18.Kapitel

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Mariewood war genau wie jeder andere Ort auf der Welt, hundert Mal schöner wenn er mit einer Schicht Neuschnee bedeckt wurde.

Gestern Abend hatte es angefangen zu schneien und immer noch nicht aufgehört.

Die Dächer und Straßen der Kleinstadt sahen aus, wie mit Puderzucker bestreut und die Wiesen glänzten vom Frost.

Es war wunderschön.

Ich war froh das ich mein Auto vom Campus geholt und es morgen früh nach dem aufstehen von Eis freikratzen konnte ohne durch die halbe Stadt zu laufen.

Nate hätte mich zwar auch wieder nach Hause gefahren, da war ich mir sicher, aber ich wollte mein eigenes Fahrzeug in meiner Nähe wissen. Nur für alle Fälle.

Es war Samstag Vormittag und wir saßen auf Nates Matratze, um an unserem Literaturprojekt zu arbeiten. Auf dem grauen Laken waren unzähligen Notizen, Post-its und Blätter mit verschiedenfarbigen Markierungen verteilt.

Ich freute mich darüber, dass Nate sich dazu bereits erklärt hatte unsere Abmachung doch noch einzuhalten. Er gab sich nicht sonderlich viel Mühe, aber er war anwesend, bearbeitete die Aufgaben die ich ihm schweigend zuschob und hörte aufmerksam zu, sobald ich etwas erklärte.

Wenn ich etwas vorschlug nickte er es ab.

Wir waren seit Stunden beschäftigt und er war noch nicht geflüchtet...

Nate lehnte mit dem Rücken gegen seine kahle Wand und sah aus dem großen Fenster vor dem sein Schreibtisch stand. Draußen rieselte der Schnee vom Himmel.

Die Wolken waren weiß und das Licht grell.

Es waren dicke Schneeflocken. Das waren die besten.

Nate beobachtete den Schnee dabei, wie er fiel und schien für einige Sekunden komplett zu vergessen wo er sich befand.

Er trug einen weiten schwarzen Kapuzenpullover und eine dunkelgraue Jogginghose. Die hellste Farbe die ich jemals an ihm gesehen hatte.

Seine blondierten Haare leuchteten wie immer unnatürlich grell, im Kontrast zu seiner düsteren Kleidung.

Ich nutze die Zeit in der er so verloren nach draußen sah, um ihn genauer zu mustern.

Die Chance dazu, erhielt man nicht oft.

Ich ließ meinen Blick über seine Beine und seine schmale Taille wandern. Über die tätowierte Motte an seinem Hals und die Rosenknospen auf seinen Handrücken.

Nachdem was Vanessa mir gezeigt hatte, nachdem ich ihre Narben gesehen hatte, konnte ich sie nicht wieder vergessen. Und vor allem, dachte ich seitdem ununterbrochen an Nates Blutergüsse und sein mittlerweile gelbes Auge.

Es schimmerte nur noch an wenigen Stellen leicht violett.

Wettkämpfe oder illegale Boxveranstaltungen konnte gefährlich werden und es gab so gut wie keine Regeln, bei solchen Vereinen... Ich wollte nicht das er sich in solche Gefahr brachte, aber traute mich auch nicht ihn auf die Verletzungen anzusprechen.

Ich war ein Feigling.

Aber ich schätzte, man konnte schlimmeres sein...

Ich stand kurz davor meine Hand nach ihm auszustrecken, seinen Pullover hochzuschieben und nach neuen Blutergüssen zu suchen, hielt mich aber zurück als ich bemerkte das Nate nicht länger nach draußen sondern mich anstarrte.

Er seufzte, angelte sich eines der gelben Post-its, kritzelte etwas darauf und klebte es mir an die Stirn.

Ich zuckte automatisch zurück als er sich zu mir bewegte aber er ignorierte es und ließ sich wieder gegen die Wand sacken.

RUNNING WITH THE WOLVES...Where stories live. Discover now