KAPITEL SECHS ㅡ cittàlenta

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„Giongu!"

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Giongu!"

Camillas helle, aufgeregte Stimme bahnte sich ihren Weg durch den Flur, da hatte Maria die Tür noch nicht einmal vollständig geöffnet. Sie musste ihn durch die Gegensprechanlage gehört haben, denn als Maria breit grinsend einen Schritt zur Seite machte, sprang sie ihm über den Teppich entgegen – geradewegs in seine Arme, die er geistesgegenwärtig ausgestreckt hatte.

Sie plapperte sofort los; ein schnelles, hastiges, überglückliches Exempel ihres kindlichen Italienisches, das er noch niemals wirklich verstanden hatte.

„Du erinnerst dich also an mich", stellte er auf Spanisch fest, mit einem belustigten Seitenblick in Richtung Maria, die die Tür ins Schloss zog und sich mit einem weichen, liebevollen Grinsen dagegen lehnte.

Als Camilla genug davon hatte, mit ihren kleinen, linkischen Händen den Stoff seine Lederjacke abzutasten und sich zu vergewissern, dass es dieselbe war, die er auf ihrer kleinen Rettungsmission getragen hatte, ließ sie von ihm ab und Jeongguk stellte fest, dass sie um einiges gesünder aussah, als noch vor wenigen Tagen.

Auch, wenn es ihm zuvor nicht in Augenschein gefallen war, hatten ihre Wangen im Nachhinein doch etwas eingefallener gewirkt als sie es jetzt taten; und die fahle Farbe ihrer Haut war inzwischen einer rosigeren Schattierung gewichen.

Bei einem schnellen Blick über ihre Schulter fiel ihm auf, dass die Wohnung seiner Adoleszenz inzwischen kindersicher gemacht worden war – die meisten von Marias geblümten Vasen, die sie entweder auf Flohmärkten aufgestöbert hatte, oder Vale und er im Kunstunterricht für sie getöpfert hatten, waren verschwunden, genauso sehr wie die geklöppelten Spitzendeckchen, die Jeongguk ohnehin allzeit für den Gipfel schlechten Geschmacks gehalten hatte.

„Die Wohnung ist zu klein für sie", sagte Maria erklärend, als sie seinen Blick bemerkte. „Und sie hat wirklich viel Energie."

Eine Müdigkeit schwang in ihrer Stimme mit, die Jeongguk nicht entging. Er wusste, dass Maria im Augenblick ans Haus gefesselt war, und an die Krücken, die im Flur neben der Garderobe lehnten und er fragte sich nicht zum ersten Mal, ob Diego nicht vielleicht Recht hatte.

„Maria...", begann er, ohne zu wissen, was er am Ende seines Satzes gesagt haben wollte und die Frau, die ihn besser als kannte, als sonst jemand auf dieser Welt, erstickte seine schlecht geplante Entschuldigung im Keim und legte ihm im Vorübergehen die Hand auf die Wange.

„Wir wollten gerade Kuchen essen." Sie war schon auf halben Weg in die Küche, ehe sie sich mit einem tiefen Lächeln zu ihm umwandte. „Merenda, wie Camilla es nennt. Sie besteht darauf. Das ist eine italienische Sache von kultureller Bedeutung, und anscheinend soll einen der Zorn einer Nation treffen, wenn man sie verpasst."

„Merenda?", fragte Jeongguk mit amüsierten Blick in Richtung Camilla, die im Türrahmen zur Küche lehnte und nun, da sie ihn begrüßt hatte, offensichtlich einem akuten Anfall von Verlegenheit anheim wurde, kichernd zwischen Marias Beine hindurch in die Küche rannte und den hohen Stuhl an der Theke erklomm, den sie offenbar zu ihrem erklärt hatte.

SLOWTOWNWhere stories live. Discover now