Erstes Kapitel

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Ich folgte den zwei Personen, die von Mr. DeQuincy den Auftrag erhalten hatten, mich sofort zu ihm zu bringen. Worüber ich eigentlich auch ziemlich erleichtert war, da ich weder wusste wo ich mich gerade befand noch wie ich hier wieder heraus kommen könnte. Das Londoner Institut war das reinste Labyrinth aus Korridoren und Hallen, sodass ich sowohl meinen Orientierungssinn als auch mein Zeitgefühl verloren hatte.

Sie sollten sich beeilen, da ich nicht sonderlich Gefallen an der Idee gefunden habe, noch länger als nötig mich hier aufzuhalten. Nicht, dass mich etwas zuhause hielt, dennoch jagte es mir ungemeine Angst ein, nicht zu wissen, was auf mich zukommen würde. Keine Ahnung von dieser Welt zu haben und nicht den geringsten Schimmer, wie ich hier wieder hinaus finden könnte. Mich beunruhigte der Gedanke, dass Mr. DeQuincy mich zu sich bestellen ließ und mich nicht auf eigener Faust aufsuchte. Wieso dieser Aufwand? Wieso diese geheuchelte Förmlichkeiten? Kein Sekretariat, kein Quarterback und kein Unterricht. Eigentlich erbärmlich, dass sich ein mulmiges Gefühl in meiner Magengegend festsetzte.

Mit welcher Tinte hast du dich jetzt schon wieder beschmiert, Eve! Und wie weit musst du tauchen, um dich von ihr wieder zu befreien.

Noch bevor ich restlos in den Wirren meines überforderten Gehirns versinken konnte, erreichten wir als Dreiergespann eine reichverzierte Halle, die mir auf eine unheimliche Weise bekannt vorkam. Zweifelnd drehte ich mich um die eigene Achse, um den Grund für das Gefühl, diese Wände und Säulen schon einmal gesehen zu haben, zu finden. Schwere Eichenholztüren befanden sich in regelmäßigen Abständen an der dunkelroten Wand des runden Raumes. Zahlreiche Gemälde und Wandteppiche zierten das Gesamtbild und zeigten alle die selbe angsteinflößende Bildszene. Kämpfende Kreaturen wie DeQuincy, begleitet von Feuerwogen und Blitzkugeln aus funkelnder knisternder Elektrizität, die die jeweiligen Gegner zu Boden streckten.

Und das Außergewöhnlichste wahren die Stimmen, die mich, seitdem ich diese Halle betreten hatte, verfolgten. Unzählige Schüler und Lehrer drängten sich an mir vorbei und eilten schnellen Schrittes die Korridore hinab oder verschwanden hinter einer der geschlossenen Eichenholztüren. Niemand achtete auf die unheimliche Schönheit dieser Halle oder betrachtete die Säulen und Steinkreaturen, die sich um die Bögen oder Türen schlangen und wanden. Leise flüsternd und erzählend waren sie auf dem Weg zu ihren Räumen und gingen ihres schlichten Weges.

Wie kann so etwas nur im Schatten der Gesellschaft liegen ohne dass sie die Außenwelt witterten? Nach ihr verlangten? Wie kann die Welt dort draußen nichts von dieser verborgenen Gesellschaft erfahren? Es muss doch Lücken geben. Informationen, die nach draußen sickern. Mein Dad wusste von ihnen, dem war ich mir sicher. Doch wer noch? Wer noch, ohne das die Welt außer Fugen gerät? Es schien mir unmöglich und doch musste es wahr sein. Sie waren anders. Dass spürte ich. Doch ihre Auswirkungen kannte ich nicht. Ich kannte nur meine Angst vor ihnen und den Zorn, den mein Vater gegen sie hegte.

Ein drängendes Räuspern ließ mich erschrocken zusammen zucken und drängte mich dazu, meine Aufmerksamkeit wieder dem Geschehen vor mir zu widmen.

„Miss Evelyn Hunter, wir haben nicht annähernd so viel Zeit, wie sie benötigen, um dies hier zu verarbeiten. Wir müssen Sie leider auffordern, unseren Weg fortzusetzen! Mr. DeQuincy achtet Zuspätkommen nicht", bemerkte er missbilligend und forderte mich Kopf schüttelnd auf ihm zu folgen.

Zerstreut und verwirrt versuchte ich vergeblich mit seinen schnellen Schritten mitzuhalten, während er verachtend zu meinem anderen Begleiter aufschloss.

Zusammen brachten sie mich in einen Art verschlungenen Innenhof. Ein Springbrunnen schmückte den kleinen Platz, der mit zahlreichen Bäumen als ein Schatten spendender Park diente. Efeu und andere Schlingpflanzen rankten um das alte Gestein und tiefhängende Äste verliehen dem Ganzen etwas magisches.

Wächter der ZeitWhere stories live. Discover now