Kapitel 30

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Es war beschissen.
Mein Bruder konnte auch nicht ewig bei mir bleiben und nun saß ich komplett allein im Unterricht. Ich fürchtete mich schon vor der Mittagspause. Allein in meinem Zimmer sein war okay. Hier allein zu sein, hieß verwundbar zu sein. Es ließ mich mich noch minderwertiger fühlen als so schon.

Die Klingel ertönte. Schüler jubelten, Lehrer riefen ihnen noch schnell ein paar Hausaufgaben an den Kopf und Klassenzimmertüren öffneten sich.
Ich stand auf und packte meine Sachen, konstant darüber nachdenkend, wo ich hin sollte.
Langsam wanderte ich über die Flure zur Cafeteria. Kurz lugte ich durch die Tür, doch beim Anblick der Leute und der Sitzmöglichkeiten drehte ich gleich wieder um. Ich muss ja nicht unbedingt was essen...

Plötzlich hielt mich jemand fest. Ich konnte schon an dem festen Griff um mein Handgelenk erkennen, dass es ein Junge sein musste, also drehte ich mich um. Mit einem schmierigen Grinsen blickte er mir entgegen.

Eine tiefe, perverse Stimme ertönte hinter mir. "Nice ass!"
Mit großen Augen sah ich den Jungen, der meinen Arsch gerade angesprochen hatte, an.

Ach, der Typ, der mich vor der Umkleide angemacht hatte...
„Komm doch mit uns!" Seine Kumpanen grinsten.
Und vielleicht hätte ich sogar ja gesagt. Aber irgendwie kam mir mein Bruder in den Sinn. Ich war es ihm auf eine Weise schuldig auf mich aufzupassen, gerade wo er meine Würde vor ein paar Stunden verteidigt hatte, sollte ich sie nicht gleich wieder in den Dreck ziehen.

„Nein, danke.", sagte ich, riss mich los und ging weg.

„Nice ass!", schrie er mir hinterher. „Schreib mir, falls du einen Schwanz in deinem Arsch brauchst! Oder ne, warte, ich schreib dir, wenn ich ficken will!" Er lachte.
Es fühlte sich an, als ob er schon allein mit diesen Worten meine Würde beschmutzte.

Um allein zu sein verkroch ich mich in einem leeren Raum, der kaum für den Unterricht genutzt wurde, da er so klein war. Dann machte ich Hausaufgaben. Das war nun einmal die langweilige Wahrheit.

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