1. Namjoon

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"Ach, das wird doch nichts." Ich sah von meinem Buch auf, zu der Person, die das eben gesagt hatte. Mir gegenüber saß ein Mädchen mit verzweifeltem Blick vor einem Biologie-Buch. Dasselbe hatte ich auch letztes Jahr. 

Ihre Augen huschten über den wohl dort stehenden Text und versuchten irgendetwas von diesen vielen Worten aufzunehmen und letzten Endes auch zu verstehen. Doch sie sah wirklich so aus, als wüsste sie absolut nicht, was sie da gerade liest. 

"Was ist denn das überhaupt für ein Wort? Desoxyribi- nein, Desoxyribonoklinsäure? Nein, nein, was zum- Nö, ich gebe auf." Sie schlug ihr Buch wütend zu und schob es von sich weg. Will sie das Lernen gerade wirklich nur deswegen aufgeben, weil sie das Wort Desoxyribonukleinsäure nicht vor sich hin sprechen kann? In einer Arbeit reicht DNA doch eigentlich aus.

Ich war mir aber sehr sicher, dass sie extra hier in der Bibliothek war, um wirklich für eine kommende Arbeit zu lernen. Jetzt aufzugeben wäre für mich keine Option gewesen. Manchmal muss man sich durch den Stoff quälen. 

Leise schlug ich mein Buch zu, brachte es zu seinem Platz zurück und ging zurück zu dem Mädchen. Auch wenn ich sie nicht kannte, setzte ich mich zu ihr. "Brauchst du beim Lernen vielleicht etwas Hilfe?", fragte ich höflich.

Das Mädchen sah mich einige Augenblicke lang verwundert an, bis sie dann mit einer simplen Handbewegung und den Worten "Nein, danke", abwinkte. "Ich komme damit schon allein klar. So schwer ist das ja eigentlich nicht." 

Sie hatte wohl nicht bemerkt, dass ich ihr kurz beim Lernen zugesehen habe, weswegen mir wegen vielerlei Dinge sehr wohl bewusst war, dass sie Probleme beim Lernen hat.

Auch wenn es etwas unhöflich von mir war, nahm ich mir ihr Biologie-Buch und schlug es auf. Die erste Seite die ich aufschlug, war die Seite mit den Namen und dem Schulstempel. Georgina war der neuste eingetragene Name. Der Name passt meiner Meinung nach sehr zu dem Mädchen neben mir.

Nach der Seite mit den Namen, schlug ich die Seite auf, die mit einem grünen Klebezettel markiert war. Auf dem Klebezettel stand noch drauf "-125". Gerade war ich bei Seite 107. Wahrscheinlich sollte sie bis zur Seite 125 lernen. Alles über Genetik. 

Aber Genetik war mir letztes Jahr leichtgefallen. Mit Vorfreude las ich mir die Texte noch einmal durch. Machmal überflog ich sie auch. Viele Sachen wusste ich noch, aber ich musste auch zugeben, dass ich einige Sachen wirklich vergessen habe.

Als ich mir einen groben Überblick verschafft habe, was Georgina lernen musste, sah ich wieder zu ihr. Sie lag mit ihrem Kopf auf dem Tisch. Ihre Augen waren geschlossen. 

Mein Blick wanderte langsam wieder zum Buch zurück. Erst einmal begann ich leise murmelnd, den Aufbau der DNA zu erklären und wozu sie eigentlich da war. Mit der Zeit wurde ich etwas lauter, erklärte alles auch an Beispielen, formulierte Merksätze für sie um und versuchte alles so spannend wie möglich zu gestalten. 

Mit der Zeit öffnete sie ihre Augen, setzte sich auch wieder auf und drehte dabei ihren Körper sogar etwas in meine Richtung. Sie stellte Fragen und versuchte manche Dinge selbst zu erklären, um zu überprüfen, ob sie es verstanden hat. 

"Ich weiß gar nicht, was ich für Probleme mit den Mendelschen Regeln hatte. Die sind eigentlich so einfach, man braucht nicht einmal einen Merksatz, um sie zu verstehen." Ich nickte ihr einmal zustimmend zu. Denn wenn man sich wirklich mit dem Thema befasst, dann kann man das alles schnell verstehen und Merksätze werden zu keinem Hindernis, weil man notfalls selber einen formulieren kann.

"Mich freut es, dass du das meiste nun verstanden hast. Das Lernen hat doch wirklich etwas gebracht. Ich bin sehr stolz auf dich", teilte ich ihr mit einem zufriedenen Lächeln mit. Denn mich machte das wirklich stolz. Zu sehen, wie andere etwas für sie Schwieriges schaffen, war für mich etwas sehr Besonderes. Es machte mich einfach glücklich.

Georgina lächelte zurück. Diese Spur anfänglicher Verzweiflung bei ihr, war mittlerweile komplett verschwunden. Es hat mich anderthalb Stunden gekostet, aber das war es mir sowas von wert. 

Dazu war Georgina auch sehr nett und eigentlich echt schlau. Ihre Eselsbrücken waren echt einfallsreich und sehr kreativ. Auf die meisten wäre ich wohl niemals gekommen.

"Soll ich dir noch weiterhelfen oder soll ich dich endlich in Ruhe lernen lassen?", fragte ich, weil ich ihr das Lernen mit mir irgendwie auch aufgezwungen habe. Sie schüttelte den Kopf. "Nein, es wäre sehr hilfreich, wenn du mir auch weiterhin helfen würdest. Aber du hast doch bestimmt selbst noch einiges zu erledigen. Da will ich dich nicht aufhalten."

Jetzt schüttelte ich den Kopf. "Das machst du doch gar nicht. Viel hatte ich heute sowieso nicht vor. Außer zu lesen und zu lernen, treffe ich mich sonst nur noch mit meinen Freunden. Aber die haben gerade keine Zeit. Deswegen würde ich dir sehr gerne noch weiter helfen."

Georgina lächelte mich dankend an und bedankte sich dann noch einmal in Worten. Genau dasselbe tat ich auch. Denn ich machte nun nicht nur eine Sachen, die mir Spaß macht, sondern auch eine, die mich glücklich macht.

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844 Wörter 

So, ich bin aus England zurück. Jetzt habe ich ein paar Tage in denen ich Zeit zum Schreiben habe und diese werde ich nutzen. Durch meinen Aufenthalt in England habe ich so viele neue Ideen bekommen. Aber einige werden nicht hier landen. Denn mit diesen will ich ganze Geschichten schreiben. Ich bin echt gespannt, ob das was wird oder ob die Ideen am Ende nicht doch hier landet. 

~🌹LY🌹~

BTS One ShotsWhere stories live. Discover now