Kapitel 15: "Sag das du mich liebst"

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"Zoe. Warum bist du gegangen?" Höre ich die Stimme meiner Mutter. "Warum habt ihr mich allein gelassen?" Ich öffne meine Augen und sehe sie vor mir. Sie hat abgenommen und ihre Haare liegen zerstäubt auf ihrem Kopf. Zudem wird ihr blasses Gesicht von tiefen Augenringen geziert. Ihre glasigen Augen haben eine unangenehme Wirkung auf mich. Ich habe das Gefühl sie durchbohren mich. Ich schlucke leicht und stehe angespannt da. "Zoe warum hast du mir nicht geantwortet? Warum hast du meinen Brief nicht gelesen? Liebst du mich etwa nicht?" Fragt sie geschockt und in einer traurigen Stimmlage. "SAG DAS DU MICH LIEBST." Schreit sie mich plötzlich an. "Mama ich.." bringe ich stotternd heraus. "DU UND DEIN BRUDER. IHR HABT MICH IM STICH GELASSEN!" schreit sie und beginnt zu weinen. Angst durchfährt meinen Körper. Ich habe sie noch nie so erlebt. Ich wollte dich nicht allein lassen Mama. Ich musste doch selbst erstmal alles verarbeiten. Zudem war es doch alles do gefährlich und bei Karl warst du sicher. Ich wollte dich da nicht hereinziehen.
Doch mehr als ein "Es tut mir leid." bringe ich nicht heraus. Sie blickt mich wütend an und kommt auf mich zu.

Schreiend schrecke ich hoch. Schnell atmend sitze ich in dem Bett. Orientierungslos und panisch schaue ich mich um. Die Tür schreckt auf und Julien steht besorgt im Türrahmen. Langsam kommen meine Errinerungen wieder. Ich bin bei Julien. Es war alles nur ein Traum. "Hei alles wird gut. Du hast nur schlecht geträumt. Hör auf zu weinen." Er kommt auf mich zu und legt einen Arm um mich. Erst jetzt bemerke ich das meine Wangen nass sind. "Ich will zu Liam." Flüstert ich mit gebrochender Stimme. Ich brauche ihn. Er war immer für mich da wenn ich einen Alptraum hatte. In schwierigen Situationen war er immer da. "Zoe, du weißt doch. Es geht nicht." Flüstert er. Wie auf Knopfdruck reagierte mein Körper darauf. Tränen laufen wieder meine Wange entlang. "Du verstehst das nicht. Ich fühl mich so leer. So allein gelassen. Ich war nie solange getrennt von ihm ohne Kontakt. Ich will jetzt zu ihm. Bitte." Flehe ich schluchzend. "Ich brauche meinen Bruder Julien." Es schmerzt ihn nicht sehen zu können. Er schaut mich mitleidig an. Immer wieder setzt er zum Reden an, lässt es dann aber wieder sein. Ich klammer mich wie paralysiert an meine Knie. Julien habe ich mittlerweile vollkommen ausgeblendet. Ich weiß nicht wie ich mit der Situation umgehen soll. Es ist einfach alles auf einmal. Mein Körper kommt damit nicht klar. Ich kann das alleine nicht kompensieren.

Dima's Sicht:

Ich stehe draußen, an meinem Joint ziehend, während ich die nächtliche Stille geniese. Jedoch wird diese schnell von meinem Handyklingeln unterbrochen. Ich schaue auf und nehme nachdem ich Juliens Namen gelesen habe ab. Wir haben uns alle ein par Prepaid Handys geholt, welche wir nur im Notfall benutzen. "Was ist los?" Frage ich ihn. "Zoe ist los. Ich hab keine Ahnung was ich machen soll. Sie hatte nen Alptraum und jetzt ist sie mega am durchdrehen." Redet er schnell drauf los. "Hast du versucht sie zu beruhigen?" Versuche ich ruhig zu bleiben. "Ja natürlich. Die ist aber wie weggetreten. Sie will Liam sehen. Ich glaub die ganze Situation setzt ihr ganz schön zu." Kommt es verzweifelt von ihm. "Ich komme." Beende ich das Gespräch. Es war abzusehen das irgendwas in der Art passiert.
Ich springe in mein Auto und fahre los. Ich hab versprochen immer für sie dazusein und genau das werde ich auch. Ich kann Liam zwar nicht ersetzen, aber ich kann versuchen ihr ihre Last zu nehmen.

Bei Julien angekommen öffnet er mir schnell die Tür. Ich hoffe mir ist niemand gefolgt. Schnell sprinte ich die Treppe hinauf zu ihrem Zimmer. Ich klopfe leicht und betrete es dann. "Zozo" beginne ich leicht. Sie richtet ihren Blick langsam auf und schaut mich verweint an. "Dima." Kommt es zittrig von ihr. Ihre Augen sind gerötet und geschwollen. Es tut so weh sie so zusehen. Ich gehe auf sie zu und nehme sie in den Arm. "Ich bin da. Alles wird gut." Flüster ich und streichel ihr über den Rücken. Sie krallt sich in mein Shirt und weint. "Lass alles raus." Sage ich sanft und sitze einfach so mit ihr da. Eine kleine Lichterkette ist an und gibt schimmerndes Licht ab. Ich saß bestimmt eine Ewigkeit mit ihr im Arm da. Eine Zeit in der sie ihren Gefühlen freien Lauf lies und ich einfach nur da saß und ihr meine Nähe spendete. Ein Gefühl von Sicherheit. "Dima?" Fragt sie nach einer Zeit. "Ja?" Erwiedert ich und streichel über ihren Rücken. "Danke das du hier bist. Ich. Ich brauchte einfach jemanden. Liam war immer nach einem Alptraum für mich da." Erzählt sie. "Ich weiß. Es ist alles gut." Antworte ich. "Ich hätte nicht gedacht, dass mich das alles so mitnimmt." Flüstert sie. "Es nimmt uns alle mit. Das ist völlig menschlich." Sie löst sich leicht von mir und blickt mich an. "Du wirkst immer so stark. So als wenn es dir gar nichts ausmachen würde. Immer wenn ich dich ansehe hab ich das Gefühl das du genau den Plan hast, was zutun ist. Zugleich weckt es in mir auch das Vertrauen dass es genauso funktionieren wird. Wie schaffst du das?" Fragt sie während sie sich ihre Wangen trocknet. "Ich weiß es nicht. Vielleicht versuche ich einfach meinen Mitmenschen ein Gefühl von Sichherheit zu vermitteln. Das sie keine Angst haben müssten, weil uns schon etwas einfallen würde. Weil es am Ende doch immer gut enden muss oder nicht?" Beantworte ich ehrlich ihre Frage. "Endet es denn immer gut?" Entgegnet sie. "Weißt du noch was ich dir damals über Karma gesagt habe?" Frage ich sie. Sie nickt leicht. "Gute Menschen bekommen gutes Karma. Das Leben zahlt einem alles zurück." Zitiert sie mich. "Und du glaubst wir sind die Guten?" Fügt sie hinzu. "Anders als Stingy tun wir das nicht aufgrund eines Rachegefühls. Wir tun das für unsere Freunde. Unsere Familie. Wir verteidigen und beschützen die Menschen die uns lieb sind. Also wenn nicht wir die Guten sind, wer dann?"

Märchen existieren nicht | Johnny Diggson FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt