|6| - "Ich habe nicht von einer Frau geredet"

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2019, Palles PoV:

"Du ziehst weg? Was? Wohin? Warum?", fragte ich erschrocken und schaute Sophie verunsichert an, während sie ihre Suppe nun aß.

"Zurück nach Dänemark.", sagte sie leise und beobachte die gelbgrüne Suppe mit den Nudeln sehr genau. "Ich habe dort ein Angebot bekommen, meine eigene Praxis zu eröffnen."

"A-aber dein Studium ist doch noch nicht mal abgeschlossen." Meine Finger zitterten leicht, als ich den Löffel in meiner Hand noch enger mit meiner Faust umschloss. "Jaja, ich weiß.", meinte sie traurig. "Aber das Studium macht mir keinen Spaß mehr, ich vermisse meine Heimat und die Möglichkeiten, die ich dort habe, sind umwerfend!"

"Und was ist mit Henry? Was ist mit mir? Wir sind eine Familie! Du kannst nicht einfach wegziehen! Und du kannst auch nicht erwarten, dass wir auch mit nach Dänemark kommen. Immerhin hat Henry seine Freunde hier und ich habe meine Freunde, meine Familie, meinen Job.", entrüstete ich mich und Sophie nickte bedrückt. "Ich hatte nie erwartet, dass ihr mitkommt. Du bist ein Deutschland-Kind, ich weiß. Ich würde dich hier niemals wegreißen. Du gehörst hier hin, du bist hier glücklich. Aber ich bin es nicht.", Sie seufzte. "Ich muss zurück nach Dänemark, das ist mein Land."

"Und Henry? Ich brauche ihn.", hauchte ich und sah sie flehend an, sodass Sophie meinen Blick schmerzerfüllt erwiderte. "Ich weiß. Ich wollte nie ein Kind, du schon. Du kennst Henry viel besser als ich, dir vertraut er mehr, du bist ein guter Vater, Paddy. Und du wirst ihm auch immer ein guter Vater bleiben. Ich kann mit ihm eher wenig anfangen, schließlich sehe ich ihn kaum. Manchmal habe ich auch das Gefühl, er ist noch mein kleines Baby, aber, dass er schon eine eigene Persönlichkeit hat, habe ich nie mitgekriegt. Ich weiß nicht, was für ein Mensch unser Sohn ist.. Ich bin eine schlechte Mutt-" "Nein, bist du n-" "Doch, das bin ich. So schrecklich es auch klingt."

Sie hatte Recht. Eine Mutter, die ihr eigenes Kind nur ein bis zwei Stunden am Tag sah, nicht wusste, was für ein Mensch das Kind war und die Verantwortung allein auf den Vater schob, das war keine gute Mutter. Henry hatte keine gute Mutter, das musste ihn sicherlich sehr traurig machen manchmal, aber er hatte ja mich. Und ich würde ihm das beste Leben geben, das ich konnte. Ich würde ihm ein guter Vater sein, ihn glücklich machen.

"Und was ist mit uns? Führen wir dann eine Fernbeziehung oder legen wir eine Pause ein, oder wie?", fragte ich und schaute auf die Tischplatte. Diese Sache nahm mich doch mehr mit als gedacht. "Ich glaube...", flüsterte Sophie und sah mich traurig an, "Es ist besser, wenn wir das hier beenden. Du hast mich eh nicht mehr geliebt. Manchmal glaube ich, dass du mich nie richtig geliebt hast. Dein Herz war immer woanders. Bei einem anderen Menschen. Aber das war am Anfang oke. Jetzt tut es nur noch weh. Henry ist ein Kind, welches nicht aus Liebe, sondern aus Verlangen entstanden ist. Also kein richtiges Kind, das hier bei uns beiden glücklich sein würde." Leise schluckte ich und spürte ihren blauen Blick auf mir.

"Es stimmt, unsere Beziehung ist irgendwie nicht mehr gefühlsstark genug.", klagte ich sehr leise und heiser. "Aber ich kann dir versichern, es gibt keine Frau, die ich mehr liebe als dich. Du bist die Einzige für mich. Und auch, wenn meine Gefühle nur noch sehr schwach sind, es gibt niemanden, dem stärkere Gefühle gelten und mit dem ich mich vergnüge. Ich habe dich nie betrogen." "Ich habe nicht von einer Frau geredet.", murmelte Sophie mit rauer Stimme, "Schau in deinem Fotoalbum nach, dann weißt du was ich meine."

Verwirrt sah ich sie an, "Ich weiß nicht, wovon du redest. Ich bin nicht schwul oder so!"

"Papa?", hörten wir die zwarte Kinderstimme aus dem Türrahmen und drehten uns erschrocken zu unserem Sohn um. Wie lange stand er schon da? Was hatte er gehört?

"Ja, mein Schatz? Was ist?", fragte ich lieb und lächelte Henry an, was mir aber nicht so Recht gelingen wollte. Mir wollte nicht aus dem Kopf gehen, dass Sophie mich für schwul hielt. Warum sollte ich schwul sein? Ich war ein ganz normaler Mann, nichts besonderes. Ich hatte einen Sohn und eine Lebengefährtin. Beziehungsweise eine Ex-Freundin. So ganz wusste ich auch noch nicht, ob wir nun getrennt waren.

"Hunger.", schniefte er und wischte sich über die Augen, wo sich ein paar Tränen gebildet hatten, wie ich erschrocken feststellte. "Klar, komm her, Liebling. Mama hat Nudelsuppe gekocht." Ich breitete die Arme aus und mein Sohn kam auf mich zugetorkelt, bis ich ihn auf meinen Schoß setzen konnte, wo er sitzen blieb und sich an meinen Bauch kuschelte. Ich gab ihm einen kleinen Kinderlöffel und Henry begann, die Suppe schweigend zu essen. Auch Sophie und ich schwiegen und wichen unseren Blicken aus.

"Warum Mama Papa haben Streit?", fragte das Kind plötzlich mitten beim Essen und nun kreuzten sich doch die Blicke meiner Ex und mir. "Weil Papa mich nicht mehr li-", begann Sophie ruhig, doch ich fuhr ihr ins Wort. Das konnte man einem kleinen, verletzlichen Kind doch nicht sagen! "Mama und ich hatten keinen Streit. Wir haben nur etwas diskutiert, Kleiner. Mama wird nämlich bald wegfahren.", erklärte ich stattdessen sanft und streichelte seine Locken. "Wie lang?", fragte er und sah mit großen, dunklen Augen zu mir auf. "Vermutlich sehr  lang.", antwortete nun Sophie. "Wahrscheinlich mehrere Jahre. Vielleicht auch noch länger."

Man sah richtig wie sich das kindliche Gesicht meines Sohnes versteifte und er hart schluckte. "Hat Mama mich nicht mehr lieb?"

"Doch, Henry. Liebling, natürlich liebe ich dich!", rief Sophie und ich bemerkte eine Träne, die in ihrem Auge glitzerte. "Wir können jeden Tag skypen und du kannst jede Ferien bei mir in Dänemark verbringen, wenn du willst!", schluchzte sie, "Wir sind und bleiben ein Team, auch, wenn wir und nicht mehr so oft sehen."

Henry nickte, senkte aber den Kopf, als würde ihn das alles sehr traurig stimmen. Natürlich ging es ihm jetzt schlecht, immerhin hatte seine Mutter gerade angekündigt, ihn zu verlassen.

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Yiiiiaaaaa!
(Zwar etwas spät, hatte gestern aber gar keine Zeit, wir haben Klausur geschrieben und abends hatte ich KiJuPa, hoffe ihr verzeiht mir das😉)

-DAMALS.- | #kürbistumor #glpalleWhere stories live. Discover now