12.Kapitel

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Seit unserem Gespräch war ich auf der Hut.

Ich beobachtete die Wölfe mit Adleraugen, denn ich wusste es besser, als Nates Drohung zu ignorieren. Ich hatte sie erkannt sobald er sie ausgesprochen hatte.

Ob ich eine Erinnerung benötigte?

Ob ich vergessen hatte zu was er und sein Rudel fähig waren?

Niemals, nicht in hundert Jahren würde ich vergessen das er eine Gefahr war. Das er mich kannte wie kein anderer. Meine Schwächen und Ängste witterte wie ein Bluthund.

Serena kannte meine guten Seiten. Sie konnte mich zum Lachen und zum Vergessen bringen.

Ihr Stiefbruder kannte meine Abgründe und stieß mich beliebig oft hinunter um zu sehen ob ich wieder aufstehen würde. Bisher war ich das immer wieder. Hatte mich an den Felswänden empor geangelt bis ich endlich wieder Tageslicht erreichte.

Er hatte mich schon so oft reingelegt und Komplotte gegen mich geschmiedet, dass ich ein Talent dafür entwickelt hatte die Vorzeichen für eine seiner Attacken zu erkennen.

Es fühlte sich ähnlich wie die Ruhe vor einem Sturm an.

Das gab es wirklich... Wenn man sich vor einem Gewitter vors Fenster kauerte oder auf die Terrasse setzte und die Wolken beobachtete konnte man immer dasselbe Muster feststellen. Windstille.

Und genau diese Stille strahlten die Wölfe die Tage nachdem ich Nate darum gebeten hatte sich auf unser Literaturprojekt zu konzentrieren aus.

Ich nutzte die Stille nicht nur aus um mich selbst in den Wahnsinn zu treiben und Verschwörungstheorien auszustellen, sondern auch um Ideen für ein potenzielles Thema unseres Projekts zu suchen.

Zumindest einer von uns sollte sich die Mühe machen...

Wenn ich mich wirklich reinhänge und die ganze Arbeit allein machen würde könnte ich Glück haben und das Ergebnis sähe trotzdem wie eine Gruppenarbeit aus.

Eine nachlässige, aber wenigstens würde es den Eindruck vermitteln, dass ich dazu in der Lage war in einem Team zu arbeiten...

Als ich heute morgen aufgestanden war, hatte ich unser Zimmer komplett für mich allein gehabt.

Obwohl die Zeiger von Nates Wecker er fünf Uhr anzeigten, schien er den Raum schon lange verlassen zu haben.

Sein Laken war verwüstet und seine Klamotten lagen überall auf seiner Seite des Zimmers verteilt, aber das war schon seit dem ersten Tag so gewesen...

Es war merkwürdig ihn auf einmal so privat zu erleben.

Zu sehen, dass er sich nie die Mühe machte sein Bett zu richten oder seine Klamotten zu falten. Das er seinen Mantel immer über die Lehne seines Schreibtischstuhls warf bevor er die Tür schloss und viel zu häufig mit seinen Stiefeln über den grauen Teppichboden lief...

Seit wir uns das Zimmer teilten wusste ich das er auf dem Bauch schlief, egal ob er zugedröhnt oder nüchtern war.

Ich wusste das er jeden Morgen plötzlich aufschreckte, als würden ihn schreckliche Alpträume plagen, hörte seinen hektischen Atem von unserem Badezimmer aus und tat ihm trotz allem was er mir in der Vergangenheit angetan hatte, den Gefallen seine Panik zu ignorieren...

Es war wie früher als ich klein war.

Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für Filme und am interessantesten fand ich die Bösewichte. Nicht weil ich so sein wollte wie sie oder weil ich ihre Motive verstand, aber weil sie meistens die komplexesten Charaktere der Geschichte waren.

RUNNING WITH THE WOLVES...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt