Kapitel 23

194 10 0
                                    

Mel und ich liefen schnell den Weg entlang bis uns die Leute auf Station nicht mehr sehen konnten.
Wir lachten beide.
"So umgeht man Regeln.", meinte Mel stolz.
Ich nickte, auch wenn ich ein schlechtes Gewissen hatte. Es war nicht meine Art mich nicht an Regeln zu halten. Ich fühlte mich unwohl, verbarg dies aber vor Mel.
Wir setzten uns auf eine Bank und Mel rauchte eine Zigarette. Ich sah dem Rauch nach. Er verschmolz langsam in der Luft.
"Ähm Kyra.", Mel klang panisch.
Ich sah sie an. Ihre Augen waren weit aufgerissen vor Schreck.
Ich drehte mich um. Ich sah in zwei mir bekannte Augen. Im selben Moment spürte ich ein Tuch über meinem Mund und meiner Nase. Es roch komisch. Langsam wurde alles schwarz und ich fiel und fiel.

Meine Glieder fühlten sich schwer an, als ich aufwachte. Langsam machte ich meine Augen auf. Es war dunkel. Meine Augen gewöhnten sich erst langsam an meine düstere Umgebung. Ich blinzelte und sah mich um. Ich lag auf einer Matraze, sonst war der Raum leer. Es gab keine Fenster, also wusste ich nicht wie viel Uhr wir hatten oder ob es dunkel oder hell draußen war.
Das Zimmer sah alt aus. Ich stand auf und ging zu der Tür. Sie war abgeschlossen. Ich zwang mich nicht die Beherrschung zu verlieren. Trotzdem liefen mir Tränen über die Wangen.
Wo war ich, verdammt nochmal? Panik stieg in mir hoch. Ich wollte hier raus.
Jetzt fing ich doch bitterlich an zu weinen. Ich boxte mit der Faust gegen die Wand und verbiss es mir vor Schmerz aufzuschreien.
Ich setzte mich auf die Matratze und hoffte auf ein Wunder.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, hörte ich Schritte. Ich merkte, wie ich anfing schneller zu atmen. Plötzlich war mir kalt, obwohl es in dem Raum recht warm war.
Ich hörte jeden Schritt. Sie wurden immer lauter. Ich hörte, wie die Tür aufgeschlossen wurde und sich langsam öffnete. Ich sah vorsichtig auf.
Dann sah ich ihm direkt in die Augen. Ich sah ihn das erste Mal direkt an. Es war Jahre her, dass ich ihn das letzte Mal angesehen hatte.
Er grinste mich an. Ich verspürte ein ziehen in meiner Brust. Ich hatte das Gefühl innerlich zu zerplatzen.
"Na Kyra. Endlich hab ich dich wieder. Du bist echt groß geworden, aber du hast immer noch die selben großen blauen Augen.", sagte mein Onkel.
Ich schluckte.
"Lass mich gehen.", nahm ich all meinen Mut zusammen.
Mein Onkel lachte.
"Ich habe so lange auf diesen Moment gewartet. Dich endlich zusehen. Morris hat mich unbewusst genau zu dir geführt. Mein Sohn ist schon toll, ganz im Gegensatz zu dir. Du bist einfach nur nichts. Genau wie deine Mutter."
Tränen bildeten sich in meinen Augen. Es tat weh, dass er so über meine Mutter redete.
"Meine Mama wollte nie, dass ich zu dir komme. Sie was überhaupt nicht wertlos.", widersprach ich und bereute es sofort, als ich einen brennenden Schmerz auf meiner Wange spürte. Ich schmeckte Blut in meinem Mund.
Wortlos verließ Darius den Raum.
Ich wollte hier weg. Ich musste meine Zunge zügeln. Panik machte sich in meiner Brust breit. Ich bekam keine Luft, die Angst schnürte mir die Luft zu. Ich begann schneller zu atmen. Ich nahm Anlauf und rannte mit dem Kopf gegen die Wand. Ich wiederholte dies ein paar Mal. Blut strömte mir die Stirn runter. Starke Arme packten mich von hinten. Vor lauter Raserei hatte ich gar nicht gemerkt, dass mein Onkel durch die Tür gekommen war.
"Hör auf mit dem scheiß! Sag mal, willst du dich umbringen?", schrie er mich an und schüttelte mich.
Ich war ganz benommen. Mir war schlecht.
Darius schleuderte mich auf die Matratze.
Ich schnappte erschrocken nach Luft. Mir wurde schwarz vor Augen.

Ich war in einem leeren Raum. Wo war ich? Vor mir stand eine Frau. Sie war hübsch. Sie hatte dunkle lange Haare und dunkle Augen. Sie lächelte mich an.
"Wer bist du? Wo bin ich?", fragte ich sie.
"Überleg mal.", sagte sie.
Diese Stimme würde ich nie vergessen.
"Bin ich tot?", fühlte es sich so an zu sterben?
Meine Mama lachte.
"Nein, Kyra du bist nicht tot. Du bist total lebendig."
"Das passiert in meinem Kopf oder? Das ist nicht real.", stellte ich fest.
"Ja genau."
Ich drehte mich um. Plötzlich stand ich auf einer Blumenwiese, um mich herum lauter Vögel. Sie waren frei. Ich wollte auch frei sein.
"Du kannst frei sein.", sagte meine Mum, "du musst es nur richtig wollen."
"Warum passiert das alles in meinem Kopf?", fragte ich.
"Du überlebst Kyra. Du bist doch nicht das erste Mal hier."
Ich überlegte und erinnerte mich. Na klar, als Kind war ich oft auf dieser Wiese mit den Vögeln und bin mit ihnen davon geflogen. Ich hob auch jetzt ab. Hinauf zu den Vögeln. Das Gesicht meiner Mutter begleitete mich.
"Was soll ich denn jetzt machen?", meinte ich.
"Leben, Kyra, leben. So wie du es immer machst."
Das Gesicht meiner Mutter verschwandt. Plötzlich fühlte ich mich alleine.
"Mama, komm zurück."
"Du brauchst mich nicht.", hörte ich ihre Stimme.

Just MeWhere stories live. Discover now