13.Kapitel

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Sobald die Schulklingel den Unterrichtsschluss ankündigte, sprang ich auf, packte Milenas Hand und zog sie durch die langen Gänge unserer Schule hinter mir her. Wir setzten uns auf die Stufen zum Eingang und warteten gespannt, während ich ihr ununterbrochen von Nils erzählte, ihr Bilder zeigte und bei jedem Auto, das am Eingang vorbeifuhr, erwartungsvoll ins Innere blickte. Eigentlich wusste Milena schon alles über Nils, ich hatte ihr jedes Gespräch und jeden Chatverlauf zwischen uns schon wortwörtlich wiedergegeben, stundenlang hatten wir ihn auf Instagram, WhatsApp und Snapchat gestalkt oder unsere Hochzeit bis ins kleinste Detail geplant. Aber ich erzählte ihr dennoch immer wieder gerne von ihm, von seinem wundervollen Humor und seinem umwerfenden Lächeln.

Zehn Minuten nach Unterrichtschluss kam Nils endlich mit seinem schwarzen Cabrio vorgefahren. Er parkte am Straßenrand und stieg lässig aus dem Auto aus.

>>Oh mein Gott wie heiß!<<, flüsterte Milena mir zu und ich spürte, wie ich mal wieder errötete.

Nils sah heute wirklich gut aus, auch wenn das nichts Ungewöhnliches war. Seine dunkelblonden Locken hatte er unter einer Baseballcap verborgen, Ohrstöpsel steckten in seinen Ohren und eine Sonnenbrille saß auf seiner Nase. Auch sein Kleidungsstil war anders als sonst, er trug Markenklamotten und trotz des warmen Nachmittags eine dunkle Lederjacke. Er sah gut aus, das konnte man nicht leugnen, dennoch verwunderte es mich, ihn so lässig und zurechtgemacht zu sehen.

Nils stellte sich zu uns, umarmte mich fest und nahm die Ohrstöpsel aus seinen Ohren.

>>Hi<<, hauchte Milena und hob die Hand zum Gruß.

>>Hi, äh...<<

>>Milena<<, stellte meine beste Freundin sich vor. >>Du bist Nils, nicht wahr?<<

>>Ja, bist du eine Freundin von Kira?<<

>>Die beste Freundin<< Milena zwinkerte ihm zu. Ich hatte ihr schon öfters vorgemacht, wie Nils mir immer zuzwinkerte, und das war mal wieder typisch für Milena, dass sie ihn jetzt nachmachte.

>>Hast du nicht mal gesagt, Brillen würden dir nicht stehen?<<, fragte ich Nils und deutete auf die Sonnenbrille, die er trug.

>>Wann habe ich das bitte gesagt?<<

>>Bei dem Konzert vor einigen Wochen. Als wir uns im Auto darüber gestritten haben, ob man dich schon als alt bezeichnen kann.<<

>>Ach ja<< Nils grinste. >>Eigentlich habe ich mir für heute vorgenommen, möglichst jung auszusehen, damit ich an der Schule nicht auffalle.<<

>>Von wegen nicht auffallen...<< Ich schaute mich demonstrativ um. Mit den schicken Klamotten, dem schicken Auto und der schicken Sonnenbrille erntete Nils von allen Seiten bewundernswerte und auch eifersüchtige Blicke.

>>Na ja, wenigstens sehe ich nicht wie ein uralter Rentner aus, so wie du doch immer so gerne behauptest. Und du musst zugeben, die Sonnenbrille steht mir. Sonnenbrillen stehen jedem.<<

>>Ausnahmen bestätigen die Regel.<<, neckte ich ihn.

>>Also mir gefällt die Sonnenbrille!<<, meinte Milena, >>Und die Lederjacke passt perfekt dazu.<<

>>Deine Freundin hat Geschmack!<<, sagte Nils und grinste mich an.

Milena strahlte ihn an, bemerkte dann jedoch meinen warnenden Blick, der so viel wie Lass die Finger von ihm, das ist meiner! bedeuten sollte, und räusperte sich. >>Gut, ich muss jetzt auch los zum Reiten...<< Sie umarmte mich zum Abschied und flüsterte mir währenddessen ins Ohr: >>Man merkt so deutlich, dass er auf dich steht. Viel Spaß noch!<<

Der KlavierlehrerWhere stories live. Discover now