Die Höhle des Löwen

6 1 1
                                    


"Das ist alles nur meine Schuld," stammelte sie als sie endlich ihr Haus erreichte. Dies war der Ort wo sie ihre Gefühle zeigen konnte ohne das Gesicht zu verliehren.

"Erzähl mir von ihr," bat Jang Tschu.

"Mutter Sou war meine Amme, sie hat sich von klein auf um mich gekümmert. Meine Mutter habe ich nur an besonderen Anlässen gesehen. Meinen Vater sogar noch seltener... So ist die Tradition," weined vergrub sie ihr Gesicht in Jang Tschus Schulter, "Seit ich denken kann, hat sie sich um mich gekümmert. Sie hat mir Lieder gesungen, Geschichten erzählt, mit mir gespielt... Sogar als mich ihre Sklavin ausversehen hat fallen lassen war sie so wütend als wäre ich ihr eigenes Kind... Die Sklavin wurde nie wieder an mich rangelassen."

"Ich kannte sie..." murmelte Tau, "Sie war die Frau von Chang, meinem besten Freund. Fünf so süße Kinder hatten sie gehabt... Doch die Amme Wang war so wütend, dass sie das Mädchen samt ihrer Familie totprügeln ließ..."

"Zu mir war sie immer so gut," Suhjen warf Tau einen vernichteden Blick zu.

"Jeder ist zu gut zu seinen Lieben. Was wir wirklich sind zeigt sich im Umgang mit denen, die wir nicht gern haben."

Jang Tschu lief es innerlich kalt den Rücken herrunter. Er verdammte die Amme zwar für diesen Mord doch es erinnerte ihn daran wie er den Tod von Shus Vater geplant hatte. Aber er redete sich sofort ein, dass Shus Vater es mehr als verdient hatte und dass es ein schneller und schmerzfreier Tod gewesen war. Zudem hatte nur Shus Vater dafür gebüst, dass er Freude vergewaltigt hatte und nicht die ganze Familie. Es war sein Schicksal gewesen so zu sterben. In diesem Licht sah seine Tat harmlos aus gar nicht zu vergleichen mit der Tat der Amme.

"Ich werde meinem Vater schreiben!", beschloss Suhjen fest.

Den anderen fielen fast die Augen aus dem Kopf.

"Sie werden kommen und uns alle töten!", schrie Schwalbe auf, "Nur wenn der Kaiser sehr gnädig ist lässt er vielleicht dich am Leben und verheiratet dich sonst wo hin."

"Das ist absurd," stimmte Jang Tschu seiner Mutter zu, "Selbst wenn du alleine zu ihm gehst wirst du nie wieder zurückkommen. Die Götter haben uns drei so schöne Kinder geschenkt. Das vierte trägst du gerade. Sollen sie ohne Mutter aufwachsen?"

"Ich weigere mich mein Leben oder das meiner Enkel für die Frau zuopfern, die meinen besten Freund und seine Familie getötet hat," sagte Tau streng.

"Wenn man nach der Regel geht darf man Adligen überhaupt nicht helfen," schrie Suhjen, "Jeder von uns hat ein paar Sklaven auf dem Gewissen. Als ob..." Sie stockte. Ein eisiges Schweigen lag nun im Raum.

"Verzeiht mir..." sagte sie schließlich.

Die anderen schwiegen weiter hin.

"Ist das nu das Ende von allem? Die Krise kommt und die Familie bricht auseinander?", fragte Choi. Die anderen sahen ihn traurig an. "Tau mein Freund, damals als ihr mich aufnahmt hast du einen sehr schönen Satz gesagt. Du sagest, dass wenn dir Sklaven nicht für einander einstehen, niemand für uns einsteht. Jetzt ist die Prinzessin eine von uns..."


Nach einer Zeit begannen Jang Tschu und Suhjen zu überlegen, wie sie der Amme helfen könnten ohne ein großes Risiko einzugehen. Ihm gefiel zwar nicht, dass er der Frau half die den Freund seines Vaters auf dem Gewissen hatte. Aber er sagte sich, dass er auch hinter seiner Mutter stehen würde, wenn sie eine Mörderin wäre. Zu ihrem großen Glück hatte Suhjen einen Sigelring aus der Verbotenen Stadt gerettet. Sie hatte ihn damalsn als Andeken eingepackt. Nun gab er ihr eine Möglichkeit dem Kaiser Briefe zu schicken. Sonst wäre ihre einzige Chance gewesen nach Peking zu gehen und sich zu stellen.

Die Kehrseite von WolkenkuckucksheimWhere stories live. Discover now