirbst du jetzt mit 29!"

"Wieso hätte ich sparen sollen? Ich habe keine Kinder, die mein Geld erben würden. Keine Familie für die ich sorgen muss. Und was im nächsten Leben aus mir wird weiß ich nicht. Aber das wird schon hin kommen. Schließlich hab ich nie jemand wehgetan und nix verbrochen... Was übrig ist werde ich irgenwohin spenden wo es nüzt. Was nützt mir das ganze Geld für mich allein, wenn ich es sowieso nicht genieße? Ein abgestorbener Zeig bin ich, der keinen Sohn hervorbringen kann in dem mein Name weiter lebt. Ich lebe für mich selbst."

Jang Tschu blickte auf. "Wenn du versprichst dich zusammen zureisen, kann ich das ändern."

"Keine Ahnung was du vorhast, aber meinetwegen," schmunzelte Tang.

So sehr Jang Tschu auch versuchte es zu verhindern, fand Tang immer einen Weg ein Schnaps zukommen. Zum Schluss musste Jang Tschu seinen Diener drohen sie auszupeitschen, wenn sie jemals wieder Alkohol in seine Wohnung brachten. Der Arzt des Kaisers gab sein Bestes, doch die Behandlung schlug nur sehr langsam an.

Weil die Verhandlungen des Kaisers zäh liefen, verbrachte er etliche Monate in Japan. Aus Tokyo schrieb er seinem Regenten, dass er höchstwahrscheinlich im Frühling wiederkehren würde. Im Herbst und Winter war die See zu stürmisch und er wollte die Überfahrt nicht riskieren.

Seine dritte Frau war entschwischen im siebten Monat. Alle Versuche das Kind irgendwie zu töten waren erfolglos gewesen. Nun ließ Suhjen sie nicht mehr aus den Augen. Sie durfte die Geburt nicht verpassen.

Eines Tages aß Suhjen mit der dritten Herrin zu mittag. Auf einmal krümmte sich diese stöhnend und fasste sich an den Bauch. Suhjen streckte ihr die Hand hin.

"Schreit bloß nicht. Sonst ist es dein Tod," schärfte sie ihr ein.

Mühsam stand die Herrin auf und ging zu ihrem Bett.

Nach etwa fünf Stunden in Krämpfen kam endlich das Kind zum Vorschein. Bald zappelte eine blutiges kleines Mädchen in Suhjens Armen. Suhjen gab ihr sofort ihre Brust, so dass die kleine aufhörte zu schreien. Dann trennte sie mit ihrem Messer die Nabelschnur ab und wickelte das Kind in ein Handtuch.

"Wie kommt es, dass du ein Messer und ein Tuch dabei hast?", fragte die dritte Herrin erschöpft.

"Glücklicher Zufall nicht wahr?", antwortete Suhjen mit einem vielsagenden Grinsen und wandte sich zum gehen.

"Wohin bringst du sie?"

"Weg. Zu armen Leuten, die sie großziehen werden..."

Stolz zeigte Suhjen ihrem Mann, dass kleine Mädchen. Für dieses Kind hatte Jang Tschu seine Rachepläne aufgeben müssen. Hätte man die Herrin ertappt, hätte man das Kind höchswahrscheinlich getötet und man konnte nicht mal beweisen, dass es vom general stammte. Nun wurde das Mädchen gründlich gewaschen und in frische Windeln gewickelt. Dann trug Jang Tschu sie zu Tang.

Tang lag mit Fieber im Bett. Seine ganze Haut war mit rosa-orangen Geschwüren bedeckt. Die Haare auf seinem Kopf fielen aus. Doch am schlimmsten war, dass sich die Krankheit bereits auf seine Organe ausgebreitet hatte und nun harte Knoten überall in seinem Körper bildete.

Tang blickte von seinem Buch auf, als sein Freund den Raum betrat.

"Was bringst du mir schönes?"; fragte er müde.

Strahlend hielt ihm Jang Tschu das Baby hin.

"Zwar ist es kein Sohn in dem dein Name weiterleben wird, aber eines Tages wird sie die schönste Frau in China sein." Er legte Tang das Kind auf dem Schoß.

"Du bist also Jang Tschus neue Masche um etwas Sinn in mein Dasein zubringen...", schmunzeld hob er sie an. Er wäre sich wahrscheinlich sehr hilflos vorgekommen, hätte er nicht schon tausendmal auf die Kinder seines Bruders aufgepasst.

"Gibt ihr einen Namen," drängte Jang Tschu aufgeregt.

"Ich kann nicht... Nimm sie," seufzend hielt Tang ihm das Mächen hin.

"Wieso?"

"Jang Tschu ich bin völlig am Ende. Sie mich doch an..." er blickte auf die Geschwüre an seinen Armen, "Wäre ich früher gegangen wäre ich gesund und dann könnte ich liebend gerne Vater spielen. Doch die anderen Male hab ich die Geschwüre ignoriert, weil sie sowieso weder wehtaten noch juckten und nach drei vier Monaten selbst heilten. Erst als ich sie im Gesicht bekam, wurden die anderen aufmerksam und überredeten mich zum Arzt zu gehen..."

"Der Doktor meinte man kann viele Jahre lang damit leben bevor die Krankheit an die Nerven geht und man den Verstand verliert."

"Und wenn das bei mir nicht der Fall ist? Ich hab schließlich nie übertrieben gesund gelebt. Was soll sie haben? Einen Vater dessen Körper sich immer wieder mit krusten bedeckt und der verrückt wird wenn sie 15 ist?"

"Wenn du dich am Riemen reißt kannst du geheilt werden. Ich glaube an dich."

"Manchmal frage ich mich ob ich sie nicht anstecke..."

"Heiliges Kaiserreich! Du bist doch kein Kinderschänder!"

"Ich meine über die Haut... Schließlich ist meine ganze Haut befallen, da dachte ich..."

"Hör auf dir Blödsinn einzureden. Kümmer dich doch eine Weile um sie, dann kannst du dich entscheiden."

"Jang Tschu hat mir jemanden gegeben, der mich braucht. Jemand der nicht ohne mich auskommt...", murmelte Tang als er allein war und sah die kleine an, "Muss ich mich wohl um deinetwillen am Riemen reißen... Ich weiß wie du heißen sollst. Dein Name ist Sinn."


Die Kehrseite von WolkenkuckucksheimUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum