20.Kapitel

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Ich lief mit einer blutbespritzten Einkaufsliste durch Hillshires einzige Tankstelle. Hugo Saderman der Tankstellenwart strafte mich mit neugierigen und zu seiner Verteidigung auch mit besorgten Blicken.

Keine Frage, dass ich morgen Stadtgespräch Nummer eins sein würde. Ich legte das Verbandszeug, die Tacker und den Alkohol auf den Tresen zum bezahlen und sparte mir jeglichen Dialog.

Alles was ich Hugo anbot bevor ich mit meinem Einkauf nach draußen verschwand war ein zaghaftes Lächeln, dass er mit nur fünf Zähnen im Mund erwiederte.

Die Westside Wolves hatten mich wirklich stark betäubt, denn als Nate und ich aus ihrem Hauptsitz humpelten, war bereits die Sonne untergegangen.

Als ich aus der Tankstelle kam verschluckte mich also die Nacht und hüllte mich in ihren schützenden Mantel der Dunkelheit. Nates schwarzer Jeep war das einzige was sich selbst in dieser Düsternis noch hervorhob.

Ich stellte die Papiertüte mit meinem Einkauf im Fußraum des Beifahrersitzes ab und starrte aus der Frontscheibe.

»Du musst ins Krankenhaus«, sagte ich.

Es glich einem Wunder, dass er überhaupt noch in der Lage war Auto zu fahren. Ich wäre gefahren, aber Nate war einer dieser Menschen die sich weigerten, selbst halb totgeprügelt einem anderen Menschen das Steuer oder in diesem Fall das Lenkrad zu überlasse.

»Mason kennt sich mit solchen Verletzungen aus«, spielte er die Sache runter. »Soll ich dich bei deiner Tante absetzten? Er traut sich nicht auf die Eastside.«

Mit er, meinte er natürlich seinen Vater.

Die Westside Wolves verwandelten sich in süße kleine Handtaschen-Hündchen sobald sie es wagten die Westside zu verlassen. Aber sein Vater war gerade meine geringste Sorge.

»Hört auf mich wegzustoßen«, sagte ich.

Jetzt da ich wusste, wovor er die ganze Zeit über Angst gehabt hatte... es wäre eine Übertreibung zu behaupten dass ich es nachvollziehen konnte. Aber er tat mir trotzdem leid. Serena hatte von Anfang an Recht gehabt, Nate war furchtbar einsam, das musste er sein.

Er hatte jeden weggestoßen, bevor sein Vater es tun konnte.

Niemand durfte zu nah herankommen...

»Du musst es jemandem sagen.«

Diese Verletzungen. Seine blauen Flecken waren eine Sache gewesen, aber das was ich vor wenigen Minuten mit angesehen hatte, es gab keine Worte dafür. »Ich meins ernst.«

Nate schnaubte und fluchte als es offenbar Schmerzen verursachte.

»Und wem soll ich deiner Meinung nach davon erzählen, dass mein landesweit bekannter Gangstervater seinen Sohn schlägt?«, fragte er als hätte er schon hundert Mal darüber nachgedacht, als gäbe es keine Lösung für sein Problem.

Ich lauschte auf das Brummen des laufenden Motors, um mich selbst etwas zu beruhigen.

»Irgendwem...«, nuschelte ich und kniff die Lider zusammen.

Nate in seinem Zustand anzusehen war etwas, dass ich nicht verkraften konnte.

»Ich fahr dich zu deiner Tante.«

»Nein. Ich will dich jetzt nicht allein lassen«, sagte ich und meinte es ernst.

Falls er versuchen würde mich in Hillshire loszuwerden, würde ich mich an seinem Auto festbinden.

»Ich bin nicht allein. Ich fahre zurück ins Loft.«

»Gut. Ich komm mit.«

Wir schwiegen eine Weile und ich konnte die Räder in Nates Schädel förmlich ticken hören. Wo er wohl die Kraft zum diskutieren hernahm?

RUNNING WITH THE WOLVES...Where stories live. Discover now