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Die rauen Hände der Kassiererin ergriffen das verpackte Gemüse und zogen es über die Waage. Auf dem kleinen Monitor an der Kasse erschien jedes Mal, wenn sie das nächste Stück vorbeischob eine neue Zahl für den Endpreis. Nachdem die Wahre abgewogen und im Gerät eingespeichert war, nannte sie mir die Summe. Ich reichte ihr das Geld, welches ich schon vorher passend zur Hand gehabt hatte. Meine Finger schlossen sich um die Quittung. "Einen schönen Abend noch.", sprach die alte Frau mit erzwungenem Ton in der Stimme. Man bemerkte sofort, dass sie es schon unzählige Male zuvor gesagt hatte. Trotzdem wünschte ich ihr ebenfalls einen schönen Abend.
Mit zwei großen Einkaufstaschen an jeder Seite, verließ ich den Supermarkt und machte mich auf den Weg zur Wohnung.
Frischer Frühlingswind zog durch die Straßen, wobei er die Abgase der Autos mit sich davowehte. Die kurzen Ärmel meines T-shirts flatterten wild umher.
Ich freute mich auf das Abendessen mit meinem Vater. Wir hatten lange nicht mehr zusammen zu Abend gegessen und im gelben Licht der Lampen geredet. In letzter Zeit war er viel zu oft zu spät nach Hause gekommen, wodurch nur morgens die Zeit zum gemeinsamen Essen und Reden blieb. Und bevor er nächste Woche nach Busan reisen würde, musste ich unbedingt noch einmal für uns kochen. Selten hatten wir mehr als eine Stunde zum Austauschen.
In Gedanken vertieft lief ich die breiten Straßen entlang und warf meinen Blick in die verglasten Schaufenster. An der Kreuzung bog ich links ab. Die Autos und Menschen wurden von Abzweigung zu Abzweigung weniger, bis ich vor meiner Haustür stand. Ich schob den Henkel der Einkaufstasche an meinem Unterarm hoch, damit ich meinen Schlüssel aus der Hosentasche holen konnte. Mit etwas Aufwand fand ich das Schlüsselloch und öffnete die Tür. Diesen Abend benutzte ich den Fahrstuhl. Die Treppen mit den beiden Taschen zu erklimmen, hätte keine Option für mich dargestellt.
Der Fahrstuhl setzte mit einem Ruckeln vom Boden ab und stieg in die Höhe. Im richtigen Stockwerk hielt er mit einem Pling.
Nachdem ich die Wohnung betreten und mich meiner Schuhe entledigt hatte, spazierte ich samt voller Tüten in die Küche. Wie ich an der Uhr ablaß, hatte ich noch eine knappe Dreiviertelstunde, bevor mein Vater kommen würde.
Hastig räumte ich das Zeugs, welches ich nicht zum Kochen benötigte in den Kühlschrank und die Regale. Die Lebensmittel für das Abendessen legte ich mir auf die breite Küchentheke.
Ich wusch mir die Hände und schnippelt zuerst das Gemüse klein. Nicht essbare Überreste schmiss ich zwischendurch in den Mülleimer. Danach war das Fleisch an der Reihe, welches ich in mundgerechte Happen zerteilte. Gut gewürzt ließ ich es, nach kurzem Anbraten zum Gemüse in den Topf fallen und wusch mir erneut die Hände.
Nun musste ich nur noch warten, bis das Gemüse weich war. Ich setzte mich, während die Suppe vor sich hin brodelte auf die Theke. Je wärmer der Inhalt des Topfes wurde, desto intensiver setzte der Geruch sich in meiner Nase fest. Ich zögerte nicht schon einmal vorzukosten. Das Jjigae war mir wirklich gut gelungen, stellte ich dabei fest.
Fünf restliche Minuten zeigte die Uhr mir an, woraufhin ich beschloss den Tisch zu decken. Als ich im Esszimmer ankam, hörte ich wie die Wohnungstür geöffnet wurde. Kurzerhand platzierte ich Unterleger und Stäbchen auf der Holzfläche und rannte zum Essen in die Küche.
Die Stimme meines Vaters ertönte im Flur: "Ich bin ein bisschen zu früh zu Hause. Kochst du noch, Kairi?"
Ich bestätigte seine Frage mit einem lauten "Ja".
Er betrat mit einem Lächeln auf den Lippen das Zimmer. "Jjigae gibt es also. Eine gute Wahl kleine Meisterköchin.", sagte er und spinkste in den Kochtopf. "Das weiß ich doch. Und weil du heute Morgen Pfannekuchen gemacht hast, habe ich mir gedacht, dass ich dich auch mit deinem Lieblingsessen überrasche.", erklärte ich. Staunend nickte er und nahm mich in den Arm. Sein Herz pochte unter meinem Ohr. "Was wäre ich nur ohne dich?", stellte er die rhetorische Frage. Ich musste lachen und antwortete gegen seine warme Brust: "Ein berühmter Musikunternehmer." Der Satz brachte ihn ebenfalls zum Lachen. Er ließ mich wieder frei und öffnete den obersten Schrank. Er kramte zwei Suppenteller hervor. "Ich glaube die brauchen wir noch zum Essen.", meinte er schmunzelnd. Ich grinste und drehte am Schalter des Herds. "Der Eintopf ist jetzt sowieso fertig.", verkündete ich. Mein Vater reichte mir zwinkernd den ersten Teller. Mit einer großen Kelle füllte ich ihn und stellte ihn auf die Theke. Danach nahm ich den zweiten Teller entgegen, auf dem sofort eine Portion Jjigae platziert wurde. Während ich die Kelle zur Spüle trug, brachte er das Essen ins Esszimmer. Zufrieden darüber, dass alles einwandfrei funktioniert hatte, gesellte ich mich zu meinem Vater. Er saß geduldig am Esstisch und wartete auf mein Zeichen, mit dem Essen zu starten. "Guten Appetit, appa.", sprach ich noch, bevor wir anfingen.
"Du kochst wie deine Mutter, Kairi.", kam es irgendwann von meinem Gegenüber. Verwirrt hob ich den Kopf und blickte ihm entgegen. Wie konnte er jetzt an Mutter denken?
Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte.
Sie hatten sich vor acht Jahren scheiden lassen und nur ihm das Sorgerecht übertragen. Seitdem hatte ich nichts mehr von ihr gehört.
Das Fleisch blieb mir im Hals hängen, woraufhin ich eilig nach dem Wasser griff.
Er bemerkte meine Reaktion und wischte sich den Mund mit der Serviette ab. "Entschuldige.", ertönte seine gedämpfte Stimme hinter der Papierfaser. Die Stille die nun zwischen uns herrschte, wurde mir zu laut. Irgendetwas musste, als Gesprächsthema her!
"Ich habe Stray Kids kennengelernt, Appa.", war das erste, was mir einfiel und mir keine Sekunde später schon über die Lippen glitt.
Er wischte sich erneut den Mund ab und sah auf seinen halbvollen Teller herunter. "Ja, das sind sehr nette Jungs.", stimmte er mir zu. Nach kurzem Schweigen ergriff er wieder das Wort: "Du weißt aber, dass ich es nicht toleriere, wenn du dich mit ihnen anfreundest."
Ich stoppte umgehend mit den Stäbchen vor meinem Mund und schaute erschrocken in seine Richtung. "Was? Warum nicht, Appa?", wollte ich aufgebracht wissen.
Wieso durfte ich mich nicht mit ihnen anfreunden? Lag es daran, dass sie Idole waren oder hatte es einen anderen Grund?
Ich errinerte mich an die freundliche Art der Jungs zurück und wie sie mir an diesem Nachmittag mit dem Song für das Solo geholfen hatten.
"Ich möchte nicht das du dich mit ihnen anfreundest, weil es dann nicht lange dauern wird, bis du in den Medien landest.", beantwortete er meine Frage.
Er legte seine Stäbchen neben den Teller und setzte einen ernsten Blick auf.
Es kitzelte mich in den Fingerspitzen. Ein Gefühl, das ich nicht oft verspürte, bahnte sich einen Weg in meine Magengegend.
"Vielleicht hab ich ja keine Lust mehr, mein ganzes Leben nach diesen dummen Regeln zu führen.", rutschte es mir heraus, doch es war bereits zu spät, um die Worte zurückzunehmen. Auf  spezielle Weise dachte ich ja wirklich so, nur hatte ich meinen Vater nicht anmotzen wollen. Er seufzte und legte sein Gesicht in die Hände. "Kairi. Ich habe dir keinen Tanzraum reserviert, damit du dich mit Idolen anfreundest. Der Raum ist dazu gedacht, sich für das Solo vorzubereiten. Außerdem kannst du dich genauso mit Leuten aus deiner Schule anfreunden!", sagte er in einer Tonlage, die ich nicht deuten konnte.
Ich sollte mich mit Leuten aus meiner Schule anfreunden? Wusste er denn nicht, warum ich das bis jetzt noch nicht getan hatte? Die Wut in meinem Bauch schien langsam die Oberhand zu gewinnen.
"Wenn du denkst, ich will mich nicht mit normalen Jugendlichen anfreunden, liegst du falsch. Weißt du, ich hasse es zu sehen, wie andere Mädchen mit ihren Freundinnen über die Straße laufen und lachen. Es erinnert mich daran, warum ich selbst keine Freunde habe. Vielleicht denkst du, es wäre einfach, anderen Leuten seine wahre Identität verschweigen zu müssen. Das ist es aber nicht. Ein anderer Grund, warum ich mir keine Freunde suche, ist, dass ich sie nicht einmal mit nach Hause einladen könnte, ohne dass sie unsere Familienfotos sehen.
Da fang ich einmal an, mich mit ein paar Jungs anzufreunden und du verbietest es mir."
Ich holte tief Luft, wobei ich den Klos in meinem Hals bemerkte. Die Wut brodelte in mir und hinterließ einen bitteren Nachgeschmack auf meiner Zunge. Ich beobachtete wie sich die Hand meines Vater zu einer Faust ballte und auf den Tisch hinabsauste. Mein Körper versteifte, als das Geschirr und der Tisch bebten. "Hör mir zu.", rief er plötzlich. In seiner Stimme schwang ein erschöpfter Ton mit. "Ich habe die letzten sechzehn Jahre meines Lebens nicht umsonst damit verbracht, deine Identität geheim zu halten. Deine Mutter und ich haben entschieden, dass du abseits der Medien aufwächst, um ein normales Leben zu haben. Und das bleibt auch so. Ich erwarte von dir, dass du meine Worte befolgst, Kairi.", schimpfte er laut. Ich schluckte schwer. Einen solchen Ausbruch hatte ich nicht von ihm erwartet. Dennoch wollte ich nicht aufgeben. "Aber...", begann ich, verstummte jedoch abrupt. Mein Vater unterbrach mich wütend: "Keine Widerrede, Kairi!" Seine Augen blickten in meine. Sie funkelnten vor Wut, was mich entgültig verstummen ließ.
Nie hätte ich erwartet, ihn so stark außer Fassung zu bringen.
Schuldgefühle sammelten sich schlagartig in meiner Brust, nachdem er seinen Blick von mir abwandte. Ich war zu hart zu ihm gewesen, auch wenn ich eine andere Meinung vertrat. Was war bloß in mich gefahren, um ihn so anzumachen?
Vorsichtig zog ich meine Hände an meinen Körper und fand meine Stimme wieder. "Appa...", flüsterte ich. Er redete mir wieder hinein und ließ mir keine Chance meinen Satz zu vollenden. "Du kannst in dein Zimmer gehen, wenn du aufgegessen hast. Ich räume den Tisch ab.", verkündete er. Der Ton in seiner Stimme, verbot jeglichen Widerspruch.
Aber den hätte er auch nicht bekommen. Der Hunger war mir schon vergangen, nachdem ich seinen kalten Blick auf mir gespürt hatte.
Ohne ein Wort erhob ich mich vom Boden und verließ das Esszimmer.
Ich war unglaublich wütend und enttäuscht. Wütend auf meinen Vater, dass er mir nicht die Chance gegeben hatte mich bei ihm zu entschuldigen und entäuscht von mir selbst, da ich es bei diesem Abendessen nicht zu mehr als einem Streit gebracht hatte.
Mit einem Klos im Hals betrat ich mein Schlafzimmer und warf die Tür hinter mir ins Schloss. Das Abendessen hatte ich heute verbockt.

Ich schaute schweigend an die Decke meines Zimmers, welche vom Licht der Straßenlaternen beleuchtet wurde. Lange verzweigte Schatten tanzten über das Weiß der Wand, wenn unten auf der Straße ein Auto vorbei fuhr. Meine Augen wurden langsam müde vom Starren. Ich drehte mich auf die Seite und sah durch mein Zimmer. Mein Digitalwecker leuchtete im Nachtmodus und verriet mir, dass es eigentlich viel zu spät war, um noch auf zu sein. Trotzdem erhob ich mich von meiner Matratze und schlendert zu meinem Schreibtischstuhl. Die Hose, welche ich an diesem Tag getragen hatte, hing über der Lehne des Stuhls. Ich zog den Zettel, wegen dem ich mich von meinem Bett erhoben hatte aus der Hosentasche. Die geschwungenen Schriftzeichen waren im dämmrigen Licht des Zimmers fast nicht zu erkennen. Es war das Stück Papier, auf dem die Jungs die Songtitel notiert hatten. Mir wurde bewusst, dass ich sie mir noch nicht angesehen hatte, geschweige denn ein Lied für mein Solo besaß.
Ich entschied sie mir jetzt anzuhören, da ich wegen dem Streit an diesem Abend keinen Schlaf fand. Bevor ich mich wieder in die Kissen zurückbegab, betätigte ich noch den Schalter meiner Nachttischlampe. Meine Augen schmerzten bei der Helligkeit des Lichts, sodass ich sie zusammenkniff. Ich setzte mich auf mein Bett und schnappte mir Kopfhörer und Handy.
Schleunig laß ich mir den ersten Titel durch, um ihn auf Youtube zu suchen.
Eine Minute später dröhnte die Melodie auch schon aus meinen Kopfhörern. Der erste wie der letzte Song gefielen mir. Besonders der Remix von Illenium - It's All On U ft. Liam O'Donnel ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Er war nur etwas anders, als die Songs die ich sonst benutze, da er zum Teil auf Techno basiert.
Ich überlegte ein Weile.
Vielleicht würde mir eine Abwechslung ja mal guttun. Und wenn ich viel trainierte, sollte auch etwas Gutes dabei rauskommen.
Ich lud mir den Song noch auf meinem Handy herunter und platzierte dieses dann mit den Kopfhörern neben meinem Wecker. Erschöpft erhob ich mich, warf das Stück Papier in den Mülleimer am anderen Ende des Raumes und schlurfte wieder zurück. Mit anderen Gedanken kuschelte ich mich in die weichen Kissen, in denen ich endlich meine Augen schloss. Was ich mir beim Wegwerfen des Zettels nicht gemerkt hatte, war von wem das Lied, für das ich mich entschieden hatte, stammte.

Das 3.Kapitel ist da. Omg, ich hoffe ihr sterbt nicht an Rechtschreibvergiftung. Ich kann ebenso keine Garantie dafür geben, dass dieses Kapitel verständlich ist. Ich hoffe das es euch gefällt, obwohl  in diesem Kapi nicht Stray Kids vorkommt. Im nächsten werden sie wieder dabei sein. LG,
Greta ^^

Hidden Face [Stray Kids FF]Donde viven las historias. Descúbrelo ahora