|20| - Eine Reihe schneeweißer Zähne

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2019, Palles PoV:

Der Mann verschwand in einem der Büro, nicht ohne mir noch einen letzten fragenden Blick zuzuwerfen. Es schüttelte mich. Was zum Teufel war das gerade? Die feinen Haare auf meinem Arm standen zu Berge. Das musste etwas bedeuten. Doch bevor ich noch mehr darüber nachdenken konnte, rief eine Stimme aus dem Büro. "Wollen Sie nicht eintreten?"

Das Büro, welches sich hinter der Tür verbarg, unterschied sich tatsächlich nicht im Geringsten von den anderen Büros. Hinter dem Schreibtisch saß ein schlanker Mann meines Alters mit tiefbraunen Augen, einem Dreitagebart und langem braunem Haar, welches zusammengebunden war. Er trug einen grauen Anzug und lächelte mich freundlich an. "Claus Otter ist mein Name. Duzen Sie mich gern.", lächelte er und präsentierte eine Reihe schneeweißer Zähne, während er sich halb über den Tisch beugte, um meine Hand zu nehmen. Ich erwiderte den Händedruck und zwang mir ein leichtes Lächeln auf. "Schön, dich kennenzulernen, Claus. Ich heiße Patrick Meyer. Du kannst mich selbstverständlich auch duzen."

"Ah ja! Ich erinnere mich gut an dich. Nun, setz dich, Patrick. Du zitterst ja."

Wenn er wüsste, dass ich nicht vor Nervosität zitterte, sondern weil mich die Begegnung eben im Türrahmen komplett aus der Bahn geworfen hatte. Langsam ließ ich mich in den weißen Sessel gegenüber von Herrn Otters Schreibtisch sinken.

"Möchtest du was trinken?", fragte dieser schmunzelnd. "Ja... Ein Glas Wasser, wenn's keine Umstände macht." "Natürlich tut es das nicht.", antwortete Herr Otter und füllte ein vornehm wirkendes Glas mit frisch sprutzelndem Wasser aus einer Glaskanne, das er mir rüber schob. Das kühle Wasser erfrischte meine Kehle, die so erschreckend trocken geworden war. "Danke Ihnen.", seufzte ich dankbar.

"Ach Patrick, wir waren doch schon beim Du.". Claus neigte den Kopf und sein Blick erstrahlte in einer Wärme, die mir irgendwie auch nicht ganz angenehm war.

"Nun, ich habe gehört, dass du einen Job suchst.", Er schenkte sich selbst ebenfalls Wasser ein. "Sebastian erzählte mir dies. Seine Frau arbeitet in einer Kita, wo ihr Sohn hingeht. Stimmt das?"

"Ja, das ist richtig."

"Nun... Die Arbeitszeiten sind hier für jemanden mit Kind natürlich sehr günstig. Die Teilschicht beginnt um 8:00 Uhr und endet um 14:00 Uhr. Dafür gibt es zwar wenig Pausen, aber du hättest nachmittags immer Zeit für dein Kind. In der Vollzeitschicht arbeitet man von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Das ist für dich aber vermutlich zu lange, nicht wahr? Aber keine Sorge, in der Teilzeitschicht verdient man auch gut. Es ist zwar nicht unglaublich viel, aber es sollte reichen, um sich und ein Kind zu ernähren und diesem auch etwas wie Urlaub und Geschenke zu bieten. Auch eine Durchschnitts-Wohnung ist mit drin. Es ist ein großartiges Angebot für alleinerziehende Eltern. Bist du noch interessiert?"

Die Begegnung mit dem fremden Mann im Türrahmen war schon wieder vergessen. Die Dinge, die dieser Job zu bieten hatte, waren für jemanden in meiner Position, ein Paradies. Mit meinem Eisdielen-Job war ich jeden Nachmittag im Sommer weg und verdiente gerade so viel, um die Wohnung bezahlen zu können. Mehr als Dosensuppe war aber zum Mittag auch nicht drin. Urlaub oder mal Essen gehen: Ein Wunschgedanke. Und wie wir den Winter überlebt hätten, keine Ahnung. Dieser Job war einfach nur perfekt.

"J-ja....", meine Stimme bröckelte in freudiger Erwartung. "Ja, auf jeden Fall. Worin besteht denn meine Arbeit, falls ich den Job bekomme?"

"Unsere Firma beschäftigt sich mit Schutz von betrieblichen und privaten Kunden. Wir programmieren Sicherheitssysteme, bauen Schutzmechanismen und halten Vorträge auf Messen. Du musst wissen, Schutz ist sehr wichtig. Ein Fehler in einem Einbruchsmelder und Kunden könnten viel Geld verlieren. Aber nicht mit uns."

Er grinste und der Haufen Freude scholz sehr schnell in mir zusammen. Ich hatte keine Ahnung vom Programmieren. Claus schien meine Sorgen zu erraten. "Mach dir keinen Kopf. Du brauchst keine Vorkenntnisse, du wirst hier eingearbeitet. Außerdem befindet sich die freie Stelle im Sekretariat. Du würdest erstmal dort arbeiten. Das bedeutet: Anrufe in Empfang nehmen und an den entsprechenden Sachbearbeitenden weiterleiten. Kundenkarten, für neue Kunden, zu earbeiten. Ausgehende und eingehende Rechnungen sortieren und überprüfen. Briefe schreiben und mit der Post wegschicken. Und natürlich jeden Morgen die Post abholen und weiterleiten. Es ist einfache Arbeit, die dennoch sehr wichtig ist. Bist du immer noch interessiert?"

Ich nickte.

"Dann lass mich mal deinen Lebenslauf und dein Abiturzeugnis sehen." Schweigend schob ich ihm den Ordner mit meinen Unterlagen über den Tisch und Claus überflog sie schnell. Unmöglich hatte er alles gelesen. "Ich sehe nichts auffälliges, das sie ausschließen würde."

Er hob den Kopf und lächelte mich mit seinen strahlend weißen Zähnen an. "Das bedeutet...?", Meine Stimme zitterte, ich wollte diesen Job unbeding haben. "Sie haben den Job vielleicht."

"Was meinen Si- Du mit vielleicht?", hakte ich nervös nach. "Von meiner Seite aus bist du eingestellt. Ich werde dennoch noch meinen Mann fragen müssen. Klar, ich bin der Chef, aber ich lege viel Wert auf seine Meinung." Mir gelang es gut, meine Verblüffung, dass mein möglicher zukünftiger Chef einen männlichen Ehepartner hatte, zu überspielen. "Kommt er dann jetzt noch?"

"Nein.", Claus lächelte und gab mir meine Unterlagen zurück. "Er ist sehr beschäftigt mit einem hartnäckigen Kunden, lange Geschichte. Aber nächsten Montag Abend ist ein Firmendinner bei uns zuhause. Alle Mitarbeiter werden da sein und eine Person mehr oder weniger, das ist egal. Komm doch gern vorbei. Dann kann mein Mann dich kennenlernen und die Kollegen ebenfalls. Ich lege nämlich viel Wert auf ein posititves Arbeitsklima ohne Streit. Beginn ist um 20:00 Uhr." Er sah mich erwartungsvoll an.

Ich wusste, ich musste zu diesem Dinner gehen. Claus gab mir diese Chance und seinem Blick nach zu urteilen, war es die einzige. Er wollte schauen, ob ich auch genug Biss hatte und mir der Job wichtig genug war. Abgesehen davon wollte ich diesen Job unbedingt und hatte eh nichts besseres zu tun. Ich würde einfach wieder Henrys Babysitterin organisieren, für einen Abend war das doch sicher okay. Ein kleines Opfer, wenn man die Möglichkeit dieses Jobs betrachtete.

"Wo findet das Dinner denn statt?"

Claus schien sich zu freuen.


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Irgendwie stinkt das.

Irgendwas ist da komisch.

Aber was stimmt da nicht?

Ideen?

Feedback?


-gebackene Zucchini


-DAMALS.- | #kürbistumor #glpalleWhere stories live. Discover now