9.Kapitel

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Am Samstagabend holte Nils mich vor der Haustür ab. Es war zwar kühl, doch wenigstens regnete es nicht. Dennoch überraschte es mich, als er mit einem alten, schwarzen Cabrio vorgefahren kam, dessen Verdeck offen war.

>>Guten Abend, Kira!<<, begrüßte er mich wie meistens gut gelaunt und umarmte mich.

>>Ist es nicht ein wenig kalt, um Cabrio zu fahren?<<, fragte ich skeptisch und schlang meine Arme wärmend um mich.

>>Quatsch!<<, sagte Nils und schüttelte den Kopf. >>Ich bin schon bei viel kälteren Temperaturen mit dem Cabrio gefahren.<<

>>Aber ich nicht...<<, murmelte ich so leise, dass Nils es wahrscheinlich gar nicht hören konnte.

>>Gut, bist du bereit?<< Nils musterte mich von oben bis unten und ein breites Lächeln huschte über sein Gesicht.

Mit meinem Outfit hatte ich mir extra Mühe gegeben: Ich hatte meine beste Bluse und den hübschesten Rock heraus gesucht und meine dunklen Haare zu einem hohen Dutt geknotet. Nils sah zwar nicht ganz so herausgeputzt aus, er trug nur eine ganz normale Jeans, ein weißes Hemd und darüber seine hellbraune Lieblingsjacke, doch das allein reichte schon, um ihn umwerfend aussehen zu lassen. Er sah schließlich immer umwerfend aus!

>>Klar bin ich bereit.<<, antwortete ich und strahlte ihn an. Gleich würde ich mit ihm ins Konzert gehen! Mit ihm! Mit Nils Körner! Die Vorfreude darauf machte mich fast verrückt, ich konnte gar nicht mehr aufhören zu lächeln und hätte am liebsten ein Freudentänzchen gemacht. Kira, reiß dich zusammen!, befahl ich mir streng, Du gehst nur mit ihm ins Konzert! Mach dir nicht zu große Hoffnungen! Bleib ganz ruhig...

Dennoch konnte ich nicht verhindern, dass ich vor Freude auf und ab hüpfte, als ich Nils zu seinem schwarzen Cabrio folgte.

>>Freust du dich schon?<<, fragte dieser, während er mir wie ein Gentleman die Autotür aufhielt.

>>Sieht man das?<<

>>Du strahlst mich an, als hätte ich... keine Ahnung, als hätte ich dir gerade deinen größten Wunsch erfüllt!<<

Er ging mit mir ins Konzert, das gehörte tatsächlich zu meinen größten Wünschen. Aber das konnte ich ihm nicht sagen. Erst, wenn ich mir sicher war, dass es auch sein größter Wunsch war. Erst, wenn ich mir sicher war, dass er ebenfalls mehr als Freundschaft für mich empfand.

>>Sei nicht albern. Mit Lehrern auszugehen... glaubst du ernsthaft, irgendjemand würde sich so etwas wünschen?<< Ich tat möglichst gleichgültig und machte es mir auf dem weichen Ledersitz in Nils Cabrio bequem.

>>Mit einem Lehrer wie mir auszugehen, wünscht sich bestimmt jeder!<<, verteidigte sich Nils, >>Außerdem geh ich nicht einmal mit dir aus, ich zeige dir nur, wie echte Profis Klavier spielen.<< Er schlug die Tür zu, ging ums Auto herum und setzte sich neben mich ans Steuer. Leise begann der Motor anzuspringen, das Cabrio setzte sich in Bewegung und wir fuhren in den Abend herein.

>>Wie läuft es in der Schule?<<, fragte Nils mich nach einigen Minuten des Schweigens, in denen wir nur dem leisen Dröhnen des Motors und dem Gezwitscher der Vögel gelauscht hatten.

>>Ganz gut<<, antwortete ich schulterzuckend, >>In der letzten Mathearbeit hab ich eine vier geschrieben... aber sonst ist eigentlich alles okay.<<

>>Bist du nicht gut in Mathe?<<

>>Vielleicht wäre ich besser, wenn ich mir mehr Zeit zum Üben nehmen würde.<< Ich warf ihm einen interessierten Seitenblick zu. Wie gut er doch aussah, wenn man ihn von der Seite betrachtete. >>Warst du früher gut in Mathe?<<

Der KlavierlehrerWhere stories live. Discover now