Tanzt ihr Stricher, der König hat Laune!

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Mannheim, 31. Oktober 2013

Nachdem wir das Essen, das Lukas in der Hotelküche für uns gekocht hatte, verschlungen hatten, machten wir zusammen alles wieder sauber, um unsere Spuren zu verwischen. Beziehungsweise Lukas machte sauber, wenn man es genauer nahm. Ich hatte meinen Teller einfach nur kurz unter fließendes Wasser gehalten und dann notdürftig mit irgendeinem alten Lappen abgetrocknet und das für gut genug befunden. Lukas bekam daraufhin einen halben Herzinfarkt, spülte meinen Teller nochmal gründlich und um seine Nerven nicht weiter zu strapazieren, setzte ich mich auf die Küchentheke und schaute ihm dabei zu, wie er auch den ganzen Rest noch alleine wegspülte und ordentlich wieder in die Schränke räumte.
Da wir vorhin, als wir in die Hotelbar eingebrochen waren, und auch später noch beim Essen ganz schön viel getrunken hatten (Lukas geschätzt das doppelte von dem, was ich getrunken hatte), war er bei allem, was er tat, ziemlich unkoordiniert und musste sich richtig Mühe geben, das einigermaßen zu meistern.

„Ich freu mich schon drauf, dass du nach der Tour noch mit mir kommst", sagte ich grinsend und tippte mit meiner Fußspitze seinen Hintern an, als er sich direkt vor mir zu einem Schrank hinunter beugte. Lukas kippte ganz langsam nach vorne und kniete nun im untersten Fach des Schranks, das glücklicherweise so groß war, dass er sich trotz seiner Körpergröße nicht den Kopf anstieß.

„Das kann ich mir gut vorstellen", hörte ich ihn leise ins Innere des Schranks murmeln. „Glaub bloß nicht, dass ich dir dann dein komplettes Haus aufräume."
Ich grinste nur und kurz darauf drehte Lukas sich um, um mir ins Gesicht zu sehen. „Warum sagst du nix? Ich räum dein Chaos nicht weg!"
„Das sagst du jetzt."
„Timi. Ist so!", sagte er und sah mich total ernst an. Kurz darauf musste er jedoch selber lachen.

Lukas war schon öfter bei mir in Bielefeld gewesen und jedes einzelne Mal hatte er natürlich doch ein bisschen bei mir aufgeräumt. Ich hatte ihm jedes mal, wenn er damit angefangen hatte, gesagt, dass er das nicht tun sollte. Er meinte dann aber, dass ihn das irgendwie entspannte und dass so wie ich seiner Meinung nach kein Mensch leben könne und er mich vorm Ersticken in meinem eigenen Chaos retten müsste.

„Naja, diesmal haben wir wohl tatsächlich besseres zu tun", meinte ich und zündete mir eine Zigarette an.
„Die ersten drei Tage werden wir das Bett hoffentlich nicht verlassen", erwiderte Lukas und grinste. Kurz darauf erstarb sein Grinsen jedoch wieder und er sah genervt auf meine Zigarette, deren Asche gerade auf den Boden hinabfiel.
„Ups", flüsterte ich und zertrat die Asche mit meinem Fuß auf dem Boden.
Lukas schüttelte den Kopf, krabbelte aus dem Schrank raus, nahm einen Lappen, machte ihn unter dem Wasserhahn nass und ging erneut auf die Knie, um den Boden ein zweites Mal sauber zu wischen.
„Und wenn ich in Bielefeld auf die Knie geh, dann nur, um dir deinen Schwanz zu lutschen!"

Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg und griff nach der Flasche Wein, die noch halbvoll neben mir stand. Lukas warf den Lappen in den Müll, zog sich an der Theke wieder nach oben und setzte sich neben mich.
„Sauf nicht alles alleine, du verträgst eh nichts!", sagte er und nahm mir die Flasche aus der Hand.
„Das ist so ungefähr mein zweiter Schluck, du hast eigentlich alles alleine gesoffen", protestierte ich.
„Stimmt doch gar nicht", schaubte Lukas und nahm einen großen Schluck. Ganz vorsichtig drückte ich meine nun aufgerauchte Zigarette im Waschbecken aus.
„Nicht meckern. Wenn wir gehen, nehm ich die Kippe mit, okay?"
„Ich sag ja gar nichts."
„Wolltest du aber!"
„Du tust ja gerade so, als ob ich total der Sauberkeitsfanatiker wäre."
„Bist du ja auch."
„Ich will einfach nur nicht im Dreck leben!"

Wir grinsten uns an, dann gab Lukas mir einen flüchtigen, nach Rotwein schmeckenden Kuss.
„Bist du sicher, dass wir alles weggeräumt haben?", fragte er und sah sich skeptisch um.
„Selbst wenn nicht, was soll schon passieren? Wie soll denn die Straftat heißen? Unerlaubtes Kochen?"
„Keine Ahnung. Einbruch?"
„Wir haben ein Zimmer in diesem Hotel und die Tür zur Küche war nicht abgeschlossen. Außerdem hängt hier nirgendwo ein Schild auf dem steht, dass Gäste nicht in die Küche dürfen."
„Weil so etwas selbstverständlich ist, vielleicht?"
Ich lachte. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir vor Gericht davonkommen. Alles spricht für uns."
Lukas grinste und nahm einen weiteren, großen Schluck von dem Wein. „Na ich weiß nicht! Die Küche war zwar nicht abgesperrt, aber in die Bar vorhin sind wir definitiv eingebrochen. Wie der letzte Gangster hast du das Schloss geknackt, und das mit nur zwei Haarklammern! Das war voll kriminell, Timi. Damit kommen wir nicht so einfach davon. Jeden Moment wird ein SEK mit dem Hubschrauber über dem Hotel kreisen und bevor wir gecheckt haben was da gerade passiert, seilen sie sich hier runter in die Küche ab."
„Jo und dann strecken sie uns mit einem Nudelholz nieder und sie fliegen uns auf eine einsame Insel mit Hochsicherheitsgefängnis und dort kommen wir direkt in die Todeszelle."
Wir lachten beide und dann nahm Lukas bereits den letzten, großen Schluck aus der Flasche.

Zehn SekundenWhere stories live. Discover now