4.Kapitel

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Als ich am nächsten Tag in die Schule kam, wurde ich am Eingangstor sofort von meiner besten Freundin Milena empfangen. Schon von weitem hatte ich sie erkannt, mit ihren kurzen blonden Haaren und der auffällig bunten Kleidung war sie kaum zu übersehen.

>>Und?<<, fragte sie erwartungsvoll, nachdem sie mich stürmisch umarmt hatte. >>Ist dein neuer Klavierlehrer genauso schlimm wie Herr Sauer?<<

>>Schlimmer<<, grinste ich, >>Viel schlimmer!<<

Gespannt sah sie mich an. >>Inwiefern?<<, hakte sie nach und zog mich übern Schulhof zum Schulgebäude. >>Hat er Mundgeruch?<<

>>Nein<<

>>Einen schlechten Kleidungsgeschmack?<<

>>Nein<<

>>Ist er zu streng?<<

>>Nein<<

>>Zu unfreundlich?<<

>>Nein<<

>>Zu hässlich?<<

>>Nein<<

>>Ah, ich weiß.<< Milena blieb stehen, fasste mich an den Armen und schaute mir in die Augen. >>Er hat dich angemacht?<<

>>Ich wünschte, es wäre so.<<

>>Hä? Was ist an ihm denn nun so schlimm?<<

>>Er sieht gut aus!<< Meine Augen begannen zu leuchten, als ich an ihn dachte. >>Und er ist charmant, lustig und total freundlich. Er findet, dass ich gut zeichnen kann. Und dass ich gut Klavier spiele.<<

>>Du und gut Klavier spielen?<<, fragte Milena lachend, >>Hatte das Herr Sauer nicht ganz anders gesehen?<<

>>Nils ist nun mal nicht Herr Sauer.<<

>>Nils? Ihr seid also schon beim Du angelangt?<<

>>Er ist einundzwanzig und wirkt sogar noch jünger. Es wäre komisch ihn Herrn Körner zu nennen.<<

>>Du magst ihn.<<, stellte Milena lächelnd fest.

>>Ich kenne ihn doch erst seit gestern. Außerdem ist er viel zu alt für mich.<<

>>Einundzwanzig ist er, sagst du? Das sind doch nur... sieben Jahre.<<

>>Nur ist gut. Er ist schon ein Erwachsener. Und ich bin noch ein Kind.<<

>>Du magst ihn trotzdem.<<, beharrte Milena, >>Ich sehe doch, wie deine Augen bei seiner Erwähnung leuchten. Außerdem bist du rot geworden, als ich dich nach ihm gefragt habe.<<

>>Bin ich nicht!<<, widersprach ich.

>>Man lügt seine beste Freundin nicht an.<< Milena zwinkerte mir zu, irgendwie erinnerte mich ihr Zwinkern an das von Nils.

>>Da läuft wirklich nichts.<< Ich erröte wieder. >>Na gut, er ist süß und... ich weiß nicht... irgendwie war ich in seiner Nähe total... anders. Er ist so...<<

>>Ich habe doch gesagt, du magst ihn!<<

Ich wollte ihr wieder widersprechen, aber je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr wurde mir bewusst, dass sie ja irgendwie recht hatte. Ich mochte ihn, ich mochte ihn sogar sehr. Ich mochte ihn mehr, als mir lieb war.

Der KlavierlehrerWhere stories live. Discover now