Von Eifersucht und ehrlichen Worten

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Frankfurt am Main, 28. Oktober 2013


Der Rest dieses Morgens war recht entspannt verlaufen. Da Marcels neues Betthäschen sich sehr früh schon auf den Weg zu ihrem Seminar gemacht hatte, hatte der sich beim Frühstück zu uns gesetzt und sich ausführlich unsere bisherigen Erlebnisse auf Tour schildern lassen.
Anschließend hatten wir einfach bis zum Nachmittag zusammen im Wellnessbereich des Hotels abgehangen, bis Igor, Stefan und Benni sich ziemlich früh wieder auf ihre Zimmer verzogen hatten.
Die drei waren noch immer etwas zerstört von letzter Nacht. Da Lukas und ich für unser nächtliches Abenteuer sehr nüchtern geblieben waren, waren wir heute deshalb viel fitter als die anderen und dementsprechend gewillt, noch etwas zu unternehmen.

Darum hatten wir uns dann, als Marcels Flamme ihr Seminar am frühen Nachmittag überstanden hatte, zu viert auf den Weg gemacht, um ein bisschen was von der Stadt zu sehen. Lukas hatte zuvor noch ein kurzes Interview gegeben und ansonsten gab es heute am Off-Day nichts weiter zu tun, weswegen wir uns diese Freiheit nehmen konnten.

Obwohl ich Marcel so taufrisch alles erzählt hatte, was in der Nacht passiert war, ließ er sich absolut nichts anmerken, was ich wirklich erstaunlich fand. Ich könnte nicht mit Sicherheit sagen, dass ich das an seiner Stelle genauso gut hinbekommen würde. Er musste doch jetzt alle möglichen Bilder im Kopf haben.

„Ich denke, du kannst deine Sonnenbrille hier drin mal abnehmen", sagte ich zu Lukas, als wir in der S-Bahn Richtung Hauptbahnhof saßen.
„Wenn wir dann aber in einer Mädchentraube feststecken, ist das deine Schuld", erwiderte er schmunzelnd, zog die Kapuze seines Hoodies herunter und steckte seine Sonnenbrille, mit der er übrigens unglaublich heiß aussah, ein.
„Wir werden dich dann schon wieder rausbekommen", meinte ich und stieß mit meinem Knie an seines.

Doch auch drei Stationen weiter war Lukas noch immer von den von ihm erwarteten Überfällen verschont geblieben.
„Es guckt ja gar keiner", murmelte er und zog eine Schnute.
„Naja, du bist ja jetzt auch nicht gerade Robbie Williams oder so", sagte Marcel.
Lukas lachte auf und trat Marcel leicht ans Schienbein. „Das war ein Witz."

Als die Bahn nach einem Stopp an einer Haltestelle weiterfuhr, quetschte sich eine ziemlich korpulente Frau an unserem Vierer vorbei, sodass ich gezwungen wurde, ein gutes Stück näher zu Lukas rüber zu rutschen, um nicht von meinem Sitz abgeräumt zu werden.
Sofort nahm ich seinen betörenden Geruch, eine Mischung aus ihm und seinem Parfum wahr, der mich wieder einmal total verrückt machte.
Ich beschloss in diesem Moment herauszufinden, was für ein Parfum genau das war. Wenn ich dann nach der Tour zuhause in Bielefeld sein würde, wollte ich mein Kopfkissen auf jeden Fall damit einsprühen, wenn er schon nicht immer bei mir sein würde.

Auch als die Dame schon längst an uns vorbei gegangen war, hing ich noch immer halb auf Lukas, weil ich mich einfach nicht von ihm lösen konnte. Am liebsten wäre ich hier und jetzt auf seinen Schoß geklettert, um ihn stundenlang zu küssen.
Ich nahm noch einen tiefen Atemzug und rutschte nur äußerst widerwillig auf meinen Platz zurück.
Offenbar war mein kleiner schwärmerischer Anfall nicht ganz unbemerkt geblieben. Als ich in Marcels Gesicht sah, grinste dieser mich total breit an. Ich warf auch einen Blick auf Marcels Begleitung. Sie grinste ebenfalls und mir wurde direkt total heiß. Hatte Marcel ihr etwa von Lukas und mir erzählt? Einer völlig Fremden?

„Ich...ähm...wir... wir müssen gleich raus", stammelte ich, als die Bahn die Haltestelle Taunusanlage verlassen hatte und stand auf, wobei ich mich fast hinlegte, weil ich über das Rad eines Kinderwagens stolperte.
„Gott Timi, mach langsam", rief Marcel mir schmunzelnd nach. Alleine am Tonfall seiner Stimme konnte ich erkennen, dass er die Situation gerade ganz genau mitgeschnitten hatte.

Zehn SekundenWhere stories live. Discover now