Kapitel 2: Fremdes Buch

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"Hey na du?" Michael und Maurice kamen, mit ihren vollen Tellern, an Manus Tisch gelaufen. Sie ließen sich auf die freien Stühle des Vierer-Tisches, an dem der Brünette schon ein Weilchen saß, fallen. Er stocherte in seinem Essen herum und hin und wieder schaffte er es auch, einen Happen davon herunter zu würgen. Normalerweise war das Schulessen ziemlich gut, doch heute schien die Salzpackung irgendwie in die Soße gefallen zu sein.

"Na?" Manu bemühte sich um ein halbwegs erkennbares Lächeln. Seine Freunde legten sofort den Kopf schief und musterten ihn.

"Was ist los?" Beide Sprachen wie aus einem Munde und mussten dann leicht anfangen zu lachen. Selbst der Brünette konnte nicht anders als mit einzustimmen.

Die beiden waren seit er auf diese Schule ging, sprich seit der fünften Klasse, seine besten Freunde. Sie gingen beide in die Parallelklasse, weshalb sie sich größtenteils in den großen Pausen sahen. Anfangs war es Manu noch ziemlich schwer gefallen zu den beiden dazu zu gehören. Maurice und Michael kannten sich schon seit der Grundschule und Manu war eben neu in diese Freundschaft gestoßen. Früher war er allerdings auch nicht so schüchtern. Man muss nämlich dazu sagen, das er es war, der die beiden bei den Kennlerntagen angesprochen hat. Heute wäre das undenkbar, aber das wissen die beiden auch.

"Ich muss am Samstag zu diesem Geburtstag und am Sonntag noch auf die Hochzeit. Und da sind überall so etlich viele Leute!" Dramatisch ließ der Brünette den Kopf hängen und gestikullierte mit seinen Händen in der Luft herum. Seine Freunde mussten sich ducken, vermutlich hätten sie sonst das Besteck ins Gesicht bekommen. Wenn Manu mit den beiden alleine war, dann war er immer total aufgedreht und überhaupt nicht mit diesem sonst so schüchternen Jungen zu vergleichen.

"Oh ja wie schlimm. Menschen ihh!" Lachte Michael und Manu verschränkte gespielt beleidigt die Arme vor der Brust, während er einen Schmollmund machte. Auch der Blondschopf neben ihm konnte nicht anders als lachen. Kurz lagen die Blicke der Restlichen Schüler auf dem Trio, aber schnell fanden sie wieder eine andere Beschäftigung. In den Momenten mit seinen Freuden störte Manu sich an der Tatsache, von allen Richtungen einen Moment angeschaut zu werden, keineswegs. Jedoch wenn er allein war, dann war das schon was anderes.

"Okay, kannst ja Mal ein Lebenszeichen von dir geben falls die Menschen dich nicht gefressen haben." Es hatte geklingelt und die Jungs erhoben sich um ihre immernoch Halbvollen Teller aufzuräumen. Manu nickte lächelnd und dann trennten sich die Wege von Manu und den anderen. Mit Blick auf dem Boden gerichtet schleppte er sich quer durch das gesamte Schulhaus, nur um von den Essenssälen im 'Keller' hoch in den dritten Stock auf der anderen Seite zu gelangen. Warum musste ausgerechnet sein Klassenraum so weit entfernt liegen? Auf dem Gang flitzten noch allerhand Schüler rum. Welche aus seiner Klasse hatte er auch gesehen, als er den Kopf mal kurz hob.

Rechtzeitig schaffte er es zum klingeln auf seinen Platz. Die Englischlehrerin hatte wie immer etwas Verspätung. Sie war schon alt und wäre normalerweise schon längst in Rente. Aufgrund des Lehrermangels an der Schule unterrichtete sie in Notfällen trotzdem noch. Sonst hätte die gesamte Stufe Zehn kein Englischunterricht. Schlimm genug das sie kein Sport hatten, ein wichtiges Fach wie Englisch durfte dann echt nicht wegfallen.

"I'm sorry class. Hello! Books page eight, please." Sie kam mit ihrer Tasche und dem Radio unter dem Arm herein und legte gleich los. Die Klasse kam der Aufforderung nach und alle öffneten ihre Bücher.

...

"Hey Manu, können wir noch mit zu dir?" Manu Lief nach Englisch und den zwei Stunden Deutsch, die er danach noch gehabt hatte, durch den Gang. Michael zusammen mit Maurice im Schlepptau, machten bei ihm Halt.

"Ja klar, wartet ihr draußen, Ich muss noch Bücher aus dem Spint holen." Mit einem Nicken gingen die gerade eben gekommenen weiter geradeaus, während Manu nach rechts einbog. Für die Spinte gab es einen extra Gang der zentral und Mittig der Schule lag.

"So und jetzt schnell raus." Er drückte so fest gegen die kleine Blaue Tür, das das klicken ertönte und sein Spint wieder verschlossen war. Die vielen Bücher hatte er auf dem Arm. Wie sollte er das nur schaffen? Etliche Hausaufgaben über das Wochenende, in welchem er absolut keine Zeit hatte, auch nur etwas für die Schule zu tun.

Mit den Büchern lief er Richtung Haupteingang. Wie immer schaute er auf den Boden, so bemerkte er nicht, das er geradewegs in einen weiteren Jungen reinrannte.

Die Bücher vielen mit einem lauten Knall zu Boden. Erschrocken zuckte er zusammen und taumelte einen Schritt zurück. Er hielt sich mit der einen Hand den Kopf, mit welchem er mit dem anderen Jungen, zusammengestoßen war. Auch dieser schaute kurz erschrocken und verzog sein Gesicht einen Moment lang.

"Tut mir soo leid, tut mir wirklich leid!" Manu hatte sich sofort auf den Boden gehockt und versuchte seine Bücher von den Unterlagen des anderen zu trennen, welche beim Fall vermischt worden waren. Er bemühte sich den Jungen nicht anzuschauen, er wusste ziemlich genau das er wieder rot geworden war.

"Ach kein Ding, hätte ja auch besser aufpassen können." Der größere hockte sich gegenüber von Manu hin und half beim einsammeln der Bücher. Manu wagte es nun doch mal hoch zuschauen. Der Junge war eindeutig größer als er, aus der zehnten Klassenstufe war er schonmal nicht, das wüsste Manu. Er hatte braune Haare die hochgegelt waren. Sie waren etwas heller als Manus eigene. Plötzlich hob sein gegenüber ebenfalls den blick und die beiden schauten sich direkt in die Augen. Er hatte schöne Braune Augen, sie glänzten in dem Licht der hässlichen, viel zu grellen Lampen, die überall auf den Fluren hingen und auf seinem Gesicht hatte sich ein Lächeln gebildet. Schnell schaute Manu wieder auf seine Bücher. Als sie am Ende beide geichzeitig nach dem letzten Buch griffen und ihre Hände sich leicht berührten, war es wie im Film. So klischeehaft und doch war das hier eben passiert. Mehr als ruckartig hatte der Jüngere seine Hand zurück gezogen und mit seinen Büchern auf dem Arm sich wieder aufgerichtet. Der Größere tat es ihm gleich und als er ebenfalls wieder stand, hielt er Manu das letzte Buch hin. Zögerlich nahm er es an. Sein Blick lag immernoch starr auf dem Boden. Wo auch sonst?

"Danke." Flüsterte er leise. Hätte für die restlichen Schüler nicht der Unterricht schon wieder begonnen, dann hätte man ihn nicht verstanden so leise sprach er. Ohne noch weiter zu warten, lief er mit schnellen und weiten Schritten Richtung Haupteingang, wo auch seine Freunde noch standen. Schnurastracks lief Manu an ihnen vorbei, raus aus dem Haus. Als er den Blick nocheinmal nach hinten wandt, da traf er wieder auf diese braunen Augen. Der Ältere Lächelte woraufhin Manu wieder rot wurde und noch schneller weiter ging. Er rannte schon fast.

"Hey Manu! Was hast du denn plötzlich. Ich kann nicht mehr." Nach einiger Zeit hielt Maurice in an der Schulter zurück und Verschnaufte kurz. Michael war noch ein paar Meter hinter ihnen. Immernoch dürfte der Brünette ziemlich rot sein. Warum musste das ausgerechnet ihm passieren? Sein Blick viel wieder auf die Bücher, die er immernoch hielt.

"Was hast du denn da für ein Buch?" Maurice nahm das Rote, was ganz oben auf dem Stapel lag und drehte es. Jetzt wo er es sagte, Manu besaß kein Buch was so aussah. Das war das, was der andere Junge ihm am Ende in die Hand gedrückt hatte.

"Das ist eins aus der Zwölften was willst du denn damit?" Zwölfte war der Junge also. Ob er Manu das Buch absichtlich gegeben hat? Schließlich hatte er es ja gesehen und müsste wissen das es seins gewesen war.

Zufallsglück // KürbistumorWhere stories live. Discover now