Kapitel 10. Überfällige Wiedergutmachung

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Rasch schreibe ich die Maße des mittelalten Mannes, Ludge Featherstone, auf, welcher eine ganze neue Garnitur von Festumhängen braucht; ein Stammkunde in unserem Laden.

Lachend zieht er sich seinen Umhang wieder an und klopft sich ein paar Mal auf den runden Bauch.

"Das nächste Mal muss ich wohl mehr aufpassen, wenn ich zwei Wochen Urlaub bei meiner Familie verbringe. Das Essen meiner Mutter ist aber auch verflucht köstlich", erzählt er mit einem tiefem glucksen.

Ich schenke ihm ein kleines Lachen.

"Man kann nie etwas gegen Mutters Küche machen, genießen Sie es. Klamotten kann man immer ändern", erwidere ich lächelnd.

Rasch reiße ich den Zettel mit den Maßen vom Notizblock und lege ihn ins Buch mit der Bestellung.

"Wo Sie recht haben, Miss Huxley."

"Bitte, nennen Sie mich Hannah. Für diese Formalien kennen Sie mich schon zu lange."

"Dann nennen Sie mich auch Ludge", erwidert er zwinkernd und kramt mehrere Goldene Münzen raus, welche er mir aushändigt. "Den Rest kannst du behalten, kauf deinem Sohn etwas, an dem er sich erfreuen kann, Hannah", fügt er zwinkernd hinzu und setzt sich seinen spitzen Hut auf.

"Das ist wirklich nett von Ihnen, Mister ... Ludge", korrigiere ich mich und gebe ihm den Beleg. "Die Festumhänge sind dann in spätestens einer Woche fertig."

"So wie immer", sagt er lächelnd und verbeugt sich leicht zum Abschied; eine kleine Angewohnheit. "Dann bis in einer Woche. Grüß Miss Stone noch schön von mir."

"Werd ich machen, schönen Tag noch", rufe ich ihm hinterher.

Die Türglocke klingelt, als er durch die Tür geht und mich in dem Laden alleine lässt. Ich fange an, das Geld in die Kasse zu legen, die Stoffe wieder an ihren Platz zu hängen, bringe die Bestellung mit dem Maßen zu Madam Malkins und eile sofort zurück in den Laden, als die Glocke wieder ertönt.

Eine schlanke Frau in meinem Alter steht im Raum, ein kleines Baby in einer Tragetasche in der Hand. Ich erkenne die Frau sofort, auch wenn die damals langen, lockigen Haare in einen Afro gestylt und von vielen kleinen, braunen Strähnen durchzogen sind.

Vor mir steht Marie Hunter.

Überrascht sehe ich sie an und blinzel mehrmals um mich zu vergewissern, dass ich mich nicht versehe. Nun erblickt auch sie mich und runzelt die Stirn.

"Hannah Huxley?", fragt sie mit einer rauen Stimme und ich nicke stumm.

"Marie Hunter?", hinterfrage auch ich und sie lächelt schief.

"Marie Hannigan seit drei Monaten."

Stille breitet sich zwischen uns aus und für einige Sekunden betrachten wir unseren gegenüber nur. Sie trägt einen wundervollen, nachtblauen Umhang, welcher makellos auf den Boden fällt. Um ehrlich zu sein ist ihr ganzes Aussehen einfach makellos, wie poliert.

"Ich bräuchte einen neuen Festumhang und wollte auch fragen, ob ihr Babykleidung für einen festlichen Anlass macht", durchbricht sie die Stille und ich nicke nur eilig.

"Ja machen wir, gar kein Problem. Wie alt ist die kleine? Oder er?", frage ich eilig und deute ihr an, sie könne sich auf die Couch setzen, während ich den Notizblock hervor krame.

"Sie ist neun Monate alt", antwortet sie mir und setzt sich.

Ich trete zu ihr und sehe in die Tasche. Das kleine Mädchen schläft.

"Würdest du sie heraus holen damit ich sie messen kann?", bitte ich sie und Marie tut, wie ihr geheißen.

Gekonnt legt sie die kleine auf ihren Arm und mit einem kleinen Schwung des Zauberstabs saust das Maßband zu uns. Vorsichtig hebe ich die Arme, Hände und Füße an, um an alle Stellen zu kommen, die ich brauche.

"Ist das deine kleine?", frage ich beiläufig, um die Stille zu durchbrechen, und schreibe mir alles auf.

"Nein, das ist meine Nichte. Mein Bruder und seine Verlobte wollen jetzt heiraten und deswegen brauchen wir neue Klamotten. Unser Schneider hat zu gemacht. Deswegen bin ich hier", erklärt sie mir und ich nicke.

"So, das wärs. Jetzt brauch ich dich, stell dich bitte hier vorne hin."

Sie legt das Baby wieder in die Tasche und stellt sich Kerzengerade hin.

"Was hast du dir vorgestellt? Hast du schon irgendwelche Stoffe, Farben, Schnitte im Sinn?"

"Noch nicht wirklich. Ich will nur dass es fröhlich leicht aussieht, am liebsten helle Farben."

Ich nicke nur und schreibe alles runter. Weitere Kunden kommen in den Laden, kleine Kinder, welche im Hogwarts Alter zu sein scheinen.

Als ich alle Maße habe lasse ich verschiedenste Stoffe und eine Farbpalette zu mir fliegen und drücke Sie Marie in die Hand.

"Ich bin sofort wieder bei dir, ich muss nur kurz die Maße nehmen gehen. Du kannst dir schon einmal alles ansehen, vielleicht fällst du dann bereits eine Entscheidung."

Marie nickt nur und setzt sich mit allem zurück auf die Couch. Erst als ich mich den Kindern zuwende merke ich, wie angespannt ich gewesen bin. Tausend Gedanken rasen mir durch den Kopf, als das Maßband in der Luft zischt. In der letzten Zeit treffe ich so viele aus der Vergangenheit wieder. Wieso jetzt auf einmal? Wieso hier?

"Dankesehr", sagt Marie mit einem Lächeln zu mir und ich packe alles weg.

Wir haben gemeinsam zwei schöne, hellrosane Kleider zusammen gestellt; für sie und ihre Nichte. Es hat nichtmal allzu lange gedauert. Als ich wieder zu ihr kam hatte sie bereits Farbe und Stoffe ausgewählt

"Die Kleider sind in einer bis zwei Wochen fertig, wir schicken euch eine Eule wenn ihr sie abholen kommen könnt", setze ich Marie in Kenntnis und überreiche ihr den Beleg, welchen sie sofort weg packt.

Mit einem unangenehmen Lächeln betrachtet sie mich und nimmt das Kind wieder auf den Arm. Unschlüssig stehen wir beide voreinander.

"Also, danke dass ihr hier eingekauft habt. Dann bis bald", sage ich und nicke ihr mit einem kleinem lächeln zu.

"Ich ...", beginnt sie, schüttelt mit dem Kopf und schenkt mir ein kleines Lächeln. "Bis bald, Hannah."

Weg war sie. Doch wirklich lange Zeit darüber nachzudenken, was sie eigentlich sagen wollte, bleibt mir nicht, da bereits die nächsten Kunden den Laden betreten und meine volle Aufmerksamkeit für sich beanspruchen.

Einandhalb Wochen nachdem Marie hier im Laden stand kommt die Verlobte ihres Bruders, um die Kleider abzuholen. Mit einem breitem Lächeln nimmt sie jene entgegen und hält mir einen kleinen, klimpernden Beutel hin. Verwundert sehe ich sie an.

"Die Kleider sind aber schon bezahlt", sage ich zu ihr, doch sie drückt ihn mir trotzdem in die Hand.

"Das ist ein kleines Dankeschön von Marie, wie sie sagt für alte Zeiten", erwidert diese lächelnd und geht ohne ein weiteres Wort aus dem Laden.

Perplex stehe ich mitten im Laden und sehe den kleinen dunkelroten Beutel an. Neuguerig gehe ich zum Tisch und öffne diesen. Drinnen liegen zehn goldene Münzen, Galleonen, und ein kleiner Zettel. Ich ziehe diesen heraus und falte ihn ungeduldig auseinander. Ein Dankeschön für alte Zeiten kann es ja allemal nicht sein.

Ich weiß, das ist nicht gerade die feine Art, dass das wahrscheinlich ziemlich armselig rüber kommt, aber das ist dafür, dass wir dir das Leben damals zur Hölle gemacht haben. Ich wollte mich bei dir entschuldigen, ich hoffe du verzeihst mir. -Marie

'From Lumos to Nox' (Harry Potter FF/Rumtreiberzeit) {Beendet}Where stories live. Discover now