|11| - Der Muskelmann

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Palles PoV, 2004:

Wir fanden Manu nicht wieder. Ein Blick über den Strand genügte, der dünne, dunkelhaarige Junge war gegangen. War da ein Funken Enttäuschung in meiner Brust? Bestimmt nicht. Das bildete ich mir nur ein. Ich kannte Manuel ja gar nicht. Und es war extrem unhöflich, einfach zu gehen ohne sich verabschiedet zu haben. Noch nicht mal eine Nachricht hatte er hinterlassen. Alles von ihm war weg.

"Lasst uns zurück gehen. Manuel könnte überall sein. Es macht keinen Sinn, jetzt nach ihm zu suchen. Vermutlich ist er einfach zu seiner Familie gegangen.", sagte Fabi bloß beschwichtigend und wir machten und gemeinsam, tropfend vom Wasser, auf den Weg zurück zum Ferienlager. Irgendwie machte ich mir schon Sorgen. Klar, ich kannte diesen Manuel nicht wirklich und vielleicht war er einfach ein Mensch, der gerne abhaute ohne etwas zu sagen, aber es war schon eine recht merkwürdige Vorstellung.

Als wir auf dem Feriengelände angelangt waren, hatte das Abendessen schon begonnen und wir gingen bloß schnell zum Zelt, um uns etwas Angemesseneres anzuziehen, wobei ich mich für ein dunkelrotes Tanktop und eine schwarze Jeans entschied.

"Patrick der Muskelmann.", Das waren die Worte, mit denen Maurice mich lachend vor dem Zelt empfing. "Aber mal im Ernst... Wie kriegst du das hin? Ich hab das Gefühl, ich nehme nur zu, wenn ich Schokolade nur anschaue." "Keine Ahnung, ich mache halt gerne und viel Sport. Auch im Fitnessstudio, wenn ich Zeit hab.",antwortete ich schulterzuckend und freute mich aber insgeheim über Maurices Kompliment.

Zusammen gingen wir in das Speisehaus, wo Fabi, Micha, Julia und Chessie sich schon einen freien Tisch neben einer spanischen Statue ergattert hatten. Während die Mädchen sich angeregt unterhielten, schaute Fabi sich interessiert die Statue an und Micha studierte mit hungrigen Blicken die Speisekarte. "Da seid ihr ja endlich.", knurrte er, "Ich sterbe vor Hunger." "Pat musste sich noch stylen.", erklärte Maurice und mir entging der spöttische Unterton des fröhlichen Blonden nicht, kommentieren tat ich ihn allerdings nur mit einem Augenrollen.

"Schick schick, Paddyboy.", murmelte nun auch Fabi, der seinen Blick von der Statue gelöst hatte. "Danke."

Das Essen war gut, so deftig und mediterran wie man es von Spanien erwartet hätte. Es gab viel Fisch und Fleisch, aber auch salzige Zwiebelringe, würziges Brot, Quiche, Wraps, Oliven und scharfe Reisgerichte. Mein Favorit war aber eine kalte, vegetarische Suppe aus den verschiedensten Gemüsesorten, Olivenöl und Knoblauch. Tatsächlich fühlte ich mich in dem Moment wie bei einem Luxus-Mahl in einem Luxus-Restaurant und die Tatsache, dass wir nichts bezahlen mussten, weil das Essen im Preis enthalten gewesen war, machte mich sehr glücklich und ließ mir sogar zwei Portionen von dem süßen Vanilleeis zum Nachtisch bringen. Wenn ich dieses Essen jetzt mal mit dem Essen verglich, was es in Dänemark immer gegeben hatte, konnte ich nur lachen. Dort hatten wir abends immer Vollkornbrot gegessen, belegt mit Schinken, Gewürzgurken, Röstzwiebeln und Pilzen. Das war zwar auch lecker gewesen, kam an dieses Essen aber nicht ansatzweise heran. Es war schon klug von mir gewesen, sich für Spanien zu entscheiden.

Wir waren gerade beim Nachtisch und hatten uns in eine spannende Diskussion über Pokémon hereingesteigert, als die Frau in dem Minikleid, welche uns hier eingewiesen hatte, zu uns an den Tisch trat. Sie beugte sich so tief über die Tischplatte, dass ihre langen, dunklen Locken schon fast in meiner Schüssel hingen und besonders Maurice einen perfekten Blick in ihren Ausschnitt hatte, was ihn allerdings nicht aus der Fassung bringen ließ und er ruhig in ihr hübsches Gesicht lächelte. "Also Jungs. Ich weiß, die Busfahrt war sehr anstrengend und es ist nachvollziehbar, wenn ihr früh schlafen wollt, doch es gibt wie jeden Abend ein Programm. Heute ist es eine Nachtwanderung den Strand entlang. Wir werden dort im Dunkeln 'Catch up the flag' spielen und ich lade euch herzlich ein, uns zu begleiten."

"Wann fängt es denn an?", fragte Micha schmatzend und erntete einen missbilligten Blick der Frau. "Um 21:00 Uhr, dann ist es schon dunkel. Und ich denke mal, dass wir zwei bis drei Stunden unterwegs sein werden. Deshalb dürfen auch nur Jugendliche ab 15 mitkommen. Ihr seid doch alle über 15 oder nicht?"

Ein stummes Nicken von uns. Außer Chessie. Die Rothaarige zog einen Schmollmund und verschränkte die Arme vor der Brust. "Das ist unfair. Ich will auch mit." "Leider nur ab 15, Süße. Du kannst bei einem anderen Programm mitmachen." "Wenn Chessie nicht mit darf, gehe ich auch nicht mit!", erklärte Julia freundschaftlich und lehnte sich an ihre beste Freundin, die sie dankbar anlächelte. Beide sahen nun streng zu Micha hinüber, der sich beinahe an einer Mandel in seinem Mandelpudding verschluckte. "Ähmm....", Er warf Maurice einen flehenden Blick zu, der aber nur grinste und den Kopf leicht schüttelte. "Ich bleibe natürlich auch mit euch hier Chessie-Schatz.", rief er demonstrativ und küsste seine Freundin auf die Wange, die glücklich schien, doch Micha schien enttäuscht zu sein.

"Was ist mit euch dreien?", fragte die Frau nun etwas freundlicher, aber jedem viel auf, dass sie Maurice dabei ansah. "Wollen wir?" Fabi klang hoffnungvoll, als er die Frage an Mauri und mich stellte. "Also ich bin dabei!", meinte ich nun und legte die Gabel weg. Eine Runde 'Catch up the flag' nachts am Strand konnte lustig werden.

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Viertes Kapitel des Leseabends


-DAMALS.- | #kürbistumor #glpalleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt