17.Kapitel

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Die Wochen vergingen und die Zeit rückte immer weiter auf das Datum zu, das mir nachts manchmal Albträume bescherte. Das Datum der Hochzeit von Nils und Mina. Obwohl ich schon längst aufgehört hatte, mir Hoffnungen zu machen, dachte ich mir weiterhin mit Milena die verrücktesten Pläne aus, um Nils in mich verliebt zu machen und die Hochzeit so zu verhindern. Ich gab mir mehr Mühe denn je, um ihn zu beeindrucken, brachte ihn mit dummen Witzen zum Lachen und berührte ihn hin und wieder einfach mal zufällig.

An meinem Geburtstag – den 27. September – forderte ich ihn dazu auf, zum Kuchenessen zu bleiben und den Unterricht danach abzusagen, was er auch tatsächlich tat und mit mir den Tag feierte. Es war ein wunderschöner Geburtstag, wenn nicht sogar der schönste meines Lebens, doch auch ein Nachmittag mit Nils veränderte nichts – er liebte weiterhin Mina und würde sie heiraten. Leider.

Aber ich gab nicht auf. So schnell gab ich ihn nicht auf! Die Woche darauf hatte ich mir eine neue Strategie ausgedacht und konnte nur weiterhoffen, dass wenigstens diese funktionierte. Kurz bevor es am Donnerstagnachmittag an der Tür klingelte, duschte ich ausgiebig im Bad und ging meinen Plan wieder und wieder im Kopf durch. Das war meine letzte Chance. Heute musste es einfach klappen!

Ding Dong, schallte die Türklingel durchs Haus.

>>Kira? Machst du die Tür auf?<<, rief Mama durchs Haus, >>Ich bin gerade beschäftigt...<<

>>Mach ich!<<, antwortete ich zurück und stellte das Wasser wieder ab. So schnell ich konnte, trocknete ich mich ab, schlüpfte in meinen flauschigen Bademantel und rannte die Treppe herunter.

>>Oh scheiße!<<, fluchte ich, als ich die Tür öffnete und Nils davor stand.

>>Was ist los?<< Verwundert blickte dieser mich an. >>Freust du dich etwa gar nicht, mich zu sehen?<<

>>Doch, aber... Ich habe dich total vergessen!<<, log ich.

>>Wie kann man mich bitte vergessen?<<, scherzte Nils und zwinkerte mir zu.

>>Keine Ahnung, ich dachte, heute wäre erst Mittwoch...<< Zerknirscht guckte ich an mir herunter. >>Ich habe gerade noch geduscht... kannst du noch kurz warten, bis ich fertig bin? Ich beeile mich auch...<< Lass dir deine Lüge nicht anmerken!, ermahnte ich mich und atmete tief durch. >>Tut mir echt leid!<<

>>Alles gut, ich warte!<< Nils gutmütiges Lächeln ließ mein Herz schneller schlagen. >>Ach, wir haben uns ja noch gar nicht begrüßt... Hallo erstmal!<< Er schloss mich in seine Arme, ich schloss die Augen und genoss diesen kurzen Moment, nur mit meinem flauschigen Bademantel bekleidet in seinen Armen zu liegen.

>>Na dann...<<, sagte ich, als er mich wieder losgelassen hatte. >>Ich geh mich dann mal schnell fertig machen... bin gleich wieder da...<<

>>Lass dir Zeit.<<

>>Danke!<< Ich schenkte Nils ein dankbares Lächeln und ging langsam die Treppe hoch. Lass es glaubwürdig erscheinen, sagte ich mir, kurz bevor ich in der Mitte der Treppe scheinbar ausversehen meinen Bademantel fallen ließ. Fluchend bückte ich mich rasch, um ihn wieder aufzuheben. Ich warf einen kurzen Blick über meine Schulter und musste mir ein Lächeln verkneifen, als ich Nils meinen nackten Körper mit großen Augen anstarren sah. Dann schüttelte er kurz und bestimmt den Kopf und wandte sich ab. Enttäuscht kuschelte ich mich wieder in meinen Bademantel und schlurfte zurück ins Bad. Nils war einfach zu vernünftig, um sich von einer nackten Frau den Kopf verdrehen zu lassen. Es war meine letzte Hoffnung gewesen, ich hatte gehofft, er würde meinen nackten Körper nicht mehr aus dem Kopf bekommen, wenn er ihn erst einmal gesehen hatte. Ich hatte gehofft, er würde sich dann in mich verlieben. Doch er war nicht so. Er war zu vernünftig, um als zukünftiger Ehemann eine andere Frau anzugaffen. Ich hätte es wissen sollen.

Also war auch dieser Plan umsonst gewesen. Die ganze Doppelstunde Mathe hatten Milena und ich heute Vormittag damit verbracht, uns diesen Plan auszudenken. Dass ich so tat, als hätte ich ihn vergessen, und deswegen noch geduscht hatte und nur einen Bademantel trug. Dass ich den Bademantel ausversehen fallen ließ und Nils somit meinen nackten Körper sehen konnte. Milena hatte behauptet, das würde jeden Mann den Kopf verdrehen. Aber Nils war nicht wie jeder Mann. Er war viel vernünftiger, treuer, humorvoller, gutaussehender, ehrlicher, liebevoller, intelligenter... Er war einfach etwas ganz besonderes!

Und ich war nur die kleine, dumme Schülerin, die auf ihn stand. Die zu blöd war, um ihn das Gleiche empfinden zu lassen. Ich hatte alles versucht, ich hatte ihn zum Lachen gebracht, ich hatte ihn beeindruckt, ich hatte mich ihm sogar nackt gezeigt. Aber es hatte nichts gebracht. Ich hatte versagt. Er liebte mich nicht. Und das tat verdammt weh!

Der KlavierlehrerΌπου ζουν οι ιστορίες. Ανακάλυψε τώρα