Fühlt sich wie fliegen an

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Nürnberg, 24. Oktober 2013

Die Bässe, die laut durch den Club wummerten, pumpten tief in meinen Bauch. Die übertrieben hellen Stroboskoplichter, die durch den großen Raum zuckten, blendeten mich extrem. Der Alkohol, den ich getrunken hatte, schoss durch meine Blutbahn und sorgte dafür, dass ich kaum noch stehen konnte.
Ich hielt mich mit beiden Händen am Tresen der Bar fest und blickte geradeaus auf die Tanzfläche. Benni textete mich schon seit geraumer Zeit zu, doch ich hatte nur Augen für ihn.
Lukas war, zusammen mit Stefan, mitten auf der Tanzfläche und legte einen, vom Alkohol angetriebenen, sehr amüsanten Tanz aufs Parkett. Die meiste Zeit über ließ er völlig übertrieben seine Hüften kreisen. Und verdammt, er hatte einen sehr geschmeidigen Hüftschwung drauf, der mich so langsam völlig verrückt machte.

„Erde an Timi!", brüllte Benni mir ins Ohr.
Nur widerwillig wendete ich meinen Blick von Lukas ab und schaute zu Benni rüber.
„Was los?"
„Kommste mit, was ziehen?", fragte Benni und grinste mich schon voller Vorfreude auf den kommenden Rausch an.
„Weiß nicht", antwortete ich und sah mich unschlüssig im Club um. Wenn ich später völlig drauf sein würde, könnte ich wohl vergessen, dass irgendwas vernünftiges mit Lukas lief, wenn wir im Hotel zurück sein würden. Mein Wunsch, endlich mal mit ihm ein bisschen mehr zur Sache zu kommen, war nämlich mittlerweile sehr, sehr groß geworden.
Auf der anderen Seite jedoch würde Lukas selbst vielleicht nicht mehr im Stande dazu sein, wenn ich ihn mir jetzt so ansah.

Ihm wurde gerade ein ziemlich großes Glas, rein von der Optik her schätzte ich, dass es ein Cuba Libre war, von irgendeinem Mädchen in die Hand gedrückt. Lukas grinste dieses Mädel breit an, dann zog er das ganze Glas auf einmal runter und drückte es ihr wieder in die Hand.
Er hörte kurz auf zu tanzen und sah der Kleinen leicht schwankend in die Augen. Sie drückte einer Freundin das leere Glas in die Hand und schob diese elegant ein Stück zurück, um freie Bahn bei Lukas zu haben.
Das Mädel gab sich alle Mühe der Welt und bot ihm seine ganzen Flirtkünste dar. Das Top wurde ein Stück nach unten gezogen, damit er einen besseren Blick auf ihr nacktes Dekolletee hatte, der Bauch wurde eingezogen, es wurde gelächelt wie ein Honigkuchenpferd und auch die um den Finger gewickelte Haarsträhne, in Verbindung mit einem kecken Augenzwinkern, durfte nicht fehlen.
Lukas im Gegensatz ließ sich davon überhaupt nicht beeindrucken. Er stand einfach nur da und versuchte, sich auf den Beinen zu halten, was ihm augenscheinlich nicht gerade leicht fiel.

Auch, wenn es mir nicht unbedingt gefiel, dass das Mädchen ihn so offensichtlich anbaggerte, hielt sich meine Eifersucht doch sehr in Grenzen. Lukas hatte schließlich Gefühle für mich, wie er mir kürzlich gebeichtet hatte. Sie dagegen war einfach nur irgendeine Fremde, die er wieder vergessen haben würde, sobald sie sich umdrehte.

Sie kam noch ein Stück näher zu Lukas ran und legte ihm jetzt ihre Hand an die Hüfte. Lukas Gesichtsausdruck nach zu urteilen war ihm das nicht gerade sehr angenehm, denn er sah sich hilfesuchend um und taumelte ein Stückchen zurück.
Das Mädel ließ sich davon nicht beirren und ging wieder einen Schritt auf ihn zu. Lukas war mit seinem Blick nun bei mir angekommen und ein kleines Grinsen schlich sich in sein Gesicht. Dann beugte er sich ans Ohr des Mädchens runter und sagte ihr ein paar Worte hinein, die ich wegen der Lautstärke und der Entfernung zwischen uns natürlich nicht verstehen konnte.
Das Mädchen kicherte ein wenig und Lukas beugte sich nochmal zu ihr herunter. Doch diesmal gelang es ihm nicht, etwas zu sagen. Die Kohlensäure des gerade runter gestürzten Getränks bahnte sich unaufhaltsam ihren Weg an die Oberfläche und er rülpste ihr versehentlich ins Ohr. Die Kleine sprang mit einem höchst angewiderten Gesichtsausdruck zur Seite und machte sich dann genauso schnell wieder aus dem Staub, wie sie aufgetaucht war.

„Ups", sagte Lukas und bekam einen heftigen Schluckauf, als er dann kurz darauf neben mir stand und sich am Tresen festhielt.
„Sehr charmant, Lukas", sagte ich lachend und stützte ihn ein wenig von der Seite, damit er nicht umfiel. Auch ich schwankte dadurch etwas mehr, aber ich bekam es irgendwie hin, uns aufrecht zu halten.
„So war das nicht geplant", schrie er mir viel zu laut ins Ohr.
Ich nahm meinen Kopf ein Stück zurück, um keine bleibenden Schäden zurückzubehalten und grinste ihn an.
„Was wollte die?", fragte ich und hoffte, dabei nicht wie ein eifersüchtiges Eheweib rüber zu kommen.
„Das war ein Fan!", rief Lukas und rückte wieder ein bisschen näher zu mir hin. „Sie wollte sich einfach nur für meine Existenz bedanken!"
„Ah ja", sagte ich amüsiert. Dann drückte ich ihm den Schnaps, den Benni kurz zuvor für mich bestellt hatte, in die Hand. „Dann mal Prost auf deine Eltern, weil sie dich produziert haben, oder?"

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