2. Yoongi

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"Hörst du mir überhaupt zu?", fragte ich meinen Freund, aber wie immer kam keine Reaktion seinerseits. Egal was ich jetzt auch machen würde, es würde nichts bringen. Ihn übers Handy anschreiben, ihm einen Klebezettel mit einer Erinnerung schreiben oder ihm seine Aufgabe auf die Hand tätowieren; das alles würde wahrscheinlich nicht klappen.

Auch wenn ich es wirklich nicht leiden kann, mich zu wiederholen, erklärte ich ihm noch einmal, was er zu tun habe. Selbst wenn er nur die Hälfte oder gar nichts mitbekommen wird. 

"Also, Yoongi", begann ich und seufzte hoffentlich ein letztes Mal. "Morgen Früh werde ich einkaufen gehen. In der Zeit würde ich dich bitten, ein bisschen aufzuräumen und auch schon etwas für das Mittagessen vorzubereiten. Immerhin wolltest du ein paar deiner Freunde hierher einladen. Da wäre es toll, wenn du auch etwas machen würdest."

Mein vor dem Fernseher sitzender Freund schien wieder nicht zugehört zu haben. Wieso auch? Ich als seine Freundin war wohl nicht so wichtig wie der Fernseher und die gemütliche Couch.

"Danach wollte ich noch mit dir in einen Freizeitpark und dort alle Achterbahnen fahren, die es gibt", log ich. Achterbahn zu fahren, war nicht unbedingt eine meiner Lieblingsaktivitäten. Vielleicht eine oder zwei Runden, aber nicht mehr. 

Da Yoongi immer noch nicht reagierte, dachte ich mir noch mehr aus. "Letztens habe ich erst gelesen, dass der Wohnblock neben unserem abgerissen werden soll. Außerdem wird morgen aus Spaß die ganze Stadt evakuiert, weil der Bürgermeister in Ruhe Urlaub machen will, und wir ihn alle stören. Wir müssen dann drei Tage auf Bäumen schlafen, keine Couch, kein Bett. Nur Bäume. Auch WLAN soll es im Wald nicht geben. Ich hoffe echt, dass wir keinem Dinosaurier begegnen, weil ich die Weltraum-Polizei sonst nicht erreichen kann."

Auch hier gab es keine Reaktion seinerseits. Wirklich? Nicht einmal ein "Was redest du denn für einen Quatsch?" oder von mir aus auch ein "Hast du was gesagt?". Aber nein, es blieb aus.

"Und wenn wir wieder hierher kommen, wird hier überall Glitzer liegen, weil Außerirdische eine Party gefeiert haben. Dann müssen wir das aufräumen. Unser Kind soll ja nicht im gefährlichen rosa Glitzer aufwachsen. Immerhin kommt das Kind in einigen Monaten schon zur Welt."

Nach dieser Aussage gab ich es auf. Jetzt hatte ich einfach keine Lust mehr.

Ich liebe Yoongi wirklich. Grundlos bin ich nicht mit ihm zusammen. Aber manchmal habe ich einfach das Gefühl, dass er mich etwas weniger liebt als ich ihn. Und wenn er mich doch so sehr liebt, wie ich ihn, dass zeigt er es eindeutig zu selten. Es interessiert ihn nicht einmal, oder besser gesagt fällt es ihm nicht einmal auf, dass ich manchmal wirklich einsam bin.

Ich habe eine große Schwester, die aber viele Jahre älter ist als ich. Sie zog aus, als ich gerade mal 11 war. Außer meinen Eltern hatte ich eigentlich niemanden. Ein paar Freunde ja, aber zuhause niemanden. Ich fühlte mich einmal so allein, dass ich mich sogar mal als Einzelkind vorgestellt habe.

Mit Yoongi hatte ich endlich eine Person zum Reden gefunden. Ich redete mehr als er, aber er hörte mir immer zu. Egal worum es ging. Doch das hatte sich mittlerweile ja geändert.

Ich ließ meinen Freund in Ruhe und ging in unser Schlafzimmer. Abends war so ziemlich die einzige Zeit gewesen, wo wir immer miteinander geredet haben. Also seit unserem Zusammenzug. 

Yoongi erzählte mit gefühlt drei Worten seinen ganzen Tag und ich wollte ihm jedes kleine Detail erzählen. Deswegen redete ich sehr viel. Meistens war er dabei eingeschlafen, aber ich fand das nie wirklich schlimm.

Noch etwas weiter in unserer Vergangenheit, hatte er mich sogar oft gebeten, etwas zu erzählen. Denn er meinte, er liebe es, meine Stimme zu hören. Damals noch...

BTS One ShotsDonde viven las historias. Descúbrelo ahora