Kapitel 11

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Es war Meg gewesen, die sich entschuldigen wollte. Überraschend war es, da sie dies nie tat. Meist war sie so störrisch, dass es mehrere Tage dauerte, bis sie sich dir gegenüber wieder normal verhielt. Da ich ihr schon längst verziehen hatte, auch wenn ich die Aktion mit Filipe immernoch scheiße fand, nahm ich sie in den Arm und wir verbrachten einen schönen Nachmittag in meinem Zimmer mit jeder Menge Klatsch, Schokolade und Büchern.

Dann kam der nächste Morgen und gleich beim aufwachen fiel mir ein, dass wir heute das zweite Mal Sozialkunde in der Woche hatten. Das bedeutete, ich würde heute Noan wiedersehen und wir würden heute wieder zusammen arbeiten müssen. Vielleicht war er ja dieses Mal netter zu mir, hoffte ich. Denn schließlich wollte er mich gestern verteidigen und hatte mich bei Spitznamen genannt, das musste doch irgendwas heißen.

Meine übliche morgendliche Müdigkeit übermannte mich fast am Küchentisch und ich konnte meinen Kopf gerade noch davon abhalten, in die Müslischale zu fallen. Doch hauchte mir das frisch gekühlte Glas mit Orangensaft etwas Motivation und Kraft ein, sodass ich zumindest einigermaßen motiviert in den Tag starten konnte.

In unserem kleinen Flur dachte ich sogar daran, mir eine Mütze aufzusetzen und einen Schal um meinen Hals zu legen. Schnell schlüpfte ich in meine braunen Boots und zog die dunkelblaue Winterjacke bis nach oben zu.  Ich war nun eindeutig gut eingepackt und konnte nach einem kurzen Blick in den Spiegel nach draußen gehen.

Auf dem halben Weg in die Schule fällt mir ein, dass ich meinen Schlüssel vergessen habe und renne hastig wieder zurück. Meine Mama wartete an der Haustür auf mich und drückte mir schnell den Schlüssel in die Hand, bevor sie mich mit einem Kuss auf die Stirn verabschiedete.

Schnell rannte ich die Straße runter bis zur Schule und betrat gerade noch rechtzeitig das Klassenzimmer von unserem Kunstunterricht . Obwohl es noch nicht geklingelt hatte, waren alle schon da und als ich den Raum betrat lagen alle Blicke auf mir. Kunst war eines der Fächer, in dem wir gemischte Klassen hatten, genauso wie Sozialkunde, Religion und Musik.

In meinem Kunstkurs saß auch Noan, der mich etwas länger anschaute als die anderen. Doch da ich zurückschaute, blickte er schnell zurück zu Alex, welcher sich neben ihm mit einem Mädchen unterhielt. Das arme Mädchen, dachte ich mir und ließ mich auf meinen Platz am anderen Ende der Klasse sinken. Leider war Meg nicht in diesem Kurs und der Platz rechts neben mir war seit einem halben Jahr leer. Rechts von mir saß ein idiotischer Junge, mit dem ich gar nicht erst reden wollte.

Mit dem Kunstlehrer hatte ich dieses Jahr Glück gehabt, denn er war nett, verstand etwas von wirklicher Kunst und ließ uns mit Kopfhörer Musik hören. Die Stunden arbeitete ich still vor mich, bis sich plötzlich jemand neben mir nieder ließ. Überrascht schaute ich auf und entdeckte Noan. Verwirrt runzelte ich die Stirn und wurde sogleich nervös. Ich wollte nicht, dass Noan meine Bilder sah, da sie viel zu persönlich waren.

Doch schien Noan sehr unerfreut darüber neben mir zu sitzen. Sogar die Kappe hatte er abziehen müssen und seine Haare lagen, wie immer perfekt auf seinem Kopf. Mit vor Verärgerung zusammengezogenen Augenbrauen packte er sein Mäppchen wieder aus und klappte seinen Block auf. Ich wollte einen Blick auf sein Bild werfen, doch er fauchte mich an: ,,Wage es ja nicht!"

Er hatte Recht, denn ich wollte ja auch nicht, dass er mein Bild sah und so schaute ich still auf mein Blatt. Tatsächlich glaubte ich nicht wirklich, dass er mit mir reden wollte und so steckte ich die Kopfhörer wieder in meine Ohren und hörte weiter Bakermat zu.

Es stellte sich so raus, wie ich es mir gedacht hatte und so schwiegen wir die anderthalb Stunden vor uns hin. Auch die darauffolgenden Stunden in Mathe stellten sich als äußerst langweilig heraus. Doch das hatte ich vorher schon erwartet. Generell schienen Alex und Noan heute recht friedlich gestimmt zu sein oder die gestrige Standpauke hatte ihnen vorerst gereicht oder sie waren einfach zu müde, um sich irgendetwas neues, gemeines auszudenken. Die letzte Variante erschien mir am warscheinlichsten und so kam ich mit einem eher mulmigen Gefühl zu Sozialkunde.

You're gay- that's the problem #platinawards2018Where stories live. Discover now