Vierzehntes Kapitel

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Als ich wieder zu mir kam war alles weiß und von einem gleißenden Licht erhellt, dass mich derartig blendete, dass ich mich kämpfend den Drang, meine Augen wieder zu schließen, widersetzen musste. Mein Kopf fühlte sich seltsam leer an, einzig und allein durch das stetige dumpfe Pochen ausgefüllt, dass meine Schädeldecke vibrieren und mich einen erstickten Laut von mich geben ließ. Es war dieses ziehende Gefühl in meiner Magengrube, dass mir deutlich machte, dass hier etwas gewaltig schief gelaufen war und als ich zittrig die Lider bewegte, konnte ich nur schemenhaft wahrnehmen, wie sich verzogene Schatten vor mir bewegten. Wie aus weiter Entfernung drangen Stimmen an mein Ohr, die jedoch von dem stetigen Rauschen meines eigenen Blutes übertönt wurden, weshalb ich nur kleine Fetzen von dem verstand, was sie von sich gaben. Die, die nun vor mir zu einem endlosen Band aus Farben verschwommen und mir unmenschliche Kopfschmerzen bereiteten.

Vergeblich versuchte ich genug Sauerstoff in meine Lungen zu befördern, die unter dem wachsenden Druck zu zerbersten drohten. Mein geschwächtes Herz flatterte aufgeregt in meiner Brust, als wolle es sich von der Last befreien, die nun auf ihm lastete. Brustkorb hob und senkte sich viel zu schnell und ich bezweifelte, dass ich mich wirklich in einem stabilen ausgezeichneten Gesundheitszustand war. Befriedigend vielleicht, aber nicht ausreichend. Es fühlte sich an, als sei ich unter Wasser. Über mir die glitzernde Oberfläche, die jedoch immer weiter zu schwinden schien, sich von mir entfernte, als würde ich immer weiter in die Tiefe gezogen werden, während meine Lungenflügel kapitulierten und mein Schädel sich anfühlte, als würde er jeden Moment explodieren. Noch nie zuvor hatte ich mich dermaßen schlecht gefühlt. Es lag nicht nur an dem Schaden meines Körpers, der mir zu schaffen machte. Sondern auch an dem Gewissen, an der Stimme, die mir zuflüsterte, ich habe es noch schaffen können, hätte ich nur weiter gekämpft. Ich hätte sie zurück ins Leben holen können, hätte ich keine Schwäche gezeigt. Es war wie in einem endlosen schwarzen Strudel aus Stimmen, die ich nicht zuordnen konnte. Waren sie von mir, stammten sie aus dem Hirngespinst, das einzige, zu dem ich im Moment imstande war? Oder sprachen die anderen so über mich?

Hättest du nur weiter gekämpft säuselte sie und schien sich königlich darüber zu amüsieren, dass ich augenblicklich meine Lippen zusammen presste und ein Schluchzen von mir gab, dass meinen Körper erbeben ließ. Es war wie eine Welle, die plötzlich die Mauern niederriss und mich endlich zurückholte. Die mich aus meiner wirren Gedankenwelt in die Wirklichkeit beförderte und mich hektisch Luft holen ließ.

Augenblicklich schlug ich meine Augen bei vollem Bewusstsein auf. Nun konnte ich gestochen scharf erkennen, wer sich alles um mich gescharrt hatte. Um ein hartes Bett mit weißer Bettwäsche in einem schneeweißen Zimmer. Kahle Wände und ein weißer Linoleumboden. Es roch stechend noch Desinfektionsmittel, welches in meinen Augen brannte. Genauso wie das kalte Licht, dass aus einer klobigen Lampe über der Tür stammte. Überall waren Schläuche mit durchsichtigen Flüssigkeit. Einer führte in meinem lädierten Handgelenk, das mir in unterschiedlichen Violetttönen ins Auge stach, ein anderes in meinen Oberarm. Sie machten mich nervös und erst konnte ich nicht realisieren, was sie genau für eine Funktion hatten. Als sei mein Gehirn plötzlich ausgeschaltet, als habe sich ein unsichtbarer Schalter umgelegt, begann mein Herz zu rasen und ich hatte Mühe, nicht in die verlockende Schwärze wieder hinabzusinken, die mir wie eine stille Erlösung vorkam.

Das schreckliche Gemurmel war verstummt und die wenigen Wächter, die bei mir waren, hatten sich über mich gelehnt. Ich konnte Kates hysterische Stimme direkt über meinem Gesicht vernehmen, die mich hektisch aufforderte, nicht wieder in der Ohnmacht zu versinken. Doch mein ganzer Körper sehnte sich wieder danach, diesem verwirrenden Getue zu entkommen. Vielleicht war ich ja am Ende und konnte einfach nicht mehr.

Das war albern. Noch nicht einmal kämpfen musste ich und doch fühlte ich mich, als sei ich dem Tod gerade noch entkommen. Es war lächerlich, dass ich einen Zusammenbruch erlitten habe, nur wegen der Lache Blut, in dem das Opfer gelegen hatte. Meine Brust zog sich schmerzlich zusammen, als ich daran dachte, wer in dieser bizarren Nacht sein Leben verloren hatte.

Wächter der ZeitWhere stories live. Discover now