Kapitel 43 - Hoseok

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Es war ein Tag wie jeder andere. Der Unterricht war langweilig. Ich verfolgte den laut tickenden Sekundenzeiger an der Uhr.
Und ich vermisste Jimin.

Sogar meine Freunde waren davon überzeugt, dass ich ihn nur ausgenutzt hatte. Sie dachten alle, ich hätte nur mit ihm gespielt. Jeder einzelne von ihnen. Und ich wünschte, das könnte ich auch selbst glauben. Ich wünschte, ich hätte es tun können. Doch er war der liebenswerteste Mensch der Welt, es war unmöglich.
Ich hatte mich in ihn verliebt. In sein Lachen. In sein Lächeln. In seine Augen. In seine fluffigen Haare. In seinen Charakter. In seinen Tanz. In alles.

Und ich hasste es. Ich liebte ihn so sehr. So sehr, dass es weh tat. So sehr, dass ich mich davor fürchtete. Und das war es ja. Ich hatte so viel Angst ihn in mein Herz zu lassen, doch er war schon längst drin. Ich dachte, es würde weggehen, aber es wurde nur noch stärker, desto mehr Zeit ich mit ihm verbrachte. Er wurde fast schon zu Sucht. Und es machte mir so sehr Angst. Also hatte ich ihn von mir gestoßen und alles zerstört. Es war besser so. Ja. Es war besser so...
Er brauchte mich nicht.

Ein Klopfen ertönte. Die Sekretärin trat ein. "Park Jimin soll bitte zum Direktor gehen. In 15 Minuten soll auch Jung Hoseok noch einmal kommen, der Direktor hat noch etwas zu bereden." Mein kleiner Jimin folgte ihr zögerlich.

Ach, die Schlägerei.
Sie war einer meiner schwachen Momente gewesen. Doch ganz ehrlich? Ich bereute es nicht. Ich wollte keinen anderen Jungen bei Jimin sehen. Weder dieses Arschloch aus der Schule, noch das Arschloch, dem Jimin anscheinend neuerdings seinen Hintern entgegenstreckte. Allein der Gedanke daran machte mich rasend. Fest umklammerte ich meinen Stift, um nicht durchzudrehen.
Es war besser so. Meine Gefühle für Jimin würden bald verschwinden und dann war ich wieder auf der geraden, ruhigen Gefühlslinie des Lebens. Es war wie ein Seismograph. Bei einem Erdbeben schlug die Linie aus, sonst verlief sie ruhig. Und meine Gefühle für Jimin waren solche Erdbeben. Aber so gut sie im Moment auch waren, sie würden sich schnell in schlechte Gefühle umwandeln. Und darauf hatte ich wirklich noch weniger Lust. Liebe war einfach nichts für mich. Das hatte mich schon meine Mutter gelehrt.

Sie war mit mir in den Park gegangen. Ich war glücklich gewesen, da sie selten etwas mit mir unternahm oder rausging. Und dann, in einem Moment der Unaufmerksamkeit, war sie weggelaufen. Ich hatte nach ihr geschrien. Panik war in mir aufgekommen. Wieso lief sie weg? Sie hatte sich nur einmal ängstlich zu mir umgedreht und war noch schneller gelaufen. Sie hatte mein Weinen nach ihr ignoriert. Sie hatte mich im Stich gelassen.
Mein Vater musste mich am Ende bei sich aufnehmen. Er hatte sich nie beschwert. Doch ich wusste es besser. Denn er hasste mich. Er hasste mich so sehr wie sie. Es war für ihn, als ob er auf SIE aufpassen müsste und nicht auf seinen eigenen Sohn. Er hasste diese Frau wahrscheinlich noch mehr als ich. Ganz sicher eigentlich, denn eigentlich hatte es nur weh getan, als sie mich verlassen hatte. Ich hatte versucht sie zu hassen, doch es klappte nicht.

Das hatte mich meine Prinzipien gelehrt.
Du kannst Freunde haben, Familie, doch du darfst dich nie auf sie vollends verlassen, du musst immer einen gewissen mentalen Abstand behalten, denn sonst wirst du nur allzu leicht verletzt. Es war ein Sicherheitsabstand für Gefühle. Der Trick war einfach die Person innerlich von sich zu stoßen. Doch Jimin... er war anders. Von Anfang an. Er war heiß, gutaussehend. Ich dachte mir, ich könnte den Kleinen rumbekommen, mit ihm Sex haben und ihn danach wieder zur Seite werfen. Doch von Anfang an war es doch nur eine Ausrede gewesen. Da war mehr. Ich hatte es nur nicht realisiert. Ich WOLLTE es nicht realisieren. Vielleicht hatte ich mir im Inneren einfach nur ein bisschen Liebe erhofft. Er war so wundervoll gewesen.
Ich hatte versucht Abstand zu wahren. Doch es wurde stärker und stärker. Und umso mehr Abstand hielt ich. Ich dachte, es könnte funktionieren. Doch am Ende verletzte ich mich nur selbst durch diese ständige Sorge und Sehnsucht nach ihm.

LAST | JihopeWhere stories live. Discover now