1. Yoongi

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"Entschuldigen Sie, dass ich zu spät bin!", rief ich beim Öffnen der Tür zum großen Musikraum der Schule. Ich bin die letzten Treppen gerannt, um nicht zu spät zu kommen, aber ganz hatte es doch nicht reicht. 

Oder doch? Denn niemand war hier. Aber wieso nicht? Genau jetzt sollte hier die Probe für das Frühlingskonzert stattfinden. Habe ich irgendwas nicht mitbekommen?

"Die Probe ist verlegt worden, Felicia. Also brauchst du dich nicht entschuldigen", sagte auf einmal jemand im Raum. Ich drehte mich zu dieser Person hin und entdeckte den Jungen, der beim Konzert auf dem Klavier spielen wird. Und genau an diesem Instrument saß er auch gerade.

Ich ging zu ihm und fragte, wann die Probe stattdessen stattfinde. "Selbe Uhrzeit, selber Ort nur halt morgen." Schnell bedankte ich mich bei ihm und wollte gehen, damit ich meinen Bus nach Hause noch erwische, aber ich hielt in meiner Bewegung inne. Denn Yoongi begann auf dem Klavier zu spielen.

Diese Melodie war wunderschön. Sie hatte irgendetwas Trauriges, aber dennoch Beruhigendes. Aber irgendwie auch nicht. Denn die Melodie verlor mit der Zeit ihre Sanftheit und es würde mich nicht wundern, wenn es in diesem Song um irgendeine Art von Schmerz gehe.

Ich setzte mich leise auf den Rand der Klavierbank und sah Yoongi einfach beim Spielen zu. Er schien gar nicht zu merken, dass ich noch hier war. Aber ich fand es auch besser so. Denn ich wollte ihn eigentlich auch gar nicht stören. Eigentlich wollte ich ja zum Bus. 

Ich hörte ihm gespannt zu. Jedoch hörte er irgendwann mittendrin auf zu spielen, ließ seine Finger aber noch auf den Tasten. Fast so als hätte man eine Pause-Taste gedrückt.

Es passierte eine Weile lange nichts. Am liebsten hätte ich ihn gefragt, ob er nicht weiter spielen wolle, aber das käme blöd rüber. Deswegen fragte ich, von wem die Melodie sei, weil ich sie sehr schön finde.

Anstatt mir eine Antwort zu geben, schwieg Yoongi einfach. Er sah aber nicht so aus, als müsste er überlegen, von wem das sei, eher als wolle er es nicht sagen. Aber ich wollte es wirklich gern wissen. Seit einer halben Ewigkeit habe ich keinen guten Song mit einer so schönen Melodie gehört. 

Deswegen fragte ich noch einmal, von wem das sei. Diesmal gab er sogar eine Antwort. Nur keine, die ich wollte. "Das sage ich dir nicht." Ich fand es wirklich schade, aber wenn er es mir nicht sagen will, dann kann ich ihn nicht dazu zwingen. Allerdings kann ich fragen, warum er es mir nicht sagen will.

"Weil es unwichtig ist." Nachdem er das als Antwort gab, begann er wieder zu spielen. Leicht missmutig seufzte ich und lauschte der Melodie. Komischerweise passte diese Melodie gerade sehr gut. 

"Ich finde diese Melodie wirklich sehr schön. Sie hat irgendetwas Einzigartiges, was ich vorher noch nie gehört habe. Wenn es einen Song zu dieser Melodie gibt, dann würde ich nur zu gern den Text lesen. Denn allein durch die wenigen Töne, die du auf dem Klavier spielst, fühle ich diesen Song. Das klingt komisch, aber es ist so."

Ich wollte Yoongi wirklich ungern beim Spielen unterbrechen, aber es schien ihn nicht gestört zu haben, dass ich dieser Melodie Komplimente machte. Zumindest schien es ihn nicht zu stören, als ich noch redete. Denn nachdem ich meine Meinung dazu gesagt hatte, hörte er auf zu spielen.

"Meinst du das alles ernst?", fragte er mich und sah mich heute zum ersten Mal an. Dass diese Frage kein Scherz für ihn war, konnte man deutlich erkennen. Auch schien ihm die Antwort wichtig zu sein. Sonst hätte er mich wohl nie angesehen. 

Ich nickte als Antwort. Für einen kurzen Moment sahen wir uns einfach stumm in die Augen. Doch dann drehte er sich von mir weg und suchte etwas in seiner Tasche. Zum Vorschein kam ein Zettel mit lauter Notizen, von denen einige sogar durchgestrichen waren, andere hingehen versehen mit Fragezeichen.

Während ich begann zu entziffern, was da eigentlich auf dem Zettel stand, fing Yoongi wieder an zu spielen. Eins wurde mir schon nach wenigen Augenblicken klar. Das was ich in der Hand hielt, war der Text zu dieser Melodie.

Gebannt las ich alles auf diesem Stück Papier durch und hörte weiterhin den kunstvollen Klängen des Klaviers. Obwohl der Text nicht fröhlich war, machte er mich dennoch nicht traurig. Die Melodie verhinderte das. Irgendetwas darin machte mir klar, dass es immer etwas Gutes gibt. Es war einfach seltsam.

"Hast du den Text geschrieben? Und die Melodie auch?", fragte ich, weshalb Yoongi wieder aufhörte zu spielen. Kurz sah er mir in die Augen, nickte und konzentrierte sich dann wieder auf das Instrument.

"Ich bin wirklich beeindruckt, Yoongi." Er spielte weiter und entgegnete: "Das ist jeder". Wie kann man denn auch nicht beeindruckt sein? Das ist so gut. So etwas kann nicht jeder. Aber er kann es, und dazu auch noch so großartig. Es ist unglaublich.

"Yoongi, du hast wirklich Talent dafür. Du musst später unbedingt etwas mit Musik machen. Ich kenne dich so gut wie gar nicht, aber ich bin mir sicher, dass du eines Tages damit berühmt wirst."

Nach meinen Worten hörte er wieder auf zu spielen und sah sogar wieder zu mir. Für einen Moment lächelte ich ihn an, aber dann gab ich ihm seine Notizen zurück und stand auf. "Ich würde den Song sehr gerne hören, wenn er fertig ist", teilte ich ihm mit und ging mit einer schlichten Verabschiedung Richtung Tür. 

Bevor ich aber aus der Tür trat, sah ich noch einmal zu Yoongi. Dieser sah auf seine Notizen, aber keine Sekunde später schon zu mir. Noch einmal lächelte ich ihn an und sogar er lächelte diesmal zurück. 

Nun drehte ich mich endgültig um und war dabei den Musikraum zu verlassen, als ich ihn noch sagen hörte: "Du wirst die Erste sein, die den Song hört."

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966 Wörter 

~🌹LY🌹~

BTS One ShotsWhere stories live. Discover now