4. Tae

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Ich starre immer noch meine trostlose Zimmerdecke an. Sie hat sich in den letzen Stunden weder verändert noch mir eine Antwort auf meine Frage geben. Eine Antwort kann mir wahrscheinlich nur Tae geben. Leider...

Leise seufzend setzte ich mich auf und nahm mein Handy in die Hand. Dort suchte ich nach dem Chatverlauf einer Freundin und mir. Ich scrollte eine ganze Weile in meine Vergangenheit zurück. Damals, als es nur Kleinigkeiten waren. Kleine, kleine, Kleinigkeiten...

Eine Beschwerde über Tae hier, eine Beschwerde über Tae da. Dann eine freudige Nachricht, weil er doch Zeit für mich gefunden hat, danach wieder eine Beschwerde. Dann noch eine und noch eine.

Alle Tipps dieser Freundin habe ich mir zu Herzen genommen. Oft habe ich gesagt, dass ich mit ihm spreche. Getan, habe ich es nie. Wieso auch?

Ich kuschelte mich weiter in meine Decke rein. Mir war eigentlich schon zu warm unter der Decke, aber ich hatte das Gefühl, sie ist das Einzige, was mir Wärme und Geborgenheit gibt. So sollte es aber nicht sein.

Meine jetzige Situation sollte gar nicht sein.

Aber trotzdem war sie da. Und ich hinderte sie nicht an ihrer Existenz. Warum? Weil ich die Hoffnung aufgegeben habe. 

Anstatt in noch traurigeren und schmerzhafteren Erinnerungen zu versinken, las ich weiter. Wieder eine Beschwerde. Aber dann endlich ein normales Thema. 'Normal'.

Ich übersprang den Teil, in dem ich mich selbst fertig gemacht habe und las nur die aufmunternden Worte. Sie machten mich glücklich. Ließen mich meine Probleme vergessen. Ließen mich Tae vergessen.

Dabei wollte ich Tae nicht vergessen. Niemals würde ich das wollen. Nur die Situation zwischen uns, war etwas, auf das ich ruhig verzichten könnte.

Aber was soll's? Tae wird sich nie ändern. Er ist so wie er ist. Und dafür mag ich ihn eigentlich ja auch. Eigentlich...

Doch die fehlende Ernsthaftigkeit ist ein Problem. So sehr ich seine kindliche Art auch mag; in manchen Situationen brauche ich diese Art einfach nicht. Besonders nicht, wenn es mir schlecht geht. Wenn ich reden will. Wenn ich nicht allein sein will. 

Tae kann anders sein. Doch zeigt er diese Art von seinem Selbst viel zu selten. Er kann sein wie er möchte. Deswegen behalte ich meine Schmerzen auch für mich. 

Ich will ihn nicht verletzen. Niemals würde ich das wollen. Jedoch ist ein Zwang dieser Tat in den Chatverläufen zu lesen. Anders gehe es nicht. Anders lerne er nicht. Anders wisse er nicht, dass es mir schlecht gehe. 

Verletzen will ich ihn trotzdem nicht. Ich werde einfach weiter vor mich hin schweigen. Vielleicht hilft das ja. Und wenn nicht, dann nicht. Ich habe mich bereits damit abgefunden. 

Wieder las ich eine Beschwerde. Wie oft habe ich mich denn über ihn beschwert? Ich kann mich daran teilweise nicht einmal mehr erinnern. 

Wieso bin ich so ein schlechter Mensch?

Wäre ich ohne Freunde besser dran? 

Wäre mein Leben einfacher? 

Weil ich meine Meinung sage. Wahrscheinlich. Nein.

Nein, mein Leben wäre nicht einfacher. Vielleicht wäre es sogar noch schwerer. Aber gibt es eine schwere Situation als meine für einen Menschen? Für einen schlechten Menschen?

Ja, es gäbe eine Sache, die alles schlimmer machen würde. Eine. Aber darüber will ich nicht nachdenken. Denn genau das ist es, was ich vermeiden will. Um alles in der Welt. Dafür ist Tae mir zu wichtig.

Eine lange Zeit kamen keine Beschwerden. Fast so, als sei meine Welt problemlos. Aber der Schein trügt. Mal wieder. Denn er tut es immer. Und er auch.

Es war keine Beschwerde. Nein. Es war eine Nachricht, in der ich sagte, dass ich wahrscheinlich keine gute Freundin sei. Und das war noch schlimmer. 

Vielleicht bin ich an allem Schuld. Ich könnte das Problem aus der Welt schaffen. Nur eine Sache müsste ich tun. Aber dafür bin ich wohl zu blöd. So wie ich für alles zu blöd bin. 

Und schon wieder mache ich mich selbst fertig. Wieder und wieder. Erneut und erneut. Nochmal und nochmal. Von vorn und von vorn. Aufs Neue und aufs Neue.

Ein Teufelskreislauf, der kein Ende nimmt. Doch. Es gibt ein Ende. Eines, welches ich nicht erreichen möchte. Etwas, was bei mir mehr Schmerzen verursachen könnte, nein, wird als ich jetzt schon habe. 

Wieso habe ich nicht auf meine Freunde gehört? Es ist so einfach. Tae wird mich dafür nicht hassen. So ist er nicht. Das weiß ich. Aber es ist alles so kompliziert. Erkennbar an meinem Wachsein gegen ein Uhr nachts. 

Ich sollte schlafen. Das sollte ich wirklich tun. Aber was bringt es mir? Ein neuer Tag zum Nachdenken. Eine Nacht mit Alpträumen und Angst. Eine Zeitspanne zum Eingehen.

So gerne ich mich mit einer Blume vergleiche, so gerne würde ich eine sein wollen. Die Angst, keine Sonne, kein Wasser und keine nahrhafte Erde zubekommen, wären meine einzigen Sorgen. Aber ich brauche etwas anderes. Etwas, was ich nicht bekommen kann. Und daran bin ich schuld.

Mit meinem Handy in der Hand drehte ich mich auf die Seite. Ich suchte nach meiner langen Nachricht die Antwort, die mich damals mehr als glücklich gemacht hat. Denn so etwas hatte eigentlich niemand vorher zu mir gesagt. 

"Du bist eine gute Freundin. Hab dich lieb." 

Ich hätte ahnen müssen, dass ich bei so einer Nachricht anfange zu weinen. Das war mir damals schon fast passiert und nun bin ich noch aufgewühlter als sonst. 

Leise vor mich hin weinend legte ich mein Handy weg und kuschelte mich ganz mit meiner Bettdecke zu. Ich wimmerte leise vor mich hin und versuchte, nicht noch lauter zu weinen. Denn ich will nicht weinen. Wegen so etwas sollte man nicht weinen. 

Ich will zu Tae. Warum auch immer will ich einfach zu Tae. Das Leben ist nicht fair. Wie kann er mir nur so etwas antun?

Ich kann nicht zu Tae. Wegen vielerlei Gründen kann ich nicht zu Tae. Das Leben ist halt einfach unfair. Wieso habe ich mir so etwas angetan?

Es hätte alles anders laufen können. Alles. Ich könnte schlafen und mich auf den nächsten Tag freuen, den ich lachend, ernsthaft, nicht gespielt lachend, mit Tae verbringen könnte. Einem Tag, an dem ich so sein darf, wie ich nun einmal bin. An einem Tag, wo ich mich nicht eingeschränkt fühle. Einem freien Tag. Einem Tag, an dem mein Leben wieder wie früher ist.

Es bringt aber nichts. Diese Vorstellungen bleiben ein Traum. Denn ich will niemanden verletzen. Selbst Schaden zu nehmen ist nicht die beste Idee, aber was tut man nicht alles, für eine Freundschaft?

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1047 Wörter 

~🌹LY🌹~

BTS One ShotsWhere stories live. Discover now