|2| - Eine Frage der Zeit

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2019, Palles PoV:

"Henry, bitte komm! Papa wartet..", rief ich in die Kita hinein und schaute von meinem Handy auf meinen Sohn hinab, welcher sich schmollend in eine Ecke gestellt hatte und mit seinen kleinen Fäustchen fest seinen geliebten Kuschelhasen festklammerte. So stolz ich auch auf mein leibliches Kind war, manchmal waren meine Nerven einfach zum Zerreißen gespannt. Sophie und ich hatten uns dazu geeinigt, dass ich mich ums Kind kümmern würde, da mein Job in der Eisdiele nicht viel Zeit in Anspruch nahm und sie ihre Karriere als Allgemeinmedizinerin weiter ausbauen konnte. Aber, dass das Vatersein so anstrengend sein würde, konnte ich nicht ahnen. Denn Henry war zwar ein sehr süßer, niedlicher und verspielter Junge, aber ebenso auch rotzfrech. Und wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann tat er alles daran, seinen Plan Wirklichkeit werden zu lassen. Und er wollte natürlich immer das, was seine Eltern nicht wollten. Und um das durchzusetzen, griff er manchmal auch zur Methode der Tränen oder des Schreiens, was einen natürlich nicht gerade beruhigte.

"Nicht ohne Kuschel!", protestierte er nun und starrte mit seinen braunen Augen böse zu mir auf.

"Kuschel gehört dir aber nicht, Liebling. Er gehört Sarah. Also gib ihn ihr zurück.", redete ich auf ihn ein und versuchte meine genervte Stimme unter Kontrolle zu halten und sie ruhig zu lassen. "Sarah doof. Kuschel bleibt bei Henry.", klagte mein Sohn und drückte den Hasen noch enger an sein rotes Feuerwehr-Shirt. "Bin nicht doof! Du doof! Kuschel ist meins!", mischte sich nun auch noch die kleine Sarah mit den Teufelszöpfen ein, deren volle Backen mit Tränen verschmiert waren.

"Henry, Schatz. Denk doch mal nach. Stell dir mal vor, Sarah würde dir Edgar nehmen. Wie würdest du dich dann fühlen?", fragte ich sanft und kniete mich herunter, um mit dem bockigen Kleinkind ungefähr auf einer Höhe zu sein.

"Traurig.", gestand Henry und seine braunen Augen weiteten sich. "Edgar ist meins."

"Aber genauso fühlt sich Sarah gerade. Kuschel ist für sie so wichtig wie Edgar für dich...", erklärte ich und legte meine Hände sanft auf die zerbrechlichen Schultern meines Kindes, während dieser sein Gesicht verzog und meinem Blick auswich. Gerade so, als würde er nachdenken, man merkte richtig, wie es hinter seiner zarten Kinderstirn arbeitete, denn sein Mund verzog sich immer in die verschiedensten Richtungen. Doch dann fing er an zu lächeln und hoppelte auf seinen kurzen, dicken Beinchen zu Sarah, welcher er den Plüschhasen in die Hand drückte und sie dann stürmisch umarmte.

"Entschuldigung Sarah.", nuschelte er dabei und die Miene des kleinen Mädchens hellte sich auf, als sie seine Umarmung erwiderte.

"Gut gemacht, Henry.", lobte ich meinen Sohn erschöpft und merkte richtig, wie mir ein Stein vom Herzen fiel. "Dann können wir ja jetzt nachhause. Das Bettchen wartet.", lächelte ich und pflückte Henry vom Boden, um ihn auf den Arm zu nehmen. "Will nicht.", fing dieser schon wieder an zu protestieren, aber ich sah an seinen stumpfen Augen, dass er müde war. "Aber Edgar ist in deinem Bettchen. Ihr könnt zumindest ein bisschen kuscheln.", versuchte ich ihn zu überzeugen und verließ die Kita, auf dem Weg zu meinem Auto.

"Kuscheln!", rief das Kind auf meinem Arm begeistert und legte lächelnd seinen kleinen Kopf auf meine Schulter. "Henry mag Kuscheln!"

"Ich weiß.", lächelte ich und setzte den kleinen Körper in seinen Kindersitz auf der Rückbank und schnallte ihn an. Und Henry sah müde, aber auch glücklich dabei zu, sodass ich einfach in sein wunderschönes Gesicht gucken musste. Er war das Ebenbild eines hübschen Kindes. Und er sah mir so ähnlich. Diese großen, knuffig braunen Teddybäraugen hatte er definitiv von mir. Und diese markanten Wangenknochen, die zwar noch unter Babyspeck verborgen lagen, zeichneten sich schon ganz leicht ab. Und auch seine schmalen, rosa Lippen hatte er von mir. Bloß die kleine Stupsnase hatte er von Sophie. Und seine Haare. Die waren nämlich überhaupt nicht meine. Sie waren nämlich blond und standen wie kleine Korkenzieher in alle Richtungen vom Kopf ab. Seine Mutter hatte zwar blonde Haare, woher vermutlich seine Haarfarbe stammt, aber wo diese wilden Locken herkommen, ist uns ein Rätsel. Denn weder Sophie noch ich haben Locken. Meine Haare sind nämlich braun und komplett glatt, während Sophies Spitzen ein bisschen gewellt sind. Aber so eine richtige Löwenmähne wie Henry hatte sie nicht. Allgemein fand ich ihn aber sehr süß. Seine Augen spielten eine gewisse Unschuld, Sanftmut und Liebe aus, während seine Locken ihn wild und chaotisch aussehen ließen. Es war das komplette Gegenstück. Allgemein waren Kinder mit blonden Haaren und braunen Augen echt selten und ich war stolz darauf, dass gerade mein Kind, mein Fleisch und Blut so etwas Besonderes war.

Einen Sohn hatte ich mir nämlich schon immer gewünscht, aber Henry war besser, als alles, was man sich vrostellen konnte. Allein der Gedanke, dass Henry meine Gene und mein Erbgut in sich trug, dass er mein Blut teilte und eigentlich ein kleiner Mini-Patrick war, machte mich so unglaublich glücklich. Nur war ich manchmal etwas enttäuscht, dass der Kleine auch Sophies Kind war. Warum? Keine Ahnung. Normalerweise freuten sich Eltern, dass das Kind eine Mischung aus ihnen war und waren stolz, dass es das war, was sie für immer binden würde. Doch bei mir war das nicht so. Schon seitdem Sophie mir erzählt hatte, dass sie schwanger sei, hatte ich ein merkwürdiges Gefühl im Bauch. Seitdem war die Stimmung zwischen uns angespannt. Wir hatten jetzt schon seit zwei Jahren keinen Sex mehr und auch küssen taten wir uns nur noch selten. Allgemein war sie im Moment nicht mehr für mich als die Mutter meines Sohnes und meine Mitbewohnerin. Wie eine Beziehung fühlte es sich auf jeden Fall nicht mehr an.

Und manchmal stimmte mich das traurig.

Denn ich wusste, es war nur eine Frage der Zeit, bis einer von uns in einem Streit, den wir mittlerweile täglich hatten, einen Schlussstrich ziehen würde. Die Frage war nur, wer würde dann Henry bekommen? Denn ich würde ohne mein Kind nicht mehr glücklich sein können.

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Der zweite Teil kommt heute auch schon, damit ihr mehr als ein Kapitel habt! Das Prinzip des Vorschreibens gefällt mir ganz gut. So hat man den ganzen Stress nicht mehr. :D

Liebe euch! <3

~GEBACKENEZUCCHINI


-DAMALS.- | #kürbistumor #glpalleWhere stories live. Discover now