6.Kapitel

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Als Nils am Donnerstag die Woche darauf wieder pünktlich zum Unterricht erschien, wartete ich schon mit sorgfältig gekämmten Haaren, meinen besten Klamotten und einem erwartungsvollem Lächeln vor der Tür. Sobald es klingelte, riss ich die Tür auf und streckte ihm meine Hand entgegen. Überrumpelt stolperte er einen Schritt zurück, fing sich jedoch rasch wieder und brach dann in ein schallendes Gelächter aus.

>>Hast du etwa schon auf mich gewartet?<<, fragte er und schüttelte meine Hand.

>>Äh... sozusagen...<< Wenigstens schaffte ich es, nicht rot zu werden.

>>Na dann<< Er lächelte sein charmantes Lächeln. >>Könntest du bitte einen Schritt zur Seite machen, damit ich hereinkommen kann?<<

>>Oh, äh ja, natürlich.<< Ich machte ihm Platz und genoss den Moment, als er sich an mir vorbei in den Flur zwängte. Seine dunkelblonden Locken rochen nach Männershampoo und ich widerstand dem seltsamen und irgendwie verstörenden Drang, eine seiner Locken zu berühren oder noch einen Schritt näher an ihn heran zu machen, um das Shampoo besser riechen zu können. Er ist zu alt für dich!, sagte ich mir wieder und wieder, Er ist viel zu alt für dich!

>>Oh, wie süß!<< Entzückt schaute Nils auf meine Füße, während er sich seine hellbraune Jacke auszog und sie an einen der freien Haken der Geraderobe hängte. Verwundert schaute ich ebenfalls auf meine Füße und entdeckte meine Katze Nala, die um meine Beine herumtigerte. Ich war so in den Anblick von Nils vertieft gewesen, dass ich sie gar nicht bemerkt hatte. Wir hockten uns beide hin und unsere Hände stießen gegeneinander, als wir sie sanft am Kopf streichelten. Ein wohliger Schauer, durchfuhr mich, als sein Finger für einen Moment über meinen fuhr und ich konnte mir einen blöden Kommentar nur knapp verkneifen. >>Ist das nicht die Katze von dem selbstgemalten Bildern?<<, fragte er und deutete auf die eingerahmten Zeichnungen im Flur. >>Wie heißt sie denn?<<

>>Ja, das ist sie.<<, nickte ich, >>Und sie heißt Nala.<<

>>Wo ist denn Simba?<< Nils grinste und musste dann auf einmal niesen.

>>Hast du eine Katzenhaarallergie?<<>>Nee, eigentlich nur eine gegen Pferdehaare. Ich glaube, ich werde einfach nur erkältet.<<

>>Oh, dann gute Besserung!<<, sagte ich und nahm Nala vorsichtig auf meinen Arm. Sie kuschelte sich an mich heran und drückte ihr kleines, warmes Köpfchen gegen meine Hand. Ich schaute zu Nils, der vollkommen verliebt auf Nala herabschaute. Langsam streckte er seine Hand aus und kraulte sie unterm Kinn, woraufhin sie wohlig zu schnurren begann.

>>Sie mag dich!<<, stellte ich lächelnd fest.

>>Ist das nicht verständlich?<< Nils zwinkerte mir zu. >>Darf ich sie auch mal auf den Arm nehmen?<<

Vorsichtig reichte ich sie zu ihm herüber, er nahm sie mir aus den Armen und drückte sie an sich. Ihr Schnurren wurde sogar noch lauter.

>>Ah, hallo Nils<< Mama guckte aus der Küche heraus. >>Schön dich wieder zu sehen.<<

>>Freut mich ebenso.<<

>>Wie ich sehe, hast du mittlerweile schon mit unserer Katze Nala Bekanntschaft gemacht.<<

>>Ich würde am liebsten nie wieder Abschied von ihr nehmen!<< Nils wiegte Nala in seinen Armen hin und her, schnurrend und mit geschlossenen Augen schmiegte sie sich an ihn. Was hätte ich in diesem Moment doch dafür gegeben, an Nalas Stelle zu sein!

Kira, mach dir keine Hoffnungen!, sagte ich mir wieder einmal ohne Erfolg, Er ist zu alt! Du bist zu jung! Sei nicht albern! Mach dir keine Hoffnungen! Mach dir keine Hoffnungen... Ich konnte es mir noch so oft sagen, es half nichts. Das Kribbeln in meinem Bauch und das überwältigende Bedürfnis, ihm um den Hals zu fallen und ihn nie wieder loszulassen, verschwanden nicht.

Der KlavierlehrerWhere stories live. Discover now