|10| - "Papa!"

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2019, Palles PoV:

"Papa!", rief Henry glücklich, kaum hatte ich das Gebäude betreten und der kleine, lachende Körper flog auf mich zu, sodass ich ihn bei den Hüften packen und liebevoll durch die Luft wirbeln konnte. Mein Sohn jauchzte vor Glück, doch dennoch erntete ich zweifelnde Blicke von einer Mutter, die gerade ihre kleine Tochter anzog. Ich wusste, dass sie sich fragte, ob ein alleinerzieheunder Vater die Erziehung eines Kindes überhaupt richtig hinbekommen konnte. Laut ihr hätte es Henry bestimmt in einem Kinderheim besser. Doch mir waren ihre altmodischen Gedanken egal, Henry war alles für mich und ich liebte ihn so sehr, wie ein Elternteil das eigene Kind nur lieben konnte. Es ärgerte mich zwar, dass sich die plötzliche Trennung von Sophie und mir so schnell bei den anderen Eltern der Kita herumgesprochen hatte, aber ich würde ihnen beweisen, dass mein Sohn auch mit nur einem Vater zu einem tollen, verantwortungsbewussten Mann heranwachsen würde. Außerdem würde Henry im Sommer eh in den Kindergarten wechseln und ich hoffte, dass wir dort mit mehr Respekt gegenüber unserer kleinen Familie behandelt werden würden.

Während sich der kleine Blondschopf schon eigenständig die winzigen Turnschuhe anzog, stellte sich die Erzieherin neben mich und lächelte sanft: "Ich muss Ihnen eine freudige Nachricht mitteilen."

"Ja?", murmelte ich abwesend, da mein Blick bloß auf meinen kleinen Schatz gerichtet war.

"Mein Mann hat mir mitgeteilt, dass Sie mit Ihrem derzeitigen Job in der Eisdiele unzufrieden sind und wie es der Zufall so will, ist gerade eine Stelle in seiner Firma frei geworden und er hat seinen Chef überredet, Sie zu einem Bewerbungsgespräch einladen zu dürfen." Bei diesen Worten fiel meine Kinnlade herunter und ich wandte meinen Blick von Henry ab, um sie anzusehen. "Was? Woher weiß Ihr Mann...?"

"Seine kleine Schwester arbeitet bei Ihnen in der Eisdiele. Sie heißt Kathi und hat es ihm erzählt, um Ihnen zu helfen." Kathi... Ich hätte es mir denken können. So nett und süß die Brünette auch war, sie redete definitiv zu viel. Auch wenn es nur lieb gemeint war, konnte sie ihrem Bruder doch nicht meine Leidensgeschichte erzählen.

"Ich gebe Ihnen mal die Visitenkarte mit, aber ich denke, das könnte wirklich was für Sie sein, da man gut verdient, unter Leute kommt und die Arbeitszeiten so genial sind, dass Sie Ihren Sohn weiterhin von der Kita abholen können." "D-danke...", nuschelte ich, vollkommen verwirrt was hier gerade geschah und steckte die kleine, silberne Karte, welche die Frau mir reichte, in meine Hosentasche.

So überraschend und gut das auch war, mit Kathi hatte ich morgen noch ein Hühnchen zu rupfen!


Henry schlief diesmal nicht. Das war fast schon ein bisschen schade, denn er plapperte die ganze Zeit, sodass ich mich kaum auf die Straße und auf das was heute alles Merkwürdiges geschehen war, konzentrieren konnte. Es fühlte sich komisch an. So, als wäre in mein leises Leben, ein Hauch von Lebenslust geschwebt. Meine Mundwinkel zuckten.

"Dann Lisa und Henry backen Kuchen.", erzählte Henry und durch den Rückspiegel konnte ich seine großen, braunen Augen leuchten sehen, was mein Herz erwärmte. Kinder in seinem Alter waren so unschuldig, so wunderbar, es gab keine Wesen mit einer reineren Seele.

"Du magst Lisa sehr gern, kann das sein?", lächelte ich und der Kleine nickte mit stolz geschwellter Brust. "Wir heiraten morgen." "Achso.", sagte ich und versuchte, mein verliebtes Lachen zu unterdrücken. Es war zu niedlich.

Vorsichtig parkte ich auf dem Privatplatz vor dem Hochhaus und hob mein Kind aus dem Sitz, um es auf beide Beine zu stellen. Henry gähnte herzhaft in mein Ohr.

"Du bist müde, nicht?", schmunzelte ich und nahm seine kleine Hand in meine Große und so gingen wir Hand in Hand über den Rasen ins Haus.

"Neee!", rief er und schob die Unterlippe vor, "Henry will nicht Bett." "Du willst nie ins Bett, Schatz. Aber auch die größten Helden müssen mal schlafen. Denkst du, Spiderman ist immer wach?"

-DAMALS.- | #kürbistumor #glpalleWhere stories live. Discover now